[h=1]Alexander der Größte[/h] Wer hat den größten… Alexander? Die Mazedonier! Dreiundzwanzig Meter hoch. Und ein paar andere ganz Große. Innerhalb von nur drei Jahren hat die Regierung des kleinen Balkanstaates die Hauptstadt Skopje in ein
bizarres Geschichts-Disneyland verwandelt. Zwanzig neue Gebäude, an die hundert Statuen. Die Initiatoren sagen: Das Volk will das so. "Dieses Projekt spiegelt nur die Debatte in der Bevölkerung wieder", sagt Architekt Vangel Bozinovski. "Es ist keinesfalls die Idee der Regierung."
[h=2]Prunkbauten trotz knapper Kassen[/h]Warum nicht mal einen Triumphbogen errichten? Oder
historische Baustile nachbasteln? Zu wenig Platz? Egal. Hauptsache, die Kulisse stimmt. "Jeden Tag wird etwas Neues und noch Hässlicheres gebaut", klagt Architekt Dejan Jovanovski, der von dieser Entwicklung nicht ganz so begeistert ist. "Ich versuche, gar nicht mehr ins Stadtzentrum zu gehen. Ich als Architekt will einfach nicht glauben, dass ich jetzt in so einem alptraumhaften Umfeld lebe. Mitten in dieser so genannten 'Architektur'."
Ein Triumphbogen mit goldenen Pferden
Nicht alle in Skopje finden die Kitsch-Offensive super. Architekten und
Historiker haben bereits eine Demo organisiert. Sie wollen verhindern, dass auch noch die ganze Innenstadt mit Barockfassaden verkleidet wird. Und: Was das alles kostet!
Mazedonien ist eines der ärmsten Länder Europas. 30 Prozent Arbeitslosigkeit.
Immerhin boomt die Statuen-Industrie. Eine halbe Milliarde Euro hat die Regierung schon ausgegeben, schätzen Kritiker.
Für Löwen, Pferde, Alexanders Papa und irgendwelche reitende Nationalhelden. Mazedonien ist immerhin –
ganz offiziell –
die "Wiege der Zivilisation"
.(Achtung Ironie) Das bekommt jeder Besucher schon bei der Ankunft per SMS mitgeteilt – zusammen mit den Roaming-Gebühren.
[h=2]Bauen für die nationale Identität?[/h]
Begeistert vom Stadtumbau in Skopje: Vangel Bozinovski
Einer der Denker hinter dem Stadtumbau ist Vangel Bozinovski. Ein äußerst sympathischer Mann, der auf Facebook gerne Nationalflaggen und Einladungen zum Online-Poker postet. "Ein paar hundert Denkmäler, das ist für eine Stadt wie Skopje doch eigentlich sehr wenig", sagt er.
"Vor diesem Projekt dachten wir, dass wir ein internationales Volk sind, ohne eigene Identität. Jetzt sehen und verstehen die Mazedonier endlich, was für einen Schatz die Geschichte ihnen hinterlassen hat."
Edit: Nach dem bau semtlicher Statuen ging den Bewohnern von FYRO? ein Licht auf.
Die Stadt Skopje dementiert Berichte, sie
wolle sich bald in "Alexandria" umbenennen. Bösartige Unterstellungen seien das. Schade eigentlich. "Wenn wir diese ganze Architektur zur Psychoanalyse schicken würden, dann würde das alle Komplexe unseres Landes offenbaren", sagt Nikos Chausidis, Professor für Archäologie.
[h=2]Mutter Teresa - als Statue[/h]
Eine Reiterstatue in Skopje
Ach, Skopje.
Wenn es dich nicht gäbe, müsste man dich erfinden. Allein für solche Schlagzeilen: "Goldener Penis verhüllt: Prometheus-Statue bekommt eine Unterhose!" Oder:
"30 Meter hohe Statue von Mutter Teresa geplant!" Die Friedensnobelpreisträgerin kommt tatsächlich von hier. Und wer hätte sich mehr über ein gigantisches Monument gefreut, als die wohl bescheidenste Frau der Welt? Platz wäre noch genug in der Innenstadt.
Autor: Klaus Uhrig