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Nachrichten aus Österreich

Gleichberechtigung gehört nicht zur österreichischen Identität
Die "Leitkultur"-Kampagne der ÖVP instrumentalisiert den Kampf gegen Diskriminierung von Frauen für einen spalterischen Diskurs

Gleichberechtigung in Österreich? Klar, das ist einer "unserer" Werte. So einfach wird es zumindest in der "Leitkultur"-Kampagne der ÖVP dargestellt. Gleichberechtigung ist das zentrale Argument für Susanne Raab (ÖVP), warum wir über eine "österreichische Identität" sprechen müssten. Denn mit dieser hätten Burschen, die Lehrerinnen keinen Respekt zollen, oder Männer, die sich von einer Ärztin nicht behandeln lassen, nichts zu tun, lauten die genannten Beispiele von Raab.

Sehr traditonell
Doch der Blick über den Tellerrand solch plakativer Beispiele zeigt, dass hier der Kampf gegen Diskriminierung für eine spalterische Kampagne instrumentalisiert wird. Die ÖVP kann sich kontinuierliches gleichstellungspolitisches Engagement nicht auf die Fahnen heften. Österreich zählt im EU-Vergleich zu den Ländern mit dem größten Gender-Pay-Gap, nur zwei von zehn Vätern gehen in Österreich in Karenz, Frauen bekommen 40 Prozent weniger Pension.

 
SPIONAGE FÜR RUSSLAND?
Neue Details zu Vorwürfen gegen Ott
Rund um jenen österreichischen Ex-Verfassungsschützer, der für Russland spioniert haben soll, überschlagen sich die Entwicklungen. Am Karfreitag war Egisto Ott in Kärnten festgenommen worden, am Montag wurde U-Haft wegen Verdunkelungsgefahr und Tatbegehungsgefahr über ihn verhängt. Ein Bericht der „Kronen Zeitung“, wonach er ein „Teilgeständnis“ abgelegt habe, wurde vom Wiener Landesgericht nicht bestätigt. Doch gibt es zugleich neue Informationen, wie die geheimen Daten von Wien direkt zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB wanderten.

Bereits seit sieben Jahren wird von der Staatsanwaltschaft Wien gegen Ott ermittelt. Durch neue Informationen aus Großbritannien dürfte sich die Verdachtslage nun erhärtet haben, und diese dürften der Grund für die Verhaftung Otts gewesen sein. Britische Behörden waren auf Chats des damaligen Verfassungsschützers Ott mit Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek gestoßen – Mitte März wurden diese Chats dann an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

 
Philipp Jelinek: Straches fittester Freund
Im ORF lockte der Fitnesscoach das Publikum von der Couch auf die Matte. Neben seinem Ehrgeiz dürfte auch ein blauer Schuhlöffel der Karriere geholfen haben

"Ich wollte eine eigene Sendung, einen Wikipedia-Eintrag und eine Titelseite auf einer der bekannten Tageszeitungen", ließ Philipp Jelinek seine Fans wissen, als der beliebte Vorturner des ORF 2022 ein Buch herausbrachte. All das hat der 1968 in Wien-Floridsdorf geborene und aufgewachsene Triathlet erreicht.

Seit durch Chats auch sein Verhältnis zum ehemaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache bekannt wurde, dürfte ihm die öffentliche Aufmerksamkeit, die er sonst stets energisch suchte, aber weniger angenehm sein. Die Chats legen nämlich nahe, dass die Karriere nach einem doch recht bewegten Berufsleben, in dem Jelinek unter anderem Babybadewannen produzierte und in einer Bar arbeitete, mithilfe von Strache oder "Heinzi", wie er ihn in Chats 2019 nannte, mit über 50 plötzlich steil nach oben ging.

 
ORF-"Ausmisten" mit der FPÖ
Die Chats von Strache und Co sind durchaus humorvoll: soll man sich Wehrschütz als Unterhaltungschef vorstellen?

Nicht, dass es irgendwen mit minimaler Kenntnis der FPÖ wundern würde, was da wieder an FPÖ-internen Chats zum Thema Machtübernahme im ORF aufgetaucht ist. Da gehören kritische Journalisten "weg", diverse Abteilungen und Sender gekürzt und die Gebühren natürlich auch weg. Die FPÖ-Größe Harald Vilimsky schreibt dazu: "Dann wird sich auch nicht viel ändern, aber es gibt zumindest Genugtuung."

Richtig, zuerst dreschen wir nach dem Vorbild der alten Vandalen alles kurz und klein, aber es bleibt uns ja die Genugtuung.

