Verzicht auf erlaubte Notwehr: Wenn du geschlagen wirst, dann schlage nicht zurück.
Das hat also streng genommen auch nichts mit Gewaltverzicht zu tun. Denn bei der Debatte um den Gewaltverzicht geht es ja um die aktive Gewaltausübung zur Durchsetzung politischer Ziele und nicht um den Verzicht auf Gegenwehr im Falle eines Angriffs.
Spitzfindige Bibelausleger berufen sich darauf, dass Jesus gesagt hat: Wenn dir einer auf die rechte Backe haut, dann halt ihm auch die andere hin. Ein Rechtshänder wird aber wird normalerweise mit der Handfläche auf die linke Backe hauen. Wenn er die rechte treffen will, muss er mit dem Handrücken schlagen. Dies wird gedeutet als ein Zeichen der Verachtung. Jesus fordert also, so die spitzfindige Deutung, Verzicht auf Gegenwehr nur in einem solchen Fall, wo man wirklich auf die rechte Backe geschlagen wird; in allen anderen sei die Notwehr erlaubt. Hat aber Jesus das so spitzfindig gemeint?
Natürlich wird Jesus es auch nicht als normal angesehen haben, wenn ein Christ in eine Schlägerei verwickelt wird. Was hätte er sonst für Gründe, geschlagen zu werden? Etwa als Sklave, der berechtigt oder unberechtigt von einem tyrannischen Herrn geprügelt wird. Oder als rechtloser Angehöriger eines unterdrückten Volkes, mit dem die Besatzungsmacht machen kann, was sie will. Oder aber weil er seinen Glauben vor jüdischen und heidnischen Behörden nicht verraten will: Also keine Alltagssituation in einer rauflustigen Gesellschaft, sondern das Los von Unterdrückten und Märtyrern. Ihnen verlangt Jesus den Verzicht auf Gegenwehr und wehrloses Leiden ab.