Griechische Syriza fordert Schuldenschnitt für Griechenland - Darum sollten gerade die Deutschen zustimmen Autor:
Redaktion w
07.01.2015, 11:19 | 1289 Aufrufe |
5 |
„Eine Hand wäscht die andere“, „wie du mir, so ich dir“ – immer wieder legen uns Redewendungen im Alltag das Prinzip der Gegenseitigkeit ans Herz. Wieso sollte das nicht auch in der Politik funktionieren, dachten sich die Politiker des griechischen Linksbündnisses Syriza und fordern die Deutschen auf, sich für einen Schuldenschnitt einzusetzen.
„Es ist Zeit, dass die Deutschen sich revanchieren“, zitiert „
Spiegel Online“ John Milios, Wirtschaftsprofessor und Mitverfasser des Wirtschaftsprogramms von Syriza. Hintergrund ist das Londoner Abkommen aus dem Jahr 1953, infolge dessen Deutschland die Hälfte seiner Auslandsschulden erlassen wurde. Eins der Länder, die diesem Schuldenschnitt damals zustimmte, war Griechenland. Das vom Krieg zerrüttete Deutschland habe enorm von dem großzügigen Schuldenschnitt profitiert, der auf der Londoner Schuldenkonferenz 1953 vereinbart wurde, so Milios und spielt auf das deutsche Wirtschaftswunder der 60er Jahre an. Es sei nun an der Zeit, dass sich die Deutschen an ihre eigene Nachkriegszeit erinnerten und Griechenland genauso die Hand reichten wie die Griechen damals den Deutschen aus der Krise geholfen haben.
Syriza: Schuldenschnitt alternativlos
Gegenüber „Spiegel Online“ verkündete Milios: „Syriza ist der Meinung, dass die Eurozone für Griechenland eine ähnliche Lösung finden sollte.“ Um seine
Schulden zurückzuzahlen, müsse das Land enorme Haushaltsüberschüsse erwirtschaften. Doch was Griechenland wirklich brauche, sei Wachstum. Milios ist sich sicher, dass die Deutschen diese Lösung unterstützen, „gerade wegen ihrer eigenen Geschichte.“
Aber lässt sich die Geschichte tatsächlich so einfach wiederholen? Für Syriza steht jedenfalls fest: Eine Alternative zum Schuldenschnitt gibt es nicht. Man sei zwar verhandlungsbereit, aber es gebe keine Alternative zu irgendeiner Form von Schuldenschnitt, so Milios.
Vorschlag: Schulden ins Nullzins-Anleihen umwandeln
Die von Syriza favorisierte Lösung sieht indes so aus: Übersteigen die Schulden 50 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, so solle die EZB den Eurostaaten diese Schulden abnehmen und sie in nicht verzinste
Anleihen umwandeln. Diese Nullzins-Anleihen sollen mit einer langen Laufzeit ausgestattet werden, sodass die Anleihen infolge der Inflation pro Jahr an Wert verliert. Das soll so lange geschehen, bis sich Wert auf 20 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung reduziert hat. Danach kaufen die Staaten die Anleihen zum
Nominalwert wieder zurück.
„Spiegel Online“ verweist in diesem Zusammenhang allerdings auf einen Haken: Demnach gehen die Autoren davon aus, dass es ungefähr 58 Jahre dauern würde, bis Griechenland der EZB die Anleihen wieder abkaufen könnte. Vorausgesetzt, die griechische Wirtschaft wächst pro Jahr um 4,2 Prozent. Tut sie es nicht, dauert es noch länger.
Sinn unterstützt Schuldenschnitt-Forderung
Unterstützung erhält Syriza ausgerechnet von ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Gegenüber der Online-Ausgabe des „
Handelsblatt“ adelte er Linken-Chef Tsipras als einen der wenigen griechischen Politiker, „die die Natur des Problems verstanden haben und deshalb bereit sind, Wagnisse einzugehen.“ Bereits am Sonntag sagte er gegenüber der „Welt am Sonntag“: „Die Forderung nach einem großen Schuldenschnitt, gegebenenfalls auch unter Inkaufnahme des Austritts, ist folgerichtig.“ (
wallstreetnline berichtete)
Sinn selbst sieht in einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone die einzige Möglichkeit, wie das Land eine neue Staatspleite noch abwenden könne. So wie bisher kann es seiner Meinung nach jedenfalls nicht weitergehen: „Die griechische Wirtschaftssituation ist unerträglich für die Bevölkerung, und die fortwährenden Neukredite sind unerträglich für die Staatengemeinschaft“, so Sinn gegenüber dem „Handelsblatt“.
Wie „
Spiegel Online“ berichtet, unterstützt Sinn indirekt auch den Vorschlag Syrizas nach einer internationalen Schuldenkonferenz. Es gebe historische Vorbilder, bei denen das funktioniert habe, so der Ökonom. Allerdings gibt Sinn zu bedenken, dass Deutschland damals inklusive des Marshall-Plans nur 20 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) bekommen habe, während Griechenland mit den expliziten und impliziten Schuldenschnitten des Jahres 2012 bereits 76 Prozent des BIP erlassen worden seien.