Links, rechts, muslimisch vereint
Ein Brandanschlag auf einen Friedhof, Schmierereien an Unis, Auslöschungsfantasien auf Demos: Der Antisemitismus wächst auch in Österreich. Dass rechter, linker und muslimisch geprägter Antisemitismus dabei Hand in Hand gehen, wundert die Historikerin Isolde Vogel nicht. Im ORF-Interview skizziert sie die gemeinsamen Wurzeln und gibt Hinweise, was man dagegen tun könnte.
science.ORF.at: Die Gretchenfrage gleich zu Beginn: Wenn man heute in Österreich die durch das Hamas-Massaker ausgelöste Gaza-Offensive Israels kritisiert, ist das bereits antisemitisch?
Isolde Vogel: Nein, das ist nicht grundsätzlich antisemitisch. Es ist aber die Frage, mit welchen Vorannahmen man das tut. Oft geht es dann nicht um die eigentlichen militärischen Vorgänge, sondern es wird relativ plump alles über einen Kamm geschoren und sehr viel weggelassen. In der Debatte kursieren online gerade wahnsinnig viele Fake News, die Verbrechen leugnen oder relativieren, die von der Hamas selbst dokumentiert wurden. Und das ist antisemitisch.
Gibt es so etwas wie eine einfache Unterscheidung, bis wohin Kritik an Israel legitim ist und ab wann sie antisemitisch wird?
Vogel: Es gibt etwa den sehr eingängigen 3-D-Test für israelbezogenen Antisemitismus: Das erste D steht für „Delegitimierung“, also die Infragestellung des Existenzrechts Israels; das zweite D steht für „Doppelstandard“ – also, wenn Kriterien und Maßstäbe nur dann geltend gemacht werden, wenn sie sich auf Israel beziehen; und das dritte für eine „Dämonisierung“, die in Israel das absolut Böse sieht und Israelis, aber auch Jüdinnen und Juden auch außerhalb Israels entmenschlicht. Heute muss man noch ein viertes D ergänzen, das für „Derealisierung“ steht, also die massenhafte Verbreitung von Falschnachrichten über Israel.
Ein Brandanschlag auf einen Friedhof, Schmierereien an Unis, Auslöschungsfantasien auf Demos: Der Antisemitismus wächst auch in Österreich. Dass rechter, linker und muslimisch geprägter Antisemitismus dabei Hand in Hand gehen, wundert die Historikerin Isolde Vogel nicht. Im ORF-Interview...
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