Naja, was hat man erwartet, wenn der Anführer der "Birther"-Bewegung (eine Bewegung, die beweisen wollte, dass Obama nicht in den USA geboren ist) Kandidat der Republikaner geworden ist? Jetzt werden eben die dümmlichsten Verschwörungstheorien Wahlkampfthema. Aber das wirklich "skandalöse" ist das Verhalten der Medien. Clinton muss absolut tadellos sein, während Trump sich alles erlauben darf. Clinton gilt als zu "intrasparent", während sich die Medien komplett damit abfinden, dass Trump nicht mal seine Steuererklärung veröffentlicht.
Ich erwähne Obama und die Birther-Bewegung deshalb, weil die Medien sich 2008 schon ähnlich verhalten haben. Damals war Obama laut Umfragen weit vorne, ca. genau so weit wie Clinton noch vor einigen Wochen. Doch dann fing es an, dass Obama sich für alles rechtfertigen musste, selbst solche lächerlichen Dinge wie die "Birther"-Bewegung wurden von den großen Medien intensiv berichtet, während auf der anderen Seite McCain's Vize Sarah Palin extrem gehypet wurde. So haben sie es dann erreicht, dass McCain eine Zeit lang gleichziehen konnte und in einigen Umfragen sogar vor Obama lag.
Der Grund dafür ist auch sehr leicht zu verstehen, denn der Wahlkampf ist die Haupteinnahmequelle der großen Nachrichtensender und sonstigen Medien. Deshalb gelten zwei Maxime: 1. Der Wahlkampf muss so lange wie möglich gehen 2. Der Wahlkampf muss so eng wie möglich bleiben. Das führt dann dazu, dass dieser Wahlkampf, wenn dann Anfang November gewählt werden wird, über ein ganzes Jahr lang gegangen ist. Das muss man sich mal vorstellen. Dazu ist es ein Wahlkampf, wo die Medien ständig versuchen das Rennen extrem eng zu halten. Hätte Trump nach den conventions mit fast 10% geführt, und nicht Clinton, dann würden wir jetzt das genaue Gegenteil sehen, nämlich Medien die extremen Druck auf Trump ausüben und Clinton mit Samthandschuhen anfassen. Und zwar so lange, bis die Kandidaten wieder dicht beieinander liegen. Eigentlich hat man das ja auch gesehen, es gab ja durchaus eine kurze Zeit nach dem republikanischen Parteitag, wo Trump leicht vorne lag. Seltsamerweise haben sich die Medien dann sofort auf Trump eingeschossen und jede kleinste Bewegung war sofort der größte Skandal.
Jetzt kann man ja sagen schön und gut, die Medien wollen halt Geld machen, wo ist das Problem? Das Problem ist, dass die Medien auch eine wichtige Aufgabe in der Demokratie haben, und diese ist der Öffentlichkeit ein insgesamt ausgewogenes Informationsbild zu geben, und Politiker und andere Entscheidungsträger der Gesellschaft zu kritisieren und kontrollieren. Diese Aufgabe, die zum Anstand eines jeden Journalisten gehört, ist in den USA inzwischen fast vollkommen verschwunden, es zählt dort nur noch eine möglichst spektakuläre Show abzuziehen. Zusammen mit anderen Entwicklungen, wie dem Patriot Act und der immer noch sehr lebendigen "neocon"-Bewegung, dem Einfluss der Evangelikalen in der Politik, der Verhunzung der politischen Kultur im Kongress durch die republikanische Partei, einer neuen Welle von Rassismus, etc. ist insgesamt die amerikanische Demokratie in wirklich keinem guten Zustand. Selbst wenn Clinton im November gewinnt werden diese Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte nicht einfach verschwinden. Die USA entwickeln sich immer weiter von einer Demokratie hinweg, und es ist im Interesse der Weltöffentlichkeit, dass dieser Trend nicht Bestehen bleibt.