[h=1]Potenziell bewohnbare Trabanten
Weltraumteleskop der Nasa spürt zwei Supererden auf[/h]Donnerstag, 18.04.2013, 21:00 · von FOCUS-Redakteur
Michael Odenwald
Die habitablen Zone mit denjenigen Kandidatenplaneten, deren Radien wir kennen
Die Nasa hat zwei Planeten gefunden, auf denen Wasser flüssig sein könnte. Damit wäre die Voraussetzung für die Lebensentstehung gegeben. Die Entdeckung ist eine weitere Stufe auf der Suche nach einer zweiten Erde.
Die Serie bedeutender astronomischer Entdeckungen, die das Kepler-Weltraumteleskops der US-Raumfahrtbehörde Nasa liefert, reißt nicht ab: Waren es vor wenigen Wochen gleich
vier erdähnliche Planeten, so fand ein internationales Astronomenteam mit seiner Hilfe nun zwei sogenannte Supererden, die in der Lebenszone ihres Sterns Kepler-62 kreisen. In diesem Bereich liegt Wasser an der Oberfläche von Himmelskörpern flüssig vor.
[h=2]Voraussetzung für die Entstehung von Leben erfüllt[/h]Supererden gleichen in ihrer Zusammensetzung und inneren Struktur den Gesteinsplaneten des Sonnensystems und weisen zwischen einer und zehn Erdmassen auf, bei einem Durchmesser von weniger als drei Erdradien. In diese Kategorie fallen die neu entdeckten Trabanten Kepler-62e und Kepler-62f recht genau. Ersterer weist 1,61 Erdradien auf, letzterer 1,41 Erdradien. Damit sind beide deutlich kleiner als der bisher kleinste Planet in einer bewohnbaren Zone, eine Welt mit der astronomischen Bezeichnung Kepler-22b, die den 2,4-fachen Erdradius besitzt. Diese Planeten seien „etwas ganz Besonderes, weil sie die bislang kleinsten sind, die wir in der habitablen Zone eines Sterns gefunden haben”, urteilt die Himmelsforscherin Lisa Kaltenegger vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Sie übernahm die Abschätzung der potenziellen Lebensfreundlichkeit der Planeten des Systems.
[h=2]Insgesamt kreisen um Kepler-62 fünf Planeten[/h]Drei davon – Kepler-62b, c und d – stehen sehr nah an ihrer Sonne, die ein wenig kleiner und kühler ist als unser Zentralgestirn. In unserem System würden sie noch innerhalb der Bahn des Merkur umlaufen, der 58 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt ist. Der Orbit von Kepler-62e hingegen läge zwischen Venus und Erde, der von Kepler-62f zwischen Erde und Mars.
Aus ihren Beobachtungen schließen die Forscher, dass es sich um Felsplaneten mit einer festen Oberfläche handelt. Mit den Daten gefütterte Computermodelle zeigen, dass sie das 1,2- bzw. 0,41-fache der Strahlung empfangen, die unsere Erde von der Sonne erhält. „Damit könnte das Wasser auf ihren Oberflächen theoretisch flüssig sein“, schreibt die von William Borucki, dem Chefwissenschaftler der Kepler-Mission, geleitete Gruppe in ihrer Entdeckungsstudie. Borucki forscht am Ames Research Center der Nasa im kalifornischen Moffett Field. Veröffentlicht wird die Studie im Wissenschaftsjournal „Science“.
[h=2]Wolkendecke benötigt[/h]Für diese Aussage sind indes zusätzliche Annahmen vonnöten. So müssten Kepler-62e und -62f, sofern sie tatsächlich Wasser enthalten, Atmosphären mit einer bestimmten Zusammensetzung besitzen. Sie sollten vor allem Stickstoff mit Anteilen von Wasser und Kohlenstoffdioxid enthalten, was ungefähr der Erdatmosphäre entspricht. Kepler-62f empfängt weniger Strahlungsenergie von seinem Stern als die Erde von der Sonne. Deshalb benötigt er mehr Treibhausgase wie CO2 als die Erde, um nicht in Eis zu erstarren. Anders Kepler-62e. „Dieser Trabant ist seinem Stern näher und benötigt eine hinreichend dichte Wolkendecke, mit der er Strahlungsanteile des Sterns reflektieren kann, damit flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche möglich ist”, erklärt die Heidelberger Astronomin Kaltenegger.
[h=1]Beweise stehen noch aus[/h]
In jedem Fall, so zeigen es die Modelle, müssten die Trabanten geologisch aktiv sein, also über Plattentektonik und Vulkanismus verfügen. Nur dann könnte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre über die Lebensdauer des Systems ungefähr gleich bleiben, weil das Gas in einen Kreislauf eingebunden ist, ähnlich dem geologischen Kohlenstoffzyklus auf der Erde. Hier verschwindet es durch Verwitterungsprozesse aus der Lufthülle und lagert sich in den Sedimenten am Meeresboden ab. Mit ihnen wird der Kohlenstoff beim Abtauchen von Kontinentalplatten in den Erdmantel verfrachtet. Vulkane befördern das CO2 anschließend in die Atmosphäre zurück. Bei dem für Kepler-62 vermuteten Alter von sieben Milliarden Jahren hätten die Trabanten nur durch diesen Mechanismus ein stabiles Klima und wären über die Äonen lebensfreundlich geblieben.
In diesem Fall, und bei gleicher chemischer Zusammensetzung wie die Erde, könnten Kepler-62e und Kepler-62f sogar Wasserwelten sein, deren Oberfläche von einem tiefen, globalen Ozean bedeckt ist.
[h=2]Dann würden landbewohnende Lebewesen, wie wir sie auf unserer Heimatwelt kennen, dort nicht existieren[/h]Die Simulationen lassen zudem die Möglichkeit offen, dass es sich bei den Trabanten um Miniaturversionen des Neptun handelt, der zum größten Teil aus Eis besteht. Ein Beispiel für eine solchen Himmelskörper ist der Exoplanet Planet Kepler-11f, eine Eiswelt mit 2,3 Erdmassen und dem 2,6fachen des Erdradius.
Ein endgültiger Beweis, dass im System Kepler-62 bewohnbare oder gar tatsächlich besiedelte Trabanten kreisen, ist mit heutigen Methoden nicht zu führen. Dies bleibt künftigen größeren Teleskopen oder Forschungssatelliten vorbehalten, die spektroskopische Analysen der Atmosphären von Exoplaneten ermöglichen. Damit erhielten die Astronomen eine Art „chemischen Fingerabdruck“ der beobachteten Trabanten. Lisa Kaltenegger und ihre Kollegen arbeiten daran. Anhand von Modellrechnungen wollen sie herausfinden, wie chemische Fingerabdrücke bestimmter ferner Welten aussehen könnten. Gelänge dies, wären sie dem großen Ziel einen Schritt näher gekommen: die chemische Signatur von Leben auf einem anderen Planeten zu entdecken. Bislang sind Kepler-62e und -62f die aussichtsreichsten Kandidaten dafür.
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