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FPÖ (Un)Wahrheiten, Hetze und Märchen

Der "Volkskörper" hat im innenpolitischen Diskurs nach 1945 nichts verloren
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Im Unterricht geschlafen
Als es um die verstärkten Fluchtbewegungen 2015 ging, sagte Kickl tatsächlich, dass damals "eine Wunde in den österreichischen Volkskörper" geschlagen worden sei. In der NS-Rassentheorie war der "Volkskörper" die "deutsche Bevölkerung". Wer bei solchen Worten nicht zusammenzuckt, hat entweder im Geschichtsunterricht geschlafen oder sich an einen verrohten und von Rechtsextremen bewusst infiltrierten Diskurs gewöhnt.

Wer solche Begriffe aber selbst verwendet, hat in verantwortungsvollen Positionen in der Zweiten Republik nichts verloren. Das Ausdehnen des Sagbaren ist eine Strategie neurechter Gruppen wie der Identitären. Sie haben offenbar großen Einfluss auf die Politik der FPÖ. Der Rest der Republik darf sich deswegen nicht an NS-Vokabular wie den "Volkskörper" gewöhnen. (Colette M. Schmidt, 9.9.2025)

 
Die extreme Rechte ist bereits Mainstream
Auch die FPÖ ist mit 35 Prozent in den Umfragen "Volkspartei". Was nun zu tun ist

Dass man erfolgreichen Rechtspopulisten mit den Mitteln des zivilisierten demokratischen Diskurses nicht beikommt, zeigte wieder einmal das ORF-Sommergespräch mit FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Der Interviewer muss sich an die Regeln des objektiven Journalismus halten, der extreme Rechtspopulist an gar keine. Man hätte Kickl beim Thema, warum er nicht Kanzler wurde, fragen können, ob es vielleicht a) daran gelegen hat, dass er der ÖVP einen De-facto-Austritt aus der EU abverlangte; und b) daran, dass er selbst aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage wäre, zwölf Stunden am Tag echt mit Menschen zu reden – was ein Kanzler tun muss. Aber auch darauf hätte er mit einem rhetorischen Trick geantwortet.

So oder so ist die Lage längst eine völlig andere. Die FPÖ hat nach dem Wahlsieg in den Umfragen noch zugelegt – derzeit auf 35 Prozent. Rechtspopulisten/Rechtsextremisten – nennen wir sie die extreme Rechte – sind in Österreich und der westlichen Welt nicht nur deshalb auf dem Vormarsch, weil die Menschen sie aus Protest wählen. Inzwischen ist der Extremismus bei einer sehr starken Minderheit bereits Mainstream. Sehr viele Wähler finden das völlig in Ordnung, was ihnen die FPÖ hierzulande, die AfD in Deutschland, Marine Le Pen in Frankreich, Nigel Farage in Großbritannien und Donald Trump in den USA bieten. Die Rechtspopulisten sind auch keine Parteien zorniger Männer aus der niedrigen Bildungsschicht mehr, sondern Volksparteien.

Wirtschaft und Wohlstand
Die konservativen Parteien sind damit kläglich gescheitert, mit "härterer Migrationspolitik" der extremen Rechten das Wasser abzugraben. Die AfD sei längst nicht mehr nur eine Antimigrationspartei, sondern bediene "viel breitere Narrative", sagt der deutsche Politikwissenschafter Wolfgang Schroeder in der SZ: die Themen Wirtschaft und Wohlstand etwa. Gilt auch für Österreich.

 
Meinungsfreiheit ist kein Freibrief für Beleidigungen.
Doch genau daraus macht Herbert Kickl ein Geschäftsmodell.
Immer wieder jammert er öffentlich: „Man darf ja nichts mehr sagen.“
Das ist sein Standardsatz, ob im Parlament oder auf Wahlkampfbühnen.
Die Realität sieht anders aus:
Er sagt es, laut und deutlich, im Parlament und im Fernsehen, immer ungeschnitten, immer öffentlich und niemand hat ihn je daran gehindert.
Im Februar 2023 bezeichnete er Bundespräsident Alexander Van der Bellen als „Mumie in der Hofburg“ . Im September 2024 im Wahlkampf gegen die SPÖ nannte er Andreas Babler eine „linke Zecke“ .
Das sind belegte Zitate, schwarz auf weiß.
Öffentlich, bewusst und provozierend.
Genau hier liegt der Widerspruch: Wer behauptet, nichts mehr sagen zu dürfen, und gleichzeitig den Bundespräsidenten und den Vorsitzenden einer anderen Partei auf diese Weise beschimpft, entlarvt sich als jemand, der Meinungsfreiheit mit Freibrief für Beleidigung verwechselt.
Wollen wir eine Demokratie, in der Hetze und persönliche Verächtlichmachung als Meinungsfreiheit verkauft werden, während die, die austeilen, gleichzeitig die Opferrolle beanspruchen?
Der Kampfprediger Kickl beweist mit jedem Auftritt, dass ihm niemand das Wort nimmt.
Er predigt,
er beleidigt,
er überschreitet Grenzen und am Ende stilisiert er sich zum Opfer!