Die Chats sind aber nicht ohne unfreiwilligen Humor. H.-C. Strache zum Beispiel bekommt vom Fitnesstrainer Philipp Jelinek, der im ORF in der Früh Kniebeugen vormacht, eine flehentliche Erinnerung: "Lieber Heinz, der Kuchen wird jetzt verteilt ... wir müssen dringend die Weichen für mich stellen." Nämlich als Moderator. Wirklich rätselhaft ist aber ein Chat Straches über den heutigen Ukraine-Korrespondenten Christian Wehrschütz von 2019: "Wenn Christian Wehrschütz nicht OÖ-Landesdirektor werden kann, dann würde er gerne als Unterhaltungschef im ORF ausmisten!"

 
Von den Russen unterwandert?
Kanzler Nehammer beruft den Nationalen Sicherheitsrat ein – es geht um Spionageverdacht. Und möglicherweise auch um Vorgänge im Verfassungsschutz unter Innenminister Kickl

Nachdem ein früherer Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, Egisto Ott, am Osterwochenende wegen des Verdachts der Spionage für Russland in U-Haft genommen wurde, beruft Bundeskanzler Karl Nehammer den Nationalen Sicherheitsrat ein. Das ist das "beratende Gremium in Fragen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik". Es gehören ihm außer Kanzler und Vizekanzler die einschlägigen Minister, die Vertreter der Parlamentsparteien und die Spitzen der einschlägigen Dienste an. Nehammer: "Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien unterwandern oder instrumentalisieren."

Schwer beschädigt
Damit hat der Kanzler zwei wesentliche und miteinander verschränkte Sachverhalte angesprochen: Einerseits besteht der Verdacht, dass Leute, die früher für den Verfassungsschutz arbeiteten, für den russischen Geheimdienst spioniert haben (in Zusammenarbeit mit dem früheren, nach Russland geflohenen Wirecard-Manager Jan Marsalek). Andererseits besteht der Verdacht, dass ebendiese Leute eine entscheidende Rolle bei der Beschädigung ebendieses Verfassungsschutzes der Republik Österreich gespielt haben – und zwar unter Mitwirkung und im Interesse der FPÖ beziehungsweise des damals amtierenden FPÖ-Innenministers Herbert Kickl. Dabei wurden sowohl die Bekämpfung des Rechtsextremismus wie das Vertrauen ausländischer Partnerdienste schwer beschädigt.

 
Strache-Chats: Interventionen bei Fellner wohl erfolgreich
Der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache intervenierte 2019 mehrfach beim damaligen Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich, Wolfgang Fellner – und hatte damit offenbar Erfolg. Das geht aus Chats hervor, über die das Nachrichtenmagazin „profil“ heute berichtete. Strache beschwerte sich etwa über Auftritte des früheren FPÖ-Politikers Ewald Stadler bei den Fellner-Medien, wobei er mit einem Inseratenstopp drohte, und kritisierte einen unliebsamen Artikel.

Dass Stadler regelmäßig von der Mediengruppe Österreich, zu der etwa die Medien oe24 und oe24.tv gehören, eingeladen wurde, bezeichnete Strache in einer Nachricht an Fellner als „äußerst unfreundlichen Akt uns gegenüber“. Zwar antwortete Fellner nicht, doch geht aus späteren Nachrichten hervor, dass Strache mit seiner Intervention wohl Erfolg hatte.

Unliebsame Story „offline genommen“
Stadler wurde durch FPÖ-„Urgestein“ Andreas Mölzer ersetzt. „Ich habe Ihnen auf Ihren Wunsch zugesagt, dass ich Stadler durch mölzer ersetze und das auch sofort umgesetzt – aber das geht natürlich nur wenn er da ist“, schrieb Fellner, nachdem sich Strache über einen erneuten Auftritt Stadlers beschwert hatte und einen Inseratenstopp in den Raum stellte.

Auch ein Bericht, der thematisierte, dass Strache einen Artikel von Holocaust-Leugnern geteilt haben soll, war dem damaligen FPÖ-Chef ein Dorn im Auge. Er beschwerte sich bei Fellner über „reinste Hetze und schäbigste Diffamierung“. Fellner teilte mit, dass er zwar auf den Malediven weile, aber „sofort“ veranlasse, „dass die Story offline genommen wird. Das nenne ich Kooperation.“ Fellner reagierte bisher weder auf APA- noch auf „profil“-Anfrage.

