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Gefechte in Georgiens Separatistenprovinzen
Tiflis berichtet von Überfall auf Polizeipatrouille in Abchasien, russischen Überflügen nahe Südossetiens
Tiflis/Moskau – In einem Klima zunehmender Militarisierung war US-Außenministerin Condoleezza Rice am Mittwochabend in der georgischen Hauptstadt Tiflis erwartet worden. Den ganzen Tag über setzten sich Schusswechsel und gegenseitige Schuldzuweisungen in den beiden georgischen Separatistenprovinzen Abchasien und Südossetien fort.Nach Angaben des Innenministeriums in Tiflis griffen abchasische Sicherheitskräfte in der Kodori-Schlucht eine georgische Patrouille an und verletzten drei Polizisten. Unklar war die Zahl der Opfer auf abchasischer Seite. Tiflis sprach von vier Toten, die De-facto-Regierung in Abchasiens Hauptstadt Sukhumi von zwei Verletzten. Georgien berichtete zudem von vier russischen Militärmaschinen, die am Mittwoch den georgischen Luftraum nahe Südossetiens verletzt hätten. Dort kamen am Vortag vier georgische Soldaten frei, die von südossetischen Sicherheitskräften festgehalten worden waren.
Die russische Regierung, die Friedenstruppen in beiden abtrünnigen Provinzen unterhält, aber deren Regime unterstützt, nannte Georgien ein Risiko für die Sicherheit in der Region. Tiflis hatte vor zwei Jahren provisorische Regierungen nach Südossetien und Abchasien verlegt und mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur in den Teilen der Provinzen begonnen, die es kontrolliert. Abchasien wie Südossetien hatten sich Anfang der 90er-Jahre in Kriegen vom Zentralstaat abgespaltet.
"Die Situation ist brenzlig" , bestätigt Uwe Halbach, Kaukasus-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zwar hält er einen größeren Waffengang derzeit für unwahrscheinlich, da keine Seite etwas von einer offenen Kriegssituation hätte. "Es ist aber nicht auszuschließen, dass es trotzdem aufgrund einer Sicherheitspanne zu einem Selbstläufer kommt, der zu einer militärischen Auseinandersetzung führt."
Wobei ein erneuter Krieg im Südkaukaus wohl auf anderem Niveau als noch in den 90er-Jahren geführt werden würde. Georgien hat seinen Militäretat in den vergangenen Jahren von 0,5 auf sieben Prozent des Bruttoinlandproduktes erhöht. "Ich habe keine Konfliktlösung vor Augen" , sagt Halbach. Derzeit gehe es um die Prävention eines Krieges. (red, ved/(DER STANDARD, Printausgabe, 10.7.2008)
Tiflis berichtet von Überfall auf Polizeipatrouille in Abchasien, russischen Überflügen nahe Südossetiens
Tiflis/Moskau – In einem Klima zunehmender Militarisierung war US-Außenministerin Condoleezza Rice am Mittwochabend in der georgischen Hauptstadt Tiflis erwartet worden. Den ganzen Tag über setzten sich Schusswechsel und gegenseitige Schuldzuweisungen in den beiden georgischen Separatistenprovinzen Abchasien und Südossetien fort.Nach Angaben des Innenministeriums in Tiflis griffen abchasische Sicherheitskräfte in der Kodori-Schlucht eine georgische Patrouille an und verletzten drei Polizisten. Unklar war die Zahl der Opfer auf abchasischer Seite. Tiflis sprach von vier Toten, die De-facto-Regierung in Abchasiens Hauptstadt Sukhumi von zwei Verletzten. Georgien berichtete zudem von vier russischen Militärmaschinen, die am Mittwoch den georgischen Luftraum nahe Südossetiens verletzt hätten. Dort kamen am Vortag vier georgische Soldaten frei, die von südossetischen Sicherheitskräften festgehalten worden waren.
Die russische Regierung, die Friedenstruppen in beiden abtrünnigen Provinzen unterhält, aber deren Regime unterstützt, nannte Georgien ein Risiko für die Sicherheit in der Region. Tiflis hatte vor zwei Jahren provisorische Regierungen nach Südossetien und Abchasien verlegt und mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur in den Teilen der Provinzen begonnen, die es kontrolliert. Abchasien wie Südossetien hatten sich Anfang der 90er-Jahre in Kriegen vom Zentralstaat abgespaltet.
"Die Situation ist brenzlig" , bestätigt Uwe Halbach, Kaukasus-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zwar hält er einen größeren Waffengang derzeit für unwahrscheinlich, da keine Seite etwas von einer offenen Kriegssituation hätte. "Es ist aber nicht auszuschließen, dass es trotzdem aufgrund einer Sicherheitspanne zu einem Selbstläufer kommt, der zu einer militärischen Auseinandersetzung führt."
Wobei ein erneuter Krieg im Südkaukaus wohl auf anderem Niveau als noch in den 90er-Jahren geführt werden würde. Georgien hat seinen Militäretat in den vergangenen Jahren von 0,5 auf sieben Prozent des Bruttoinlandproduktes erhöht. "Ich habe keine Konfliktlösung vor Augen" , sagt Halbach. Derzeit gehe es um die Prävention eines Krieges. (red, ved/(DER STANDARD, Printausgabe, 10.7.2008)