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Dichtung und Wahrheit
ANALYSE. In nicht einmal einer Stunde hat FPÖ-Chef Herbert Kickl im ORF-Sommergespräch schon sehr viel Irreführendes präsentiert und auch Fake News geliefert.

Es war fast schon lustig, wie FPÖ-Chef Herbert Kickl gleich zu Beginn des ORF-Sommergesprächs so getan hat, als lebe Klaus Webhofer, der die Fragen stellte, in einer Welt von gestern. Dass dieser das Gefühl hatte, dass sich Kickl in den vergangenen Wochen eher rar gemacht hat, soll demnach nur damit zu tun haben, dass er auf seinen Kanälen präsent war – und nicht in klassichen Medien, die er nicht mehr braucht. Ätsch, bätsch!

Was für ein Bluff: Kickl mag allein auf Facebook über 300.000 Follower haben. Das sind viele. Vor allem ist es seine Zielgruppe, die ihm auch gerne auf den Leim geht. Aber um eine größere Masse zu erreichen, braucht auch er zum Beispiel ein ORF-Sommergespräch: Dort hat er schon unmittelbar 706.000 Zuseher, kann er, inklusive Berichterstattung auf diversen Nachrichtenkanälen, Millionen ansprechen. Das ist selbst für ihn unverzichtbar.

Aber der Mann ist halt ein Meister darin, allerhand so darzustellen, dass man es für wahr halten könnte. Zumal er zum Beispiel unwidersprochen behaupten kann, dass die blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen ausschließlich am Machthunger der ÖVP gescheitert seien; und so gar nicht an ihm.

Das glaubt er selbst nicht. Seine Parteikollegin, die Salzburger Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek, hat es damals in einem SN-Interview ziemlich selbstkritisch dargestellt. Sie hat gemeint, dass man intern reden müsse. Es brauche Kompromissfähigkeit, erklärte sie in seine Richtung, 100 Prozent Umsetzung gehe sich nicht aus. Und: „Man kann jetzt sagen, lieber regiere ich nicht, als Kompromisse zu schließen. Ich meine aber, Kompromisse sind nötig, weil es darum geht, dass das Land nicht in altbewährter Manier gegen die Wand fährt.“

Das war ein klarer Widerspruch zu dem, was er da im Sommergespräch erzählte. Wo er überhaupt sehr viel zuspitzte, um nicht zu sagen dichtete.

Die Arbeitslosigkeit explodiere, sagt er. Wahr ist: Die wirtschaftliche Lage ist katastrophal, die Arbeitslosigkeit explodiert jedoch nicht. Wie hier ausgeführt, ist sie niedriger als vor zehn Jahren, geschweige denn in der Coronakrise. Es ist ein Phänomen, das Kickl nicht wahrnehmen mag, weil er sich darauf spezialisiert hat, um Wähler zu werben, indem er Untergangsbilder zeichnet; das ist sein Geschäftsmodell.

Wie zum Beispiel auch im Zusammenhang mit Firmenpleiten. Sie würden ebenfalls explodieren, ließ er im Sommergespräch wissen. Wahr ist: Viele Unternehmen haben massiv zu kämpfen. Laut einer Nationalbankuntersuchung (vgl. Bericht dazu) werden im Zusammenhang mit Pleiten aber eher „Krisennarrative“ gepflegt: Gemessen an der Gesamtzahl der Unternehmen habe die Insolvenzrate 2019 0,9 Prozent und im vergangenen Jahr 1,1 Prozent betragen. Das sind gar nicht um so viel mehr. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es zwischendurch wegen massiver Hilfen deutlich weniger waren, wobei auch einige künstlich am Leben erhalten wurden, die jetzt sterben; dass es also allein schon daher jetzt mehr sein müssen.

Österreich schicke Milliarden in die Ukraine, so Kickl. Man soll nicht unterschätzen, was indirekt über die EU läuft. Bilateral waren es 2022 bis 2024 insgesamt 2,62 Milliarden Euro (vgl. Bericht dazu). Also weniger als eine Milliarde pro Jahr.

 
Ein FPÖ-Mann hatte auf Caroline Bredlinger geschossen. Jetzt fährt sie dennoch zur Leichtathletik-WM!
Der FPÖ-Funktionär schoss direkt auf die damals 13-jährige Caroline Bredlinger. Doch das Urteil war äußerst sehr milde. Der Richter? Ein hochrangiger Ex-FPÖ-Funktionär.

Angekündigt hatte der Täter seinen Schuss mit den Worten: „Jetzt brenn i an ane auf“. Dann schoss er auf die damals 13-jährige Caroline Bredlinger. Mit sechs Freund:innen war Bredlinger im November 2014 zu Fuß vom burgenländischen Müllendorf Richtung Großhöflein unterwegs, als der Schuss sie traf.

Sie sackte mit Schmerzen im Bereich des linken Oberschenkels zusammen, wie der ORF Burgenland damals berichtete. Jetzt fährt die Sportlerin zur Leichtathletik-WM. Doch was ihr als junges Mädchen passierte, ist ein Lehrstück für die politische Lage in Österreich.