Schmitt: „Zu wenig Anweisungen“

 
SPIONAGE-AFFÄRE
Gestohlene Smartphones von Spitzenbeamten gelangten wohl über Istanbul nach Moskau
Von Ex-BVT-Agenten verkaufte Geräte landeten offenbar bei Russin mit Verbindungen zum früheren Wirecard-Manager Jan Marsalek. Ermittler warten indes auf eine brisante Festnahmeanordnung

Wie aus einem Agentenfilm klingen die Vorwürfe, die dem früheren Verfassungsschützer Egisto Ott gemacht werden: Er soll mit einem Kollegen aus der IT-Abteilung die defekten Smartphones dreier Spitzenbeamten aus dem Innenministerium gestohlen und sie dann an russische Spione verkauft haben. Seit vergangener Woche sitzt Ott, gegen den bereits 2017 erstmals ermittelt wurde, deshalb in Untersuchungshaft.

Doch wie gelangten die Smartphones nach Moskau? Auf diese Frage liefern nun Recherchen von "The Insider" und dem Spiegel erste Hinweise – der STANDARD beschäftigt sich gemeinsam mit den beiden Medien seit Monaten mit der Causa Jan Marsalek.

Nach wenigen Stunden wieder abgereist

 
Spionieren für Russland hat in Österreich Tradition
Ehemaliger Archivar des KGB deckte Infiltrierung der Staatspolizei auf

Dafür, dass Österreich seit Jahrzehnten eine Spielwiese für internationale Geheimdienste sein soll, gibt es bemerkenswert wenige strafrechtlich relevante Fälle. Das hängt einerseits damit zusammen, dass ausländische Spione, wenn sie nicht zum Nachteil von Österreich tätig sind, wenig zu befürchten haben – was Justizministerin Alma Zadić (Grüne) jetzt ändern will. Andererseits dürften Spione, die hiesige Staatsgeheimnisse auskundschaften und an fremde Staaten verkaufen, einfach zu geschickt sein, um aufzufliegen.

In jüngerer Zeit wurde überhaupt nur ein Fall bekannt: Ein ehemaliger Bundesheeroberst wurde 2020 zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt, weil er staatliche und militärische Geheimnisse an den russischen Geheimdienst verraten haben soll. Da er die Hälfte der Strafe bereits in U-Haft abgesessen hatte, musste er nach dem rechtskräftigen Urteil nicht mehr ins Gefängnis.

 
Russische Agenten brachen mithilfe eines Ex-BVT-Beamten in Wien bei Journalist ein
Ex-Verfassungsschützer Ott hatte zuvor im Auftrag des einstigen Wirecard-Managers Jan Marsalek die Adresse von Investigativreporter Christo Grozev ausgespäht

Die Mitglieder eines russischen Spionagerings, die im Juni 2022 nach Wien reisten, hatten dort einiges zu erledigen: Zunächst holten sie beim früheren österreichischen Verfassungsschützer Egisto Ott die Smartphones dreier Spitzenbeamter des Wiener Innenministeriums ab, die Ott und Komplizen mutmaßlich gestohlen hatten. Danach brachen sie in die Wohnung des Investigativjournalisten und jetzigen SPIEGEL-Mitarbeiters Christo Grozev ein.

Auch da hatte Ott, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, seine Finger im Spiel gehabt: Er hatte im Jahr zuvor mit Vorlage seines Polizeiausweises die Meldeadresse von Grozev abgefragt, offenbar dessen Wohnsitz fotografiert und diese Informationen an den früheren Wirecard-Manager Jan Marsalek weitergeleitet, der mittlerweile in Moskau für russische Dienste wie den Inlandsgeheimdienst FSB arbeiten dürfte.

 
Grüne werfen FPÖ Verrat im Dienste Russlands vor
Die Grünen erheben angesichts der Enthüllungen in der Spionagecausa Egisto Ott schwere Vorwürfe gegen die FPÖ. Die Partei agiere „auf Zuruf eines despotischen Kriegstreibers“, sagte Klubobfrau Sigrid Maurer in einer Pressekonferenz heute. Parteichef Herbert Kickl wolle Österreich zu einem Satellitenstaat Russlands umwandeln. Maurer ortete „Verrat“ an Österreich und nannte auch einen möglichen Konnex zum nach Moskau geflüchtete Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek.

Maurer sprach von „absolut alarmierenden, letztlich untragbaren Machenschaften der Freiheitlichen Partei als Putins Gehilfen“. Speziell erinnerte sie an den Ende 2016 unterzeichneten Freundschaftsvertrag der FPÖ mit Wladimir Putins Partei Geeintes Russland. Es gebe von der Plattform Bellingcat aufgedeckte Hinweise, dass der in der Causa Ott ebenfalls im Mittelpunkt stehende Marsalek just zur Zeit der Unterzeichnung in Moskau gewesen sein soll.

 
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