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Nachrichten aus Europa

Putins Patriotenpuppen
Interessant ist, dass Kickls Lieblingswahn, das "System" zu zerschlagen, im "Patriotischen Manifest" keine Erwähnung findet

Sonntag war's, die Welt war noch heil, als drei Männer, bei deren Anblick man sich zehnmal überlegt, ob man ihnen einen Gebrauchtwagen abkaufen soll, ein sogenanntes Patriotisches Manifest zum Schnuppern anboten. Wie die Darstellung der patriotischen Dreifaltigkeit auch in diesem Blatt bewies, war die in einem Wiener Hotel stattfindende Veranstaltung eine ästhetