"Keiner hier will Asylbewerber, niemand"
40 Flüchtlinge sollen in Tröglitz untergebracht werden, der Bürgermeister trat bereits wegen rechter Anfeindungen zurück. Nun wurde das Flüchtlingsheim angezündet. Manche Anwohner freuen sich darüber.
Am Tag danach scheint die Sonne über dem Süden von Sachsen-Anhalt. Hier, in der vom Braunkohleabbau geprägten Region um Zeitz im Burgenlandkreis, hat es in der Nacht zu Samstag einen Brandanschlag auf eine künftige Asylbewerberunterkunft gegeben.
Das Attentat geschah in Tröglitz, jenem Dorf, in dem erst vor kurzem der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth zurückgetreten war, weil er sich von Politik und Polizei nicht ausreichend geschützt sah gegen rechtsextreme Demonstrationen vor seinem Wohnhaus. Nierth hatte dafür geworben, dass Tröglitz ab Mai 40 Flüchtlingen Zuflucht gewährt.
Die große Politik hat den Brandanschlag schnell verurteilt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nannte das Geschehen "beschämend". Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach von einem "schlimmen Verbrechen, das uns tief erschüttert und auch wütend macht".
Redet man jedoch mit Einwohnern von Tröglitz, die in der Nähe des Tatortes wohnen, bekommt man etwas anderes zu hören. Zum Beispiel klammheimliche Freude darüber, dass durch den Brand nun keine Asylbewerber hier werden einziehen können. Es klingt Hass und Neid auf Ausländer durch, auch wenn in jedem zweiten Satz betont wird, eigentlich "nichts gegen Ausländer zu haben". Aber eben nur eigentlich nicht.
Ermittler finden Brandbeschleuniger
An dem Mehrfamilienhaus, das über zwei Eingänge verfügt, sind an dem Dach die Spuren des Feuers, das gegen zwei Uhr nachts ausbrach, deutlich zu sehen. In dem Haus war nur eine Wohnung in Nutzung. Die beiden Bewohner, 50 und 55 Jahre alt, wurden von Nachbarn rechtzeitig gewarnt und konnten sich noch aus dem Dachgeschoss retten. Ihr Mobiliar ist von Feuer und Löscharbeiten, die zwei Stunden dauerten, zerstört. Polizeirat Ralf Karlstedt berichtet von einer Schadenssumme im sechsstelligen Bereich.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), aus seinem Osterurlaub nach Tröglitz geeilt, sagt, dass eine Ermittlungsgruppe gebildet wurde, die vom Landeskriminalamt geleitet wird. Zusätzlich hat der Staatsschutz der Polizei, der für politische Straftaten zuständig ist, die Ermittlungen aufgenommen. Es wird wegen schwerer Brandstiftung in Verbindung mit einem Tötungsdelikt ermittelt, wie Stahlknecht sagt. Brandbeschleuniger ist gefunden worden.
Doch auch denn der oder die Täter gefasst und später dann verurteilt werden sollten: Wird das etwas an Hass und Neid auf Ausländer in den Köpfen mancher Bewohner von Tröglitz ändern? Eberhard Stück etwa, 63 Jahre alt und von Hartz IV lebend, sagt ungefragt: "Wir sind nicht gegen Asylbewerber, wir sind gegen Asylmissbrauch."
"Nach Zeitz sollen die Asylbewerber"
Dass es die rechtsextreme NPD war, die in Tröglitz die Demonstrationen gegen die Asylbewerber angemeldet hat, daran hat der ehemalige Handwerker nichts auszusetzen. "Die NPD ist keine verbotene Partei. Wenn sie so schlimm wäre, wie immer gesagt wird, müsste die Regierung die NPD verbieten." Dass der Bundesrat einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt hat, will Stück nicht gelten lassen. Dann sagt der 63-Jährige: "Die, die uns als Bodensatz und Nazis hinstellen, sind Heuchler." Warum? "Weil keiner hier Asylbewerber will, niemand."
http://m.welt.de/politik/deutschland/article139138597/Keiner-hier-will-Asylbewerber-niemand.html