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Der Prediger Ebu Tejma wurde in Wien verhaftet, gleichzeitig verschwand eine Familie Richtung Syrien. - Foto: screenshot youtube
INTERPOL-FAHNDUNG
Fünfköpfige Familie wollte mit Prediger in den "Heiligen Krieg"
Letztes Update am 03.02.2015, 18:55
Die Familie aus der Steiermark wird bei der Terrormiliz IS vermutet – Interpol fahndet.
Eine fünfköpfige Familie aus der Steiermark war plötzlich verschwunden: Vom 35-jährigen Enes S., seiner Frau Michaela (36) und den Töchtern Sarah, Enisa und Ajla im Alter von neun bis zwölf Jahren fehlt jede Spur. Der Verdacht: Die Familie könnte sich in Syrien befinden, im "Heiligen Krieg" des IS. Nun fahndet auch Interpol nach der Familie.
Enes S., er hat bosnische Wurzeln, wurde in Österreich geboren – genau in Bregenz. Seine Frau, eine Österreicherin, konvertierte für ihn zum Islam und brachte eine Tochter in die Ehe mit. Die Schwester von Michaela S. schlug am 19. Dezember des Vorjahrs Alarm und erstattete die Vermisstenanzeige.
Enes S. hat bosnische Wurzeln, wurde aber in Bregenz geboren - Foto: /Interpol
Enes S. hatte sich in Graz-Neuhart sowie in den Gemeinden Sigmundstadl und Wettmanstätten als Unternehmer versucht. Mit seinen kleinen Zimmerei-Betrieben dürfte er jedoch wenig Glück gehabt haben. Die Firma in Graz gibt es seit zwei Jahren nicht mehr. Und auch der Betrieb in Wettmannstätten ist laut Firmenbuch ruhend gestellt. Im Ort erinnert man sich an die Familie: "Die neunjährige Tochter hat ins Schul-Tagebuch geschrieben: Sie will nach Mekka und endlich das Kopftuch tragen", erzählt Bürgermeister Helmut Kriegl. Die Abreise dürfte geplant gewesen sein – schon im Herbst bot die Familie ihr Haus zum Verkauf an.
Westbalkan-Kämpfer
Enes S. war für den Verfassungsschutz kein Unbekannter. Er wird dem Kreis der "Westbalkan-Kämpfer" zugerechnet. Das sind jene Islamisten aus dem Dunstkreis des Wiener Hasspredigers Ebu Tejma und des Bosniaken Bilal Bosnic, denen vorgeworfen wird, in großem Stil Kämpfer für Syrien angeworben zu haben. Spätestens ab dem Jahr 2013 war Geheimdiensten bekannt, dass über den Balkan eine Vielzahl aus ganz Mitteleuropa stammender dschihadistischer Kämpfer nach Syrien reisen.
Michaela S. folgte ihrem Mann - Foto: /Interpol
Vor allem in Bosnien gibt es noch Niederlassungen von Dschihadisten, die während des Balkan-Krieges kämpften. Sie sollen einige Dörfer quasi als "exterritoriale Gebiete" beherrschen. Dort sollen die in Italien, Österreich und Kroatien Angeworbenen vor ihrer Reise nach Syrien noch einmal religiös ausgebildet und anschließend mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung über etablierte Reiserouten in den Kampf geschickt worden sein.
Im November wurde Ebu Tejma als mutmaßlicher Haupttäter in Österreich verhaftet. Der Verfassungsschutz schlug zu, weil Hinweise für eine unmittelbare Abreise Ebu Tejmas nach Syrien vorlagen. Seine Familie mit Frau und fünf Kindern hätte nicht lange alleine in der Gemeindewohnung in Wien-Donaustadt ausharren müssen. Die Polizei fand Hinweise, wonach er Frau und Kinder ins Kriegsgebiet nachholen wollte.
Kopfgeld
Wenige Tage später verschwand Enes S. Beim Verfassungsschutz geht man davon aus, dass er bei der Terrormiliz angekommen ist. Offen bleibt, warum Islamisten Frau und Kinder mitschleppen. Dazu findet sich ein kryptischer Hinweis in einem Verfassungsschutz-Bericht: "Es zeigte sich bei den Dschihadisten vermehrt der Trend, zwecks größerer finanzieller Unterstützung auch ihre Familien nach Syrien mitzunehmen." Mit anderen Worten: Die IS zahlt Kopfprämien, auch wenn es sich um Kinder handelt.
Interpol-Fahndung: Fünfköpfige Familie wollte mit Prediger in den "Heiligen Krieg" - KURIER.at