Wo habe ich das gesagt? Ich spreche darüber, was tatsächlich Realität wurde. Dass die von Belgrad unterstütze "Republik Serbische Krajina" mit ethnischen Säuberungen gegen Kroaten begann und Zagreb dies
danach mit eigenen ethnischen Säuberungen beantwortete. Beides schlimm genug, aber selbstverständlich spielt es für die Gesamtbeurteilung eine Rolle, ob etwas eine ungerechtfertigte Aktion oder eine ungerechtfertigte Reaktion war. Genauso wie es eine noch gewichtigere Rolle spielt, dass z.B. in Bosnien-Herzegowina die serbische Seite bzgl. Kriegsverbrechen deutlich überrepräsentiert war. Den Bosniaken jetzt mit "Ach, alle waren ungefähr gleich schuld" zu kommen, wie es einige tun, ist ein zusätzlicher Affront, der die bosniakisch-serbischen Beziehungen kein bisschen verbessert, auch wenn man sich dabei noch so sehr als angeblicher Friedensheld aufspielt.
Ich fasse mal grob zusammenfassen, wie die Lage in EX-YU erheblich verbessert werden könnte:
- Serbien erkennt seine Hauptschuld an den jugoslawischen Kriegsverbrechen an.
- Die anderen kriegsteilnehmenden Nationen erkennen ihre Schuld an, dass ihre Seite Kriegsverbrechen an Serben (und anderen) begangen hat.
- Die Kern-Curricula im Fach Geschichte werden in allen Republiken und Teilrepubliken einander entsprechend angepasst. Die Schüler sollen lernen, dass der andere nicht der böse Teufel und man selbst nicht der reine Engel ist.
- Alle erkennen an, dass keine der kriegsteilnehmenden Nationen aus reiner Mordlust kämpfte.
- Keine der ehemaligen Kriegsteilnehmer-Parteien sollte auf die eben genannten Punkte bestehen, um politische Kompromisse zu finden. So sollte z.B. die Kosovo-Frage nur davon abhängen, ob beide Seiten mit den Folgen des Kompromisses zukünftig leben können. Aber die eben genannten Punkte sollten sie auch nie aufgegeben werden.
Alle reden immer davon, dass die EU doch ein so tolles Vorbild für den Westbalkan sein könne. Nur gab es einen entscheidenden Faktor, der die europäische Friedensordnung nach den Kriegen überhaupt möglich gemacht haben: Deutschland hat seine Haupt-, aber nicht Alleinschuld anerkannt und seine anfänglichen außenpolitischen Versuche im Sinne von "Alle waren irgendwo schuldig" nach 1945 schnell aufgegeben. Es hat aber auch im Falle Deutschlands noch bis in die späten 60er Jahre gedauert, bis diese Auffassung auch wirklich gesellschaftlich anerkannt war.
Nur das verspricht mehr als einen bloß kalten Frieden, wie wir ihn jetzt haben und der bei den geeigneten politischen Umständen zu neuen Konflikten führen wird.