Verdächtiger fiel am Tattag gleich viermal auf
Das Verwaltungsgericht Göttingen gab ihm im Januar 2023 zunächst im Eilverfahren Recht und stoppte die Überstellung. In der Hauptsache wies es die Klage jedoch am 10. Februar 2025 ab. Nach Ansicht der Richterin bestehen in Litauen keine systemischen Mängel mehr, die eine Überstellung unzulässig machen würden. Die von ihm behauptete psychische Erkrankung sei zudem nicht durch ärztliche Atteste belegt worden. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Aufenthaltsgesetz sei nicht gegeben. Dennoch kam es nie zu einer Abschiebung.
Nach WELT-Informationen aus dem nicht-öffentlichen Teil des Innenausschusses war der Tatverdächtige schon zuvor mehrfach polizeilich aufgefallen. Er soll etwa eine Frau belästigt haben, indem er ihre Autotür aufriss, ihr den Mund zudrückte. Das Verfahren wurde später eingestellt, weil er unbekannt verzogen war. Gegen ihn lief zudem ein Verfahren wegen Exhibitionismus nach einem Übergriff auf eine Mitarbeiterin des Vereins „Stark e. V.“, die den Mann als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet haben soll. Danach folgte offenbar erstmals eine gerichtliche Einweisung in eine Klinik.
Auch wegen Nachstellung wurde Muhammad A. angezeigt, weil er einer Frau wiederholt nachging und an ihrer Tür klopfte. Auch dieses Verfahren endete im Mai 2025 ohne Anklage. Kurz vor der Tat soll er in einem Zug von Einbeck nach Friedland randaliert und einen Mann getreten haben. Zudem ist bekannt, dass der Mann unterschiedliche Aliasnamen nutzte, deren genaue Zahl die Behörden bislang nicht benennen konnten. Nach Informationen von WELT aus Sicherheitskreisen sollen diese Alias-Namen aber weitestgehend auf Registrierungsfehler der Behörden zurückzuführen seien.
Neue Details wurden im Innenausschuss auch zum mutmaßlichen Tattag bekannt. So schilderte Landespolizeipräsident Axel Brockmann, dass der Iraker bereits am Mittag in der Gemeinde Einbeck auffiel, als er versuchte, ohne Fahrschein Bus zu fahren. Erst als Polizisten eintrafen, verließ er den Bus. Gegen 14 Uhr habe ein Mitarbeiter der Stadt Einbeck der Polizei eine Person gemeldet, die im Rathaus eine Zug- oder Busreise fordere und sich dabei konfliktbereit verhalte. Die Person habe auch auf den Boden gespuckt und einen Platzverweis erhalten.
Gegen 16 Uhr soll die Polizei Muhammad A. am Friedländer Bahnhof aufgefunden haben, nachdem Passanten einen Randalierer gemeldet hatten. Dort fanden sie auf dem Bahnsteig die Leiche der jugendlichen Ukrainerin. Zu diesem Zeitpunkt bestand kein Tatverdacht gegen A. Die Polizisten machten bei ihm einen Alkoholtest, der 1,35 Promille ergab – und ließen den Iraker gehen.
Am Abend fiel A. erneut durch aggressives Verhalten auf – diesmal am Grenzdurchgangslager, in dem Flüchtlinge untergebracht sind. Brockmann erklärte: „Der Beschuldigte sollte aufgrund des hier gezeigten, aggressiven Verhaltens mit einem Rettungswagen einer psychiatrischen Klinik zugeführt werden. Dabei leistete er Widerstand gegen die eingesetzten Polizeibeamten, weswegen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet wurde.“ Rund zwei Wochen später wurde der Mann in der Psychiatrie wegen des mittlerweile verfestigen Verdachtes, Liana K. getötet zu haben, festgenommen.