Eine Analyse von Ulrich Reitz - Frau Baerbock, zu Ihrem Islam-Appell haben wir 3 unangenehme Fragen
Annalena Baerbock versucht, der Debatte um schĂ€rfere Migrationsregeln nach dem Mannheimer Attentat den Saft abzudrehen. Dabei wĂ€re jetzt der Zeitpunkt, wichtige Fragen â gerade von Muslimen - zu beantworten.
Die Relevanz des Islamisten- und Integrationsthemas, das sich aus dem Messerstecher-Attentat von Mannheim ergibt, liegt auf der Hand: WĂ€re der abgelehnte Asylbewerber Sulaiman A. nach der Ablehnung seines Asylantrags 2014 vorschriftsmĂ€Ăig abgeschoben worden, wĂŒrde der Polizist Rouven L. noch leben.
Und weil die Entscheidung, den offenkundigen WirtschaftsflĂŒchtling nicht auszuweisen, eine politische war, ist es auch legitim, nach politischer Verantwortung zu fragen. Schon damals entschied das AuswĂ€rtige Amt, dass nach Afghanistan nicht abgeschoben werden dĂŒrfe. Insofern ist klar, wer es zu verantworten hat, dass Sulaiman A. blieb.
Baerbock reagiert auf Messermord in Mannheim
Annalena Baerbock sagt, man dĂŒrfe jetzt diesen Messermord â den letzten in einer ganzen Reihe derartiger islamistischer Attentate - nicht fĂŒr eine verschĂ€rfte Migrationspolitik instrumentalisieren. Die GrĂŒne nennt es in der âRheinischen Postâ âtotal kontraproduktivâ. Und weshalb? Weil es das Ziel von Extremisten sei, âfreie Gesellschaften zu spaltenâ. Deshalb mĂŒsse die Antwort sein, âdass wir als Gesellschaft geschlossen darauf antwortenâ.
Dazu einige Fragen:
Erstens: Weshalb sollte eine diverse Gesellschaft mit diversen politischen Parteien auf ein zentrales, kontroverses Thema eine Einheitsantwort geben (mĂŒssen)?
Zweitens: Wer bestimmt den Inhalt dieser Geschlossenheit â etwa Frau Baerbock, deren Ministerium seit Jahren fĂŒr die Nicht-Abschiebung von Nicht-Asylberechtigten mitverantwortlich ist? (Und fĂŒr die aktiv betriebene Migration von Afghanen.)
Drittens: Wenn sich die Lage verschÀrft, weil die KriminalitÀt von Migranten ausweislich der KriminalitÀtsstatistik zunimmt, weshalb sollten sich dann nicht die Gesetze dazu gleichfalls verschÀrfen? Denn die Sache ist doch einfach: VerschÀrft sich die Lage, die Gesetze aber nicht, gewinnt die verschÀrfte Lage die Oberhand.
Vielleicht liegt Frau Baerbock schon in ihren Grundannahmen falsch
Vielleicht liegt Frau Baerbock schon in ihren Grundannahmen falsch. Wer sagt eigentlich, Extremisten, wozu Islamisten gehören, wollten die hiesige Gesellschaft âspaltenâ? Wer, anders als die AuĂenministerin, vom â islamischen â Fach ist, sieht es nĂ€mlich ganz anders. Murat Kayman etwa, der MitgrĂŒnder der liberal-muslimischen Alhambra-Gesellschaft.
Kayman rĂ€umt mit der ĂŒberaus beliebten These auf, orthodox gesonnene Muslime wollten sich in die deutsche Gesellschaft âeinschleichenâ, um sie zu âunterwandernâ, ergo zu spalten. Ihnen â und den Islam-VerbĂ€nden, mit denen die etablierte Politik von links bis rechts zusammenarbeitet, als gĂ€be es keine Alternativen â gehe es nicht um Unterwanderung, sondern: Um Distanz. âDie wollen nichts unterwandern. Die wollen in Ruhe gelassen werden in ihrem ideologischen, identitĂ€ren Sumpf.â
Als Beobachter der Integrations- und Migrationsdebatte ĂŒber Jahrzehnte, kann man den Eindruck gewinnen, aus demselben Grund wollten auch GrĂŒne vor allem in Ruhe gelassen werden. Frau Baerbock will bei zunehmender Migrantengewalt nicht ĂŒber schĂ€rfere Gesetze reden, der Bundeskanzler nicht ĂŒber Islamismus und die Bundesinnenministerin schafft Plattformen ab, in denen auch die elementare Zukunftsfrage diskutiert werden könnte, welcher Islam zu Deutschland passt, wenn schon die gegenwĂ€rtigen Spielarten davon durchaus schillernd sind.
