[h=2]Flughafenprivatisierung: Griechen streiten über chinesische Investoren[/h] Von Georgios Christidis, Thessaloniki
Der Athener Flughafen ist enorm wichtig für Wirtschaft und Tourismus in Griechenland. Jetzt soll der Airport womöglich an chinesische Investoren verkauft werden. Nicht jeder traut den Interessenten über den Weg.
Corbis
Perle der heimischen Infrastruktur: Der Athener Flughafen Eleftherios Venizelos
Als Athens internationaler Flughafen Eleftherios Venizelos im März 2001 eröffnet wurde, stand er für Griechenlands Anbindung an den Westen im neuen Jahrtausend. Doch nur 13 Jahre später könnte die Zukunft des Airports im Osten liegen. In ihrer verzweifelten Suche nach Privatisierungserlösen will die griechische Regierung ihren 55-prozentigen Anteil am Flughafenbetreiber AIA teilweise oder komplett verkaufen. Der Deal soll 2014 abgeschlossen werden.
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Bis vor kurzem wurde der Flughafen in einer
Public-private-Partnership zwischen der griechischen Regierung und dem deutschen Baukonzern Hochtief
betrieben, der den Athener Flughafen geplant und gebaut hat. Ursprünglich wollte Griechenland Hochtief an Bord halten. Doch der Konzern verkaufte mittlerweile seine gesamte Flughafensparte an den kanadischen Pensionsfonds PSP. Der muss nun allen Änderungen bei AIA zustimmen und könnte auch selbst ein Angebot für die Regierungsanteile machen. Doch die Kanadier müssten sich gegen potente Mitbewerber durchsetzen: Griechische Regierungsvertreter begrüßen zwar die Beteiligung von PSP, sprechen aber auch offen über die Vorteile eines chinesischen Mehrheitseigners. Den allgegenwärtigen Chinesen gehört mit Piräus bereits der größte Hafen von Griechenland, auch an der defizitären griechischen Eisenbahn sollen sie interessiert sein.
Vor einigen Monaten traf sich Finanzminister Yannis Stournaras mit einer chinesischen Delegation, zu der die Betreiber des Flughafens im südchinesischen Shenzhen sowie die Investmentfirma Friedmann Pacific aus Hongkong gehörte. Die Chinesen sagten Stournaras, dass sie neben dem Athener Airport möglicherweise auch an 37 griechischen Regionalflughäfen interessiert seien, die ebenfalls privatisiert werden sollen.
Wären die Chinesen erfolgreich, so würden sie die Perle der griechischen Infrastruktur erwerben. Laut einer Studie der Athener Wirtschaftsuniversität steht der Hauptstadtflughafen für eine Wertschöpfung von mehr als fünf Milliarden Euro, das sind rund 2,7 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts.
Ein Flughafen ist kein Hafen
Offiziell ist das chinesische Kapital höchst willkommen. Nur wenige Regierungsvertreter geben offen zu, dass ihnen der wachsende Einfluss in Griechenland Sorgen bereitet. Im Gegenteil: Politiker wie der griechische Staatspräsident
Karolos Papoulias loben, in Piräus hätten die Chinesen Wunder bewirkt, indem sie den Betrieb des Hafens günstiger und effizienter machten.
Doch es gibt auch Kritiker. Sie verweisen darauf, dass Piräus von der chinesischen Reederei Cosco
betrieben wird. Vergleichbare Erfahrung mit dem Betrieb von Flughäfen hätten die Chinesen nicht. Dabei sei der reibungslose Betrieb des Flughafens deutlich wichtiger als einmalige Privatisierungserlöse - schließlich mache der Tourismus ein Viertel der griechischen Wirtschaftsleistung aus.
Selbst ausgesprochene Privatisierungsbefürworter äußern Zweifel. Der liberale Ex-Finanzminister Stefanos Manos sagt, für Griechenland sei "die oberste Priorität, die Top-Qualität seines größten Flughafens zu erhalten". Deshalb dürfe es keine überstürzten Entscheidungen geben, gerade wenn nun für das Monopolgeschäft eine schnelle Finanzspritze geboten werde.
Die Tourismusbranche beklagt immer wieder, Venizelos vergraule mit hohen Gebühren die Fluglinien, die stattdessen beispielsweise Istanbul ansteuerten. Ryanair
erklärte dem Flughafen vergangenen Sommer sogar offen den Krieg. Der Airport sei zu teuer, um von dem Billigflieger angesteuert zu werden, somit entgingen der Hauptstadt vier Millionen Reisende.
Einbruch der Passagierzahlen
Der britische "Economist" warnte gar, angesichts rapide sinkender Passagierzahlen könnte der Flughafen zum Millionengrab werden. Tatsächlich reduzierte sich die Zahl der Passagiere zwischen 2007 und 2012 von gut 16 auf knapp 13 Millionen. Selbst 2013, ein Rekordjahr für den griechischen Tourismus, brachte nur einen Anstieg um drei Prozent.
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Doch AIA weist die Kritik zurück. Die Preise seien nicht überhöht, sagt die Kommunikations- und Marketingchefin Ioanna Papadopoulou. Wer sich über die sinkenden Besucherzahlen wundere, solle die Imageprobleme von Athen und die tiefe Rezession des Landes berücksichtigen. In jedem Fall gebe es "keine Verbindung zwischen Flughafengebühren und der Attraktivität eines Reiseziels, schließlich machen die Gebühren nur vier bis sieben Prozent der Betriebskosten von Fluglinien aus". Trotz der rückgängigen Geschäfte ist AIA bislang eine Gewinnmaschine, die dem griechischen Staat mehr als eine Milliarde an Dividenden beschert hat. Im vergangenen Jahr machte der Betreiber einen Vorsteuergewinnn von knapp 98 Millionen Euro.
Gerade diese Einnahmen könnten die Privatisierung aber noch vereiteln, falls es zu einem Regierungswechsel kommt - was nicht unwahrscheinlich ist. Dimitris Papadimoulis, parlamentarischer Sprecher des Linksbündnisses Syriza, sagte SPIEGEL ONLINE, seine Partei würde den Flughafen im Fall eines Wahlsiegs unter staatlicher Kontrolle halten. "Man verkauft einfach nicht das bisschen verbleibende Tafelsilber - weder an die Chinesen noch an sonst jemanden."