Was den USA in den kommenden vier Jahren blühen könnte, zeigt Milei. Seit einem Jahr ist er im Amt. Seither hat er dem Land einen radikalen Sparkurs verordnet. Er kürzte die Staatsausgaben um ein Drittel. Dank der Halbierung der Ministerien und der Entlassung von 33.000 Staatsdienern – insbesondere Andersdenkenden – ist aus dem Haushaltsdefizit ein Überschuss geworden. Die Inflation ist von monatlich 13 auf drei Prozent gesunken. Der IWF applaudiert, und private Gläubiger sehen Argentinien plötzlich nicht mehr als hoffnungslosen Fall.
Deregulierung und Amnestien
Er gab die Mieten frei, deregulierte den Luftverkehr, lockerte Import- und Exportauflagen, schränkte das Streikrecht ein und schaffte Preiskontrollen ab. Staatsfirmen will Milei privatisieren, internationale Investoren lockt er mit Steuervorteilen. Das finden vor allem Rohstoffmultis interessant, die auf Argentiniens Lithium scharf sind. Argentiniens Superreiche bekommen Amnestien, wenn sie ihr Kapital aus dem Ausland zurückbringen. All das nährt sich aus dem Glauben, genügend Anreize für die private Wirtschaft brächten Wachstum und Wohlstand.
Doch dieses Programm hat einen bitteren Preis: Argentinien stürzte in eine Rezession. Die Mieten explodierten, viele Lebensmittel sind unerschwinglich, und Argentiniens Mittelschicht ist zusammengeschmolzen. Mittlerweile sind 53 Prozent arm – ein Zwanzigjahresrekord. Die Ausgaben für Bildung und Gesundheit hat Milei ebenfalls radikal zusammengestrichen – eine schwere Hypothek für die Zukunft des Landes. Sieben von zehn Kindern leben bereits jetzt in Armut. Milei versprach, Privilegien der reichen Elite abzubauen – bestraft hat er bislang die Mittelschicht und die Armen.
Bedenklicher Regierungsstil
Demokratisch bedenklich ist sein Regierungsstil: Protesten begegnet er mit Kriminalisierung, Kritiker überzieht er mit Hass und Verleumdung, Indigenenrechte missachtet er, und seine Fans haben angekündigt, bewaffnete Milizen zu bilden. Die Gesellschaft hat sich tiefer gespalten denn je, das macht Kompromisse immer schwieriger.
Wird der rechtspopulistische Argentinier Donald Trump inspirieren? Nach einem Jahr im Amt ist klar: Die Mittel- und Unterschicht zahlt die Zeche – und träumt doch weiter vom Aufstieg
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