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Nachrichten aus Österreich

Identitärer Biologielehrer als Kontaktmann für rassentheoretische Lesekreise
Während ein Fan rassistischer Theorien an einem Grazer Gymnasium unterrichtet, nahm Martin Sellner am Wiener Polizeiball unbehelligt ein Propagandavideo auf

Ein Mann, der bei den rechtsextremen Identitären und einer deren Nachfolgeorganisationen namens "Aktion 451"– jedenfalls bis vor Tagen – aktiv gewesen sein soll, ist Biologielehrer an einem Grazer Gymnasium. Die "Aktion 451" ruft zum Kampf gegen eine angeblich "antiweiße Ideologie" an den Hochschulen in Österreich auf. Sie bezieht sich mit ihrem Namen ausgerechnet auf Ray Bradburys Roman Fahrenheit 451, wähnt sich also im Kampf gegen eine Diktatur. Laut österreichischem Verfassungsschutz ist die Gruppe, die sich heimlich trifft, eine "Tarngruppe" der Identitären. Als einer der Initiatoren der Gruppe gilt der bekannte rechtsextreme Publizist Götz Kubitschek.

Erst vor einer Woche, am 29. Jänner, soll die Gruppe, die in Wien laufend aktiv ist, einen ihrer "Lesekreise" auch in Graz veranstaltet haben. Wie Screenshots, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, war der besagte Lehrer dort als Kontaktmann auf Telegram angeführt. Erst wer seine Kontaktdaten bekannt gibt, wird nämlich kontaktiert und dann über den Ort der Veranstaltung informiert.

 
Wie Haslauer und Edtstadler der ÖVP den Todesstoß versetzten
Die Volkspartei mutierte nach 38 Regierungsjahren von der staatstragenden Partei zur Lachnummer. Der größte Schaden: die Zerstörung der Glaubwürdigkeit.

Wo anfangen? Selten gab es zu Beginn eines neuen Jahres so viel innenpolitisch zu kommentieren und zu analysieren wie in diesen ersten Tagen 2025.

Man könnte sich zum Beispiel eine Groteske der Geschichte in Erinnerung rufen: 1987 wurde dem damaligen ÖVP-Chef, Alois Mock, im Vorstand der Partei eine Koalition mit Jörg Haiders FPÖ (fünf Prozent) untersagt. Die Vertreter der Sozialpartner, vor allem jene aus den Wirtschaftskreisen, hatten – sofern die Erinnerung nicht trügt – Angst vor der Reaktion der sozialistischen Gewerkschafter.

 
Verhandlungen „in schwieriger Phase“
Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP dürfte am Dienstag etwas Sand ins Getriebe gekommen sein. „Die Regierungsverhandlungen befinden sich in einer schwierigen Phase“, erklärte die ÖVP am Abend in einem Statement gegenüber dem ORF. Zuvor hatten mehrere Medien über eine Verhandlungspause berichtet. Die Gespräche sollen aber am Mittwoch weitergeführt werden, hieß es nach einer Tagung der ÖVP-Gremien.

„Die ÖVP befindet sich nach wie vor in laufenden Verhandlungen“, so ein schriftliches Statement der ÖVP am Dienstagabend. „Für heute und morgen sind Gesprächstermine in den Untergruppen anberaumt“, hieß es in dem Statement weiter.

 
Die ÖVP hat bemerkt, dass diese FPÖ ein radikal anderes Österreich will
Die blaue Forderung nach fast allen Schlüsselressorts hat bei der Volkspartei zumindest eine Nachdenkpause bewirkt. Vielleicht bläut ihr, was sie erwartet

Die blau-schwarzen Regierungsverhandlungen sind zu einem Paradoxon geworden. Oberflächlich betrachtet haben die beiden Parteien eine größere inhaltliche Schnittmenge als ÖVP und Sozialdemokratie oder Grüne. Doch eine Ebene tiefer steht die ÖVP für alles, das die Freiheitlichen unter Herbert Kickl bekämpfen wollen, ja sogar verabscheuen.

Die FPÖ unterscheidet sich drastisch von den anderen Parteien im österreichischen Parlament. Damit sind nicht nur ihre Verbindungen zum Rechtsextremismus oder ihre teils menschenverachtenden Aussagen und Vorschläge gemeint. Vielmehr ist die FPÖ derzeit die einzige Fraktion, die Österreich radikal umbauen will.

