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Vojvodina neuer Brennpunkt auf dem Balkan?

wäre sehr nice

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:babsi:
 
Mir hat auch mal ein Ungar aus der Vojvodina gesagt das Bosanci am schlimmsten gegenüber ihnen wären. Natürlich wollte ich gleich wissen wieso wir was gegen Ungarn in der Vojvodina haben sollen. Da hat er mir erklärt das es dort viele Serben aus Bosnien gibt und diese werden Bosanci genannt. Das haben mir auch andere Serben so bestätigt

Es ist nicht einfach auf dieser Welt Flüchtling zu sein. Aber es ist auch für jeden Staat eine große Herausforderung mit Flüchtlingsströmen fertig zu werden. In die Vojvodina kamen besonders Viele und das sensible Gefüge dort zwischen den Ethnien kam dadurch schon auch etwas in eine Schieflage - zumal es damals in den 90ern alles andere als wirtschaftlich florierend war (Sanktionen!). Und teilweise erwiesen sich die "Bosanci" als ein spezielles Problem, da sie angeblich darauf bestanden hatten, mehr Rechte als die dort ewig ansässigen Ungarn (oder sonstige andere Minderheiten) zu haben. Das ist nicht so gut angekommen - auch bei den meisten Serben nicht. Auch gab es dort eine radikal-nationalistische Partei, deren Programm nichts anderes anzubieten hatte, als den Hass gegenüber Minderheiten zu schüren (wie immer halt: die Radikalen sind überall genau gleich). Sie konnten damit aber leider gerade bei den Flüchtlingen gut punkten. Der Spuk scheint vorüber zu sein. Hoffentlich. Die Vojvodina ist nämlich extrem multiethnisch, und das funktioniert eben nur dann, wenn man den Minderheiten nach internationalen Standards Rechte gewährt und diese auch faktisch gelebt werden können. Alles andere bleibt nicht ohne Folgen. Und wie wir hoffentlich alle inzwischen wissen, können diese ziemlich verheerend sein. Außerdem steht die Vojvodina auch wirtschaftlich viel besser da als der gesamte Rest, dh die Menschen dort könnten dort (für Balkanverhältnisse) relativ "normal" leben.

Ist es nicht lächerlich, sich an der Sprache einer anderen Ethnie zu stoßen, zumal man zB aus Elias Cannetis Büchern weiß, wie anregend das gerade für Kinder sein kann. Er kam aus Rucak (Bulgarien), wo man an einem Tag an die 8 Sprachen hören konnte. Dort lebten neben Bulgaren Türken, Albaner, Griechen, Rumänen, Romas, Armenier und teilweise auch Russen. Durch zwei Weltkriege ist das im Wesentlichen zerstört worden. Mein Lieblingsschriftsteller aus Ex-Ju ist Aleksander Tisma, er kommt aus der Vojvodina hat einen ungarischen Hintergrund, wie man unschwer an seinem Nachnamen erkennen kann und er war Jude. Seine Bücher sind teilweise extrem schwere Kost, weil er verständlicherweise das Bedürfnis hatte, gerade den WKII zu "verarbeiten". Er schrieb vor diesem Hintergrund eine Pentalogie, die aber auch weit in die Nachkriegszeit reichte. Seine Geschichten über das Leben in der Vojvodina in der Nachkriegszeit sind weise, traurig und manchmal auch humorvoll. Letzteres gerade da, wo es um die Konflikte zwischen den verschiedenen Ethnien ging. Es ist dennoch ein "liebevoller" Blick, mit welchem es ihm gelingt, sowohl über das Zusammenleben, welches natürlich auch immer wieder von Konflikten geprägt war, als auch gleichzeitig von Menschen, die von Kindheit an das Leben mit einem anderssprachigen Du (welches zusätzlich auch einen anderen Glauben haben konnte) eingeübt hatten, zu schreiben.

Die Pointe an Multiethnisch ist eben gerade nicht, dass es unweigerlich zu Reibungen, Konflikten, Apathien oder gar Hass kommen kann, sondern der jeweilige (politische) Umgang damit. Und wenn auch die Völkermischung weitestgehend am Balkan durch WK I und WK II und zuletzt auch in den Balkankriegen zerstört worden ist, so wird man auch weiterhin nicht daran vorbeikommen, sich mit all den damit verbundenen wichtigen Fragen und Problemen in Form von "Wie geht man miteinander um?" auseinanderzusetzen. Es sind, sofern man die neu entstandenen Minderheiten nicht vertrieben hat, eben neue Minderheiten da, und auch an der Nachbarschaft hat das rein gar nichts verändert. Lediglich in Serbien hat sich nicht so bedeutend viel verändert. Aufgrund eines nicht stattgefunden Krieges in Serbien (mit Ausnahme des Kosovo, welches aber weder die Vojvodina- und schon gar nicht die Zentralserben vermissen) ist immer noch das typisch balkanesische Völkergemisch erhalten geblieben. Die Vojvodina ist auch ein geradezu leuchtendes Beispiel dafür, wie man auch von außen auf die Bevölkerung deeskalierend einwirken konnte. Disse hat es bereits geschrieben: Die Ungarn haben sich für die begangenen Verbrechen im WKII entschuldigt. Es ist eben nicht zu unterschätzen, wie wichtig es sein kann, das "Leid der anderen" anzuerkennen, denn genau damit hat man den serbischen Radikalen in der Vojvodina ihre wichtigste Hass-Grundlage weggenommen: die Angst. Tiefenpsychologisch ist nämlich der Hass nichts anderes als die Umkehr der Angst.


Sorry, hab einen Aufsatz verfasst...

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Lebst du in Vojvodina oder bist du einfach nur ein Ausländer, der sich Unruhe in einem fremden Land erhofft?


Ja, du hast völlig recht. Lebt wahrsch im kuscheligen Deutschland. Überhaupt gehen mir die Diaspora-Leute zusehends sonst wohin, die dauernd hier auf die Kriegstrommel schlagen.... Was soll das eigentlich?!
 
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