Liberale Muslime zahlen hohen Preis
Zu jenen, die die Debatte seit Jahren fĂŒhren, gehört Ahmad Mansour. Er ist der personifizierte Beweis fĂŒr die den von Linken den Rechtsradikalen pauschal zugeschriebene These, in Deutschland dĂŒrfe man nicht sagen, was man wolle. Mansour sagt, was er will, er ist ein Kritiker des orthodoxen Islam und der muslimischen VerbĂ€nde â und im Ăbrigen ihren deutschen NGO-Ableger â aber dafĂŒr zahlt er einen extrem hohen persönlichen Preis:
Deutsche Polizisten mĂŒssen sein Leben und seine Meinungsfreiheit schĂŒtzen â rund um die Uhr. Mansour kann nicht einmal mehr allein Brötchen holen gehen. Eine bedrĂŒckende Erfahrung, mit der Mansour keineswegs alleine dasteht. Wie nötig es ist, liberale Muslime zu schĂŒtzen wie auch die Moschee-Betreiberin Seyran Ates und den renommierten Islam- und Religionswissenschaftler Mouhannad Khorchide, hat gerade der Mannheimer AttentĂ€ter Suleiman A. gezeigt: Der hatte es ursprĂŒnglich nicht auf den Polizisten Rouven L. abgesehen, sondern auf den Islamkritiker Michael StĂŒrzenberger.
Bei dem Islamismus haben wir es mit dem zu tun, was der Vizekanzler Robert Habeck inzwischen eine âtödliche Ideologieâ nennt. Der Islamismus ist ein Totalitarismus-Problem, nichts weniger als das. Wenn die deutsche Gesellschaft keine Wege findet, damit fertig zu werden, droht das, was der Erfinder des âEuro-Islamâ, Bassam Tibi, âGhettoisierungâ genannt hat.
Eine der deutschen Mehrheitsgesellschaft ablehnende bis feindliche Parallelgesellschaft mit eigenen, nicht-demokratischen, autokratischen Spielregeln â und partiellen AusbrĂŒchen von Gewalt gegen Andersdenkende â und zwar autochtone Deutsche wie eingewanderte, integrierte, oft gebildete Muslime. Die sich staats- und gesellschaftsragend verhalten wie das Gros der deutschen Urbevölkerung selbst.
IslamverbÀnde sind Teil des Problems
Die IslamverbĂ€nde sind dabei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. So argumentieren Kayman und Mansour, und so argumentieren andere liberale Muslime schon lange. Gehört wurden sie nicht, erstaunlicherweise auch nicht von GrĂŒnen und Sozialdemokraten, denen doch die Religionskritik sozusagen in die DNA gegeben ist. Sie sind aber nicht das einzige Problem, und Mansour gebĂŒhrt das Verdienst, nun endlich ein neues Fass aufzumachen:
Um das Thema Integration ist lĂ€ngst so etwas entstanden wie eine mit öffentlichen Geldern finanzierte Sozialindustrie. Diese sei, so erklĂ€rt es Mansour im Podcast mit Bild-Reporter Paul Ronzheimer, âin der Hand von Menschen, die eine linke Ideologie vertreten, die Muslime nicht in Verantwortung ziehen, sondern mit ihnen kuschelnâ.
Dahinter verberge sich der Irrglaube, dass, âwenn man antimuslimischen Rassismus bekĂ€mpft und sie in ihrer Opferrolle bestĂ€tigt, dann werden diese Leute nicht mehr radikal oder islamistischâ. Mansour nennt diesen Ansatz, fĂŒr den Deutschland sehr viel Steuergeld ausgibt, âabsolut falschâ. Wie also wĂ€re es, auch im Sinn des Steuerzahlers, mit einer kĂŒhlen ĂberprĂŒfung der Effizienz dieser Ausgaben â und einer offenen Debatte darĂŒber, ob es im Sinn der Integration wirklich sinnvoll ist:
Die Angriffe auf IslamglĂ€ubige als Diskurs-Thema den Angriffen durch Islamisten ĂŒberzuordnen. Wohinter steht, das eine durch das andere zu ersetzen â dabei gibt es beides: Muslime als TĂ€ter wie als Opfer. Allerdings richtet sich diese Frage nicht nur an die Regierenden.
Als unmittelbare Reaktion auf das Messerattentat durch den Islamisten Sulaiman A. in Mannheim gab es in dieser Stadt eine gut besuchte Demonstration âgegen rechtsâ. Rechtsradikalismus ist unbestritten eine Gefahr â aber Pardon: An so einem Tag â mit einer klaren TĂ€ter-Opfer-Verteilung â eine Demo âgegen rechtsâ zu veranstalten, so etwas muss einem auch erst einmal einfallen.