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jugo-jebe-dugo
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05.11.2004
Tauziehen um neuen Pentagon-Chef
Spekulationen über Kabinettsumbildung: Powell, Rice, Ridge und Rumsfeld könnten abgelöst werden
Rumsfeld bei der Bush-Sieges-Rede
Susi Schneider aus New York
Am Tag nach der Wahl hat George W. Bush getan, für was er schon seit drei Monaten keine Zeit mehr fand: eine Kabinettssitzung im Weißen Haus einberufen. Dabei wird seine Ministerrunde in dieser Form wohl nicht mehr fortbestehen. Bush wird einige seiner Mitstreiter austauschen. Der Gewinner dieser Personalrochaden heißt Dick Cheney oder aber Dick Cheney: In allen Szenarien weitet der Vizepräsident seinen Einfluss auf dem weiten Gebiet der nationalen Sicherheit durch die Platzierung seiner Gefolgsmänner oder mit ihm sympathisierender Regierungsmitglieder nur noch aus.
Politische Beobachter spekulierten bereits seit Monaten, wie sich das Kabinett Bush II zusammensetzen könnte, wobei allen klar schien, dass Außenminister Colin Powell gehen wird. Powell, der gegen die Invasion des Irak war, wird von vielen als Bauernopfer der Bush-Regierung bezeichnet – und seine vergangene Woche in Newsweek zitierten Äußerungen Freunden gegenüber, dass die Rebellen im Irak siegreich seien, wurden im Weißen Haus mit Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen.
Nach den Wahlen scheint Powells Abgang jedoch nicht mehr so sicher: Aus seinem Umkreis verlautet, er würde zumindest noch mehrere Monate in die neue Amtszeit von Bush hinein bleiben, um seine diplomatischen Bemühungen, insbesondere im Irak, weiter- zuverfolgen.
Glaube zählt
Sollte Powell abtreten, werden vor allem zwei Anwärter auf die Führung des State Departments genannt: John Danforth, der derzeitige UNO-Botschafter und ein ausgeprägt konservativer, früherer Senator aus Missouri; seine Ernennung würde die religiöse Rechte im Land beglücken. Condoleezza Rice, Bushs Nationale Sicherheitsberaterin, gilt als andere mögliche Wahl. Sie soll jedoch weit mehr Interesse am Posten des Verteidigungsministers gezeigt haben, der einen um vieles größeren und mittlerweile einflussreicheren Apparat vorsteht als der Außenminister. Die erste Berufung einer Frau an die Spitze des Pentagons würde Bush zudem von den Wählern als Plus angerechnet, meinen einige Republikaner.
Allerdings hat Donald Rumsfeld bisher keinerlei Amtsmüdigkeit an den Tag gelegt, im Gegenteil: Laut gut informierten Quellen im Pentagon will er während der nächsten vier Jahre eine Reihe seiner Vorhaben, darunter die Umstrukturierung der US- Truppen, zum Abschluss bringen.
Dass Rice ihren Posten abgeben will, gilt dennoch als sicher – auch ihre Rückkehr an die Universität Stanford ist nicht ausgeschlossen. Kandidaten für die Stelle des Nationalen Sicherheitsberaters gibt es genug: Rices Stellvertreter Stephen Hadley ist im Gespräch, aber auch Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz – eine treibende Kraft bei der Entscheidung für den Irakkrieg – und Lewis Libby, Cheneys Stabschef.