 
Steht Blau-Schwarz vor dem Aus? Eine Rekonstruktion der vergangenen 24 Stunden
Am Mittwoch erhöhte die FPÖ noch einmal den Druck und reklamierte Innen- und Finanzressort öffentlich für sich – für die ÖVP ein No-Go. Die Lage spitzt sich immer weiter zu. Wie geht es jetzt weiter?

Und plötzlich geht die politische Bombe hoch. Im Boulevard.

Dienstag, 18.35 Uhr, Heute schreibt: "Koalitionsgespräche vorerst gestoppt." Oe24 pusht: "Posten-Streit: Blau-schwarze Verhandlungen gestoppt." In der FPÖ wird wild herumtelefoniert. Woher kommen diese Informationen?

Die Recherche der Freiheitlichen ergibt: Alles deute darauf hin, dass – warum auch immer – Stefan Petzner involviert gewesen sei, der ehemalige BZÖ-Politiker und Vertraute Jörg Haiders. Er soll Boulevardjournalisten mit der Nachricht aufgescheucht haben, dass gleich der Parteivorstand der ÖVP tage. Petzner habe SMS an mehrere Empfänger geschickt, in dem er von einem Abbruch der Verhandlungen berichtet. So erzählt man es sich zumindest in der FPÖ.

Ein Abbruch der Verhandlungen steht zu diesem Zeitpunkt nicht zur Debatte, doch die ÖVP hat tatsächlich ihre mächtigsten Mitglieder für einen Zoom-Call um 19 Uhr zusammengetrommelt. Es gibt einiges zu besprechen.


 
Wie es weitergehen könnte, wenn Blau-Schwarz noch in die Luft fliegt
Neuwahlen, Expertenregierung oder doch ein Comeback der schwarz-roten Verhandlungen? Falls FPÖ und ÖVP nicht zusammenkommen, bleiben noch einige Szenarien offen

Eine Eskalation der Verhandlungskonflikte zwischen FPÖ und ÖVP ließ sich vorerst noch abwenden. Die Gespräche seien in einer "schwierigen Phase", verlautete die Volkspartei am Dienstagabend, nachdem ÖVP-Christian Stocker spontan ein Treffen des Parteivorstands einberufen hatte.

Am Mittwoch gingen die blau-schwarzen Verhandlungen weiter: Themengruppen trafen sich, um an den inhaltlichen Details des künftigen Regierungsprogramms zu feilen. Doch was passiert, wenn sich die Wogen in den kommenden Tagen doch nicht mehr glätten lassen? Wenn FPÖ und ÖVP daran scheitern, eine gemeinsame Koalition zu schmieden? Ein Wegweiser durch vier mögliche Szenarien:

 
Kickl: Regierungsverhandlungen „werden fortgesetzt“
Die Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP werden dem FPÖ-Chef Herbert Kickl zufolge „ehebaldigst fortgesetzt“. Das teilte Kickl heute nach seinem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen per Aussendung mit. Die Fortsetzung der Gespräche wurde beinahe gleichzeitig von ÖVP-Chef Christian Stocker auf X bestätigt.

Neben inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten war zuletzt vor allem auch über die Ressortaufteilung gestritten worden.

 
Wer für das Innenministerium ein Sicherheitsrisiko wäre, hat nichts in einer Regierung verloren
Die ÖVP spielt hier nicht nur mit den Resten ihrer Glaubwürdigkeit – sie spielt mit der Zukunft der Zweiten Republik, der Zukunft der jungen Generationen in diesem Land

Eine klare Mehrheit in dieser Republik – fast alle, abgesehen von der FPÖ und ihren Fans – ist sich darüber einig, dass die FPÖ unter keinen Umständen das Innenministerium bekommen dürfe. Hier wurde eine rote Linie gezogen, für die es – jenseits ideologischer Unterschiede – die schlagkräftigsten Argumente gibt: Jemand, der sich wie Herbert Kickl auf Demos mit Staatsverweigerern und Rechtsradikalen solidarisierte – und zwar auf Demos, auf denen auch Gebäude gestürmt und Polizisten tätlich angegriffen wurden –, dessen Partei sollte keinerlei Einfluss auf das Innenministerium erhalten.

