Wien – Als erster Staatsgast nach der Ibiza-Krise ist am Donnerstag  der slowenische Präsident Borut Pahor von Bundespräsident Alexander Van  der Bellen in Wien empfangen worden. Bei strahlendem Sonnenschein  schritten die beiden am Inneren Burghof die Ehrenformation des  Bundesheers ab. Er habe wegen der Regierungsturbulenzen keine  Verschiebung des Besuchs erwogen, betonte Pahor vor dem Treffen.
 Es handelt sich um den ersten offiziellen Besuch Pahors bei Van der  Bellen, den er als "aufrichtigen Freund" bezeichnete. Beide sind  Anhänger einer Idee der Vereinigten Staaten von Europa. Pahor hat sich  auch der Klimainitiative des früheren Grünen-Chefs angeschlossen.  "Alexander und ich haben einander hier gefunden", sagte der slowenische  Präsident im Vorfeld. Van der Bellen wollte ihm am Nachmittag ein  "Plus-Energie-Bürogebäude" an der Technischen Universität in  Wien-Mariahilf zeigen.
 [h=3]Initiativen[/h]Pahor kündigte eigene Initiativen zum Ausbau  alternativer Energieträger an, machte aber klar, dass er sich einen  Verzicht auf die Atomenergie nicht vorstellen kann. Das Atomkraftwerk  Krško decke nämlich ein Drittel des slowenischen Strombedarfs. Daher  "würde ich mir Sorgen machen", wenn sich die Slowenen bei einem  Referendum gegen die Atomkraft aussprächen. "Die Atomenergie hat in den  vergangenen Jahren sehr große Fortschritte gemacht und ist sicherer  geworden. Von daher scheint sie mir attraktiv zu sein." Pahor sprach  sich dabei sogar für den Bau eines zweiten Reaktorblocks in Krško aus:  Das wäre "für mich aus Sicht der Sicherheit attraktiver" als die  Laufzeitverlängerung des bestehenden Reaktorblocks, der planmäßig im  Jahr 2023 abgeschaltet werden muss.
 Van der Bellen und Pahor wollten nach einem Vieraugengespräch um  11.30 Uhr in der Hofburg vor die Presse treten. Um 13 Uhr wollte Pahor  auch Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein besuchen. Diese habe er erst vor  zwei Monaten – noch in ihrer Funktion als Präsidentin des  Verfassungsgerichtshofs – bei einem Besuch in Ljubljana kennenlernen  dürfen. "Wir hatten ein ausgezeichnetes Gespräch", streute Pahor der  neuen Regierungschefin Rosen.
 [h=3]"Überzeugter Demokrat"[/h]Pahor sagte, dass er als "überzeugter  Demokrat" für eine Regierung mit politischer Unterstützung im Parlament  sei. "Es gibt aber historische Umstände, in denen es  Übergangsregierungen braucht, und es ist nicht unwichtig, wie diese  Übergangsregierungen ihre Arbeit machen."
 Pahor zeigte sich zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit zwischen  Österreich und Slowenien auch unter der Übergangsregierung nicht ins  Stocken geraten werde. Verlorene Zeit dürften sich europäische Staaten  in der jetzigen Situation nicht leisten, so Pahor, der zwischen  Österreich und Slowenien "keine große offene politische Frage" sieht.  "Das sollte man mit Freude sagen", zumal die EU derzeit gerade "voll mit  solchen Problemen" sei. Als "winzige Probleme" nannte er die Frage der  Sozialleistungen für slowenische Grenzgänger, den Minderheitenschutz  sowie die österreichischen Grenzkontrollen. Diese seien aus slowenischer  Sicht ungerechtfertigt, doch verstehe er die Position Österreichs.
 [h=3]Treffen mit Kärntner Slowenen[/h]Pahor war bereits am  Mittwochnachmittag in Wien angekommen und hatte am Vorabend des Besuchs  Vertreter der Kärntner Slowenen getroffen. Am Donnerstagnachmittag  (14.20 Uhr) trifft er auch den zweiten Mann im Staat,  Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), im Ausweichquartier des  Parlaments. Pahor war während seiner drei Jahrzehnte langen politischen  Karriere selbst schon Parlamentspräsident (2000–2004) und Regierungschef  (2008–2011). Gestürzt wurde er übrigens durch ein Misstrauensvotum nach  dem Zerfall seiner Regierungskoalition. Seit 2012 Staatspräsident,  schaffte er Ende 2017 die Wiederwahl gegen den  Anti-Establishment-Politiker Marjan Šarec, der seit September  Regierungschef ist.
 Pahor war im Jänner 2017 der erste Staatspräsident, der den gewählten  Bundespräsidenten Van der Bellen besuchte – wenige Tage vor dessen  offiziellem Amtsantritt. Der Bundespräsident reiste im Mai 2017 nach  Slowenien, danach trafen die beiden zweimal anlässlich des  traditionellen Präsidententreffens von Österreich, Slowenien und  Kroatien zusammen. Die diesjährige Zusammenkunft, die Ende Mai im  kroatischen Šibenik stattfinden sollte, fiel aber der Ibiza-Krise zum  Opfer. (APA, 13.6.2019)
https://www.derstandard.de/story/2000104799959/sloweniens-praesident-als-erster-staatsgast-nach-ibiza-in-wien