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Der aus Hessen abgeschobener Mahmut Akyüz gibt den verfolgten Erdogan-Anhänger – will aber schnell zurück nach Deutschland. Dafür erntet er Hohn.
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Die
Abschiebung einer türkischen Familie aus Hessenwird auch in der Türkei diskutiert – aber ganz anders als in Deutschland. Mit Hohn und Spott kommentieren Türken in den sozialen Medien, dass sich der abgeschobene Familienvater Mahmut Akyüz als verfolgter Anhänger von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan präsentiert – aber so schnell wie möglich wieder nach Deutschland zurück will.
Manche Türken nervt es schon länger, dass Landsleute in Deutschland von hohen Löhnen und dem Rechtsstaat dort profitieren, aus sicherer Entfernung aber das Erdogan-Regime unterstützen.
Den Spott türkischer Internetnutzer zog sich Akyüz durch Interviews in türkischen Medien auf sich, in denen er sich zu Erdogan bekannte.
Als Dolmetscher habe er in einem deutschen Asylverfahren dem türkischen Antragsteller ins Gesicht gespuckt, weil dieser Erdogan und die Türkei angeschwärzt habe, sagte er der Erdogan-treuen Tageszeitung „Yeni Safak“.
„Die mögen unseren Präsidenten nicht mehr“, sagte Akyüz
In anderen Interviews berichtete er, wie er kurz vor der Landung des Abschiebefluges aus Frankfurt dem deutschen Polizisten neben ihm gesagt habe: „Das hier ist die Türkei, jetzt könnt ihr nichts mehr machen.“ Anders als die deutsche Polizei hätten sich die türkischen Beamten gut um die Familie gekümmert und Essen besorgt.
„Die mögen unseren Präsidenten nicht mehr“, sagte Akyüz über die Deutschen. „Die sind neidisch auf uns.“ Deutschland habe ihn und seine Familie als Opfer ausgewählt. Das sei unmenschlich. Dass Deutschland und der Westen neidisch sind auf die Türkei sein sollen, ist von Erdogans Regierung häufiger zu hören.
Ein schöner Patriot sei das, schrieb ein Twitter-Nutzer
Nach dieser Darstellung wird das Land wegen wirtschaftlicher und politischer Errungenschaften bewundert und beneidet. Kritiker fragen allerdings, worauf das Ausland neidisch sein soll: Sie verweisen darauf, dass die Deutschen wesentlich wohlhabender sind als die Türken und die Vorteile eines funktionierenden Rechtsstaates genießen, während in der Türkei unbequeme Bemerkungen über die Regierung Gefängnisstrafen nach sich ziehen können.
Man werde sehen, wie lange die Liebe der Familie Akyüz
zu Erdogan halten werde, wenn sie in der Türkei mit dem Mindestlohn von knapp 250 Euro im Monat auskommen müsse, kommentierte ein Türke auf Twitter. Andere forderten, den Auslandstürken das Wahlrecht in der Türkei zu entziehen. In Kommentaren hieß es, Akyüz sei wegen einer fehlenden Aufenthaltsgenehmigung aus Deutschland abgeschoben worden, spiele aber jetzt das Opfer.
Zudem wurden deutsche Berichte zitiert, wonach Akyüz seinen Wehrdienst in der Türkei nicht abgeleistet habe: Ein schöner Patriot sei das, schrieb ein Twitter-Nutzer. Türkische Regierungsanhänger kritisierten dagegen, die deutschen Behörden hätten sogar Akyüz’ 13- bis 15-jährige Kinder behandelt wie Terroristen. „Skandal in Deutschland“, titelte das erdogantreue Blatt „Takvim“.