Angst und Schrecken
Jemand, der wie Herbert Kickl als Innenminister nach Agitation eines Mannes, der später als mutmaßlicher russischer Spion enttarnt wurde, den eigenen Verfassungsschutz stürmte und die dortigen Beamten in Angst und Schrecken versetzte, vor dem sollte der Verfassungsschutz geschützt werden – der Staatsschutz, der uns alle vor Terroristen, feindlichen ausländischen Geheimdiensten und rechtsextremen Staatsfeinden beschützen sollte.

 
Die ÖVP ist überrascht
Drei Beispiele, in denen ein Kurswechsel in FP-Chef Kickls Sinn eine Katastrophe für Österreichs Demokratie und sein Ansehen in der Welt wären

Obwohl die Lage angeblich ernst ist, kommt bei den Anläufen zu einer Koalitionsbildung der Humor nicht zu kurz: Der ÖVP-Vorsitzende Christian Stocker ist von Herbert Kickls Machtansprüchen überrascht! Von einem Rechtsanwalt hätte man sich da mehr Überraschungsresistenz erwartet. Er dürfte damit der Einzige nicht nur in seiner Branche, sondern österreichweit sein, zumal Kickl seit dem Abend der Nationalratswahl an seinen Ambitionen keinen Zweifel ließ, auch wenn dabei die Aufrichtigkeit seiner Pläne hinter der Offenheit seiner Umsetzungsgelüste deutlich zurückblieb. Die unverhüllte Brutalität, mit der der selbsternannte Volkskanzler aus nicht einmal einem Drittel der Wählerstimmen eine freiheitliche Volkserhebung vorzutäuschen sich bemüht, erleben wir nun seit Monaten – wer kann da noch überrascht sein, wenn Kickl die Früchte dieses Getrommels nun auch genießen und politisch Kasse machen will.

Wenn Stocker retten will, was er noch für rettbar hält, indem er daran erinnert, dass der Abstand an Wählerstimmen zur FPÖ nur 2,58 Prozent beträgt, zeigt das zwar, wie überzogen Kickls Ansprüche sind, aber nicht, wie berechtigt die Ansprüche der ÖVP auf das Finanz- und das Innenministerium aus bisherigen Leistungen dortselbst sind. Mit diesem Argument wird er, wenn er nach diesem Donnerstag überhaupt noch eine kleine Chance dazu bekommt, Kickl auch nicht davon abhalten können, als Bundeskanzler jene Materien an sich zu ziehen, die der zur Verwirklichung seiner sinistren Pläne mit Österreich bräuchte: Europäische Union, Medienpolitik, Migration. Um nur drei Materien zu nennen, in denen ein Kurswechsel in Kickls Sinn eine Katastrophe für Österreichs Demokratie und sein Ansehen in der Welt wären.

 
Hofburg: Stocker informiert Van der Bellen über Stand der Kapitulationsverhandlungen
Die Gespräche gehen in die heiße Phase, doch noch hat sich die ÖVP nicht ganz ergeben. Gestern Abend stattete ÖVP-Chef Christian Stocker dem Bundespräsidenten einen Besuch in der Hofburg ab. Der Parteivorsitzende unterrichtete Alexander Van der Bellen ausführlich über den aktuellen Stand der Kapitulationsverhandlungen.

WIEN – „Sorry, Macht der Gewohnheit“, lächelt Stocker, während er auf den Knien in die Hofburg rutscht und sich dabei selbst auspeitscht. „Bitte, stehen Sie auf“, lächelt Van der Bellen peinlich berührt. Der ÖVP-Chef putzt sich die Hose ab, wischt sich das Blut vom Rücken, schlüpft in sein Sakko und berichtet.

„Folgendes, Sascha. Also der Kickl, mein lieber Herr Führer, mein Meister, mein Volkskanzler, kriegt alles, was er will, um die Demokratie zu zersetzen. Dafür dürfen unsere Minister dreimal die Woche ans Tageslicht, an Freitagen, da ist immer Hawaii-Freitag, da dürfen wir Hawaii-Hemden tragen, ihn per Du anreden und in die Augen schauen. Als Belohnung bekommen wir außerdem gratis Eiernockerl mit grünem Salat im Landtmann.“

Er schaut Van der Bellen erwartungsvoll an. Dieser klebt sich gerade ein A4-großes Nikotinpflaster auf den Bauch, um das Meeting durchzustehen.

 
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