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Gelöschtes Mitglied 13322
Guest
Wer in diesen Tagen mit in Deutschland lebenden Jesiden über die Lage im Nordirak spricht, hört nicht nur Worte der Verzweiflung und Trauer. Er hört auch Zorn und Wut. Sie richtet sich erstaunlicherweise gar nicht so sehr gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS). Zorn und Wut gelten vielmehr der kurdischen Autonomieregierung. Die Brutalität, mit der die IS-Terroristen gegen die Jesiden vorgingen, kam für sie nicht überraschend. Eine böse Überraschung war für sie hingegen das Verhalten der irakisch-kurdischen Peschmerga-Einheiten während des IS-Überfalls auf das Gebiet von Sindschar. Aus Sicht der Jesiden sind sie von den Peschmerga verraten worden.
Da kommen zunächst einmal viele Hilferufe aus dem Irak: Jesiden klagen darüber, dass die von ihren Glaubensbrüdern in die Heimat gesandte Hilfe nicht ankommt, weil die kurdische Verwaltung ihre Verteilung behindert. Mehr als fünf Tage soll es auch bei den deutschen Hilfsgütern für die Flüchtlinge gedauert haben, bis sie am Flughafen von Erbil abgefertigt waren. Andere Jesiden berichten darüber, dass ihnen die Kundgebungen, die auf die Not der Flüchtlinge aufmerksam machen sollen, von Erbil strikt verboten worden sind, ebenso Kontaktaufnahmen mit westlichen Medien.
Der wichtigste Grund für die Wut sind allerdings die Ereignisse von Anfang des Monats. Die Jesiden bezeichnen sie als die "Katastrophe von Shingal". Kampflos und fluchtartig sollen sich die Peschmerga der KDP aus der Sindschar-Region zurückgezogen haben, als die IS-Kämpfer heranrückten, obwohl sie wussten, dass sie damit die als "Ungläubige" geltenden Jesiden Tod und Versklavung auslieferten.
Den westlichen Waffenlieferungen an die kurdische Autonomieregierung stehen die Jesiden äußerst skeptisch gegenüber. Ist gesichert, dass diese Waffen nicht irgendwann gegen sie gerichtet werden? Auch in der kurdischen Autonomieregion gibt es viele Sympathien mit dem Islamischen Staat, 700 junge Kurden sollen schon auf ihre Seite übergelaufen sein. Muslimische Geistliche predigen in der Autonomieregion ungehindert gegen die jesidischen "Ungläubigen". Die Jesiden haben das Vertrauen in die kurdische Autonomieregierung verloren, das ist überall zu hören. Politische Rechte haben sie in der Autonomieregion ohnehin kaum.
Waffen für die Falschen?