Viele von Bushs glühendsten Anhängern, den so genannten "evangelicals", wird der erwartete Rücktritt des stark religiösen Justizministers John Ashcroft enttäuschen. Der will wie Heimatschutzminister Tom Ridge seinen Posten angeblich aus persönlichen, möglicherweise gesundheitlichen Gründen aufgeben. Interesse für die Nachfolge soll der Rechtsberater des Weißen Hauses, Alberto González, angemeldet haben. Er wäre der erste Hispano- Amerikaner in diesem Amt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.11.2004)
Tauziehen um neuen Pentagon-Chef
Spekulationen über Kabinettsumbildung: Powell, Rice, Ridge und Rumsfeld könnten abgelöst werden
Rumsfeld bei der Bush-Sieges-Rede
Susi Schneider aus New York
Am Tag nach der Wahl hat George W. Bush getan, für was er schon seit drei Monaten keine Zeit mehr fand: eine Kabinettssitzung im Weißen Haus einberufen. Dabei wird seine Ministerrunde in dieser Form wohl nicht mehr fortbestehen. Bush wird einige seiner Mitstreiter austauschen. Der Gewinner dieser Personalrochaden heißt Dick Cheney oder aber Dick Cheney: In allen Szenarien weitet der Vizepräsident seinen Einfluss auf dem weiten Gebiet der nationalen Sicherheit durch die Platzierung seiner Gefolgsmänner oder mit ihm sympathisierender Regierungsmitglieder nur noch aus.
Politische Beobachter spekulierten bereits seit Monaten, wie sich das Kabinett Bush II zusammensetzen könnte, wobei allen klar schien, dass Außenminister Colin Powell gehen wird. Powell, der gegen die Invasion des Irak war, wird von vielen als Bauernopfer der Bush-Regierung bezeichnet – und seine vergangene Woche in Newsweek zitierten Äußerungen Freunden gegenüber, dass die Rebellen im Irak siegreich seien, wurden im Weißen Haus mit Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen.
Nach den Wahlen scheint Powells Abgang jedoch nicht mehr so sicher: Aus seinem Umkreis verlautet, er würde zumindest noch mehrere Monate in die neue Amtszeit von Bush hinein bleiben, um seine diplomatischen Bemühungen, insbesondere im Irak, weiter- zuverfolgen.
Glaube zählt
Sollte Powell abtreten, werden vor allem zwei Anwärter auf die Führung des State Departments genannt: John Danforth, der derzeitige UNO-Botschafter und ein ausgeprägt konservativer, früherer Senator aus Missouri; seine Ernennung würde die religiöse Rechte im Land beglücken. Condoleezza Rice, Bushs Nationale Sicherheitsberaterin, gilt als andere mögliche Wahl. Sie soll jedoch weit mehr Interesse am Posten des Verteidigungsministers gezeigt haben, der einen um vieles größeren und mittlerweile einflussreicheren Apparat vorsteht als der Außenminister. Die erste Berufung einer Frau an die Spitze des Pentagons würde Bush zudem von den Wählern als Plus angerechnet, meinen einige Republikaner.
Allerdings hat Donald Rumsfeld bisher keinerlei Amtsmüdigkeit an den Tag gelegt, im Gegenteil: Laut gut informierten Quellen im Pentagon will er während der nächsten vier Jahre eine Reihe seiner Vorhaben, darunter die Umstrukturierung der US- Truppen, zum Abschluss bringen.
Dass Rice ihren Posten abgeben will, gilt dennoch als sicher – auch ihre Rückkehr an die Universität Stanford ist nicht ausgeschlossen. Kandidaten für die Stelle des Nationalen Sicherheitsberaters gibt es genug: Rices Stellvertreter Stephen Hadley ist im Gespräch, aber auch Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz – eine treibende Kraft bei der Entscheidung für den Irakkrieg – und Lewis Libby, Cheneys Stabschef.
Viele von Bushs glühendsten Anhängern, den so genannten "evangelicals", wird der erwartete Rücktritt des stark religiösen Justizministers John Ashcroft enttäuschen. Der will wie Heimatschutzminister Tom Ridge seinen Posten angeblich aus persönlichen, möglicherweise gesundheitlichen Gründen aufgeben. Interesse für die Nachfolge soll der Rechtsberater des Weißen Hauses, Alberto González, angemeldet haben. Er wäre der erste Hispano- Amerikaner in diesem Amt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.11.2004)