Bredlinger ist damals bereits eine sehr gute Nachwuchs-Sportlerin, sie tritt für das Laufteam in der burgenländischen Hauptstadt Eisenstadt an. Und anfangs ist noch völlig unklar, was die Schussverletzung für ihre weitere Zukunft bedeutet, auch das Projektil bleibt vorerst in ihrem Körper.

Der hochrangige FPÖ-Funktionär hat direkt auf sie geschossen
Bald wird auch der Täter ausgeforscht – und der Mann ist im politischen Burgenland durchaus bekannt: Der 32-Jährige ist stellvertretender Bezirksparteiobmann der FPÖ im Bezirk Oberpullendorf. Auch bei der Nationalratswahl 2013 kandidierte er bereits für die extremen Rechten. Die absurde „Rechtfertigung“ des Täters beim Prozess im März 2015 laut ORF Burgenland: Er habe das Mädchen „erschrecken wollen“.

 
Die Nazi-Geschichte der FPÖ
Die alten Nazis sind tot. Doch ihre Enkel besetzen heute wesentliche Positionen in der FPÖ. Und wer die FPÖ verstehen will, muss sich mit der braunen Vergangenheit der Partei beschäftigen.

Am oberösterreichischen Küchentisch der Familie Haider kommt irgendwann im Frühjahr 1955 eine Gruppe von Personen zusammen. Sie sind äußerst einschlägig: Anwesend sind neben der strammen Nationalsozialistin Dorothea Haider auch ihr Mann Robert, er war ab 1938 „Gaujugendwalter“ der Nazis in Oberösterreich. Ein weiterer Teilnehmer der Runde: Friedrich Peter, noch wenige Jahre zuvor SS-Offizier in der berüchtigten 1. SS-Infanterie-Brigade.

Was die Nazi-Kader am Küchentisch besprechen? Nicht weniger als die Gründung der FPÖ. So zumindest wird es später Dorothea Haider in ihrer Autobiografie „Mein Sohn Jörg“ berichten – denn Dorothea Haider ist die Mutter des langjährigen FPÖ-Chefs Jörg Haider. Doch auch Friedrich Peter sticht als Teilnehmer ins Auge.

Peters SS-Brigade nennt der Zeithistoriker Oliver Rathkolb „eine reine Mordmaschinerie“ , die allein im Sommer 1941 insgesamt 17.000 Juden und Jüdinnen – Frauen, Männer, Kinder – ermordete und später noch 25.000 sowjetische Kriegsgefangene umbrachte. Immer im Hinterland, aufgestellt als reine Mordbrigade der Nazis. Kaum denkbar, dass Offizier Peter nicht beteiligt war. Schuldbewusstsein hat Peter später keines: „Ich bin nicht jenen Kreisen zuzuzählen, die angeblich erpresst und gezwungen wurden. Ich bekenne auch heute, dass ich freiwillig zur SS gegangen bin“, erklärt er 1956 gegenüber der extrem rechten Zeitschrift Wikingruf.

 
Kollner deckt auf: „Unter Kickl wäre Österreich mit Waffen geflutet
Österreich steht vor der größten Waffenrechtsreform seiner Geschichte. Während die Regierung auf Sicherheit setzt, entfacht der Kurs eine heftige politische Kontroverse.

Die Regierung hat die umfassendste Verschärfung des Waffenrechts seit Bestehen der Republik initiiert, mit dem erklärten Ziel, die Sicherheit der Bevölkerung zu erhöhen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig auch für Gewehre der Kategorie C eine Waffenbesitzkarte erforderlich sein wird – eine Regelung, die bislang nur für Kategorie-B-Waffen wie Pistolen galt. Gleichzeitig werden die Voraussetzungen für den Erwerb einer solchen Karte deutlich strenger gefasst: Das Mindestalter für Kategorie-B-Waffen wird auf 25 Jahre angehoben, für Kategorie-C-Waffen auf 21 Jahre.

Zudem werden psychologische Gutachten beim Erstantrag sowie nach fünf Jahren verpflichtend, ebenso wie regelmäßige Überprüfungen im Fünfjahresrhythmus. Die Gesetzesnovelle zielt außerdem darauf ab, den illegalen Waffenhandel zu erschweren und soll teilweise auch rückwirkend in Kraft treten.

FPÖ-Widersprüche
Während der steirische FPÖ-Landeshauptmann Kunasek die Verschärfungen befürwortet, positioniert sich die Bundespartei unter Herbert Kickl entschieden dagegen. Der SPÖ-Sprecher für innere Sicherheit, Maximilian Kollner, stellt den FPÖ-Chef vor eine klare Entscheidungsfrage: „Will er mehr Waffen oder mehr Sicherheit für unsere Bürger:innen?“

Kollner verweist auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach eine höhere Waffendichte zu mehr Gewalt und Todesopfern führe – nicht zu mehr Sicherheit. Er kritisiert zudem die derzeitige Situation in Österreich, wo der Erwerb einer Waffe für einen 18-Jährigen mit weniger Hürden verbunden sei als der Fahrradführerschein für ein Kind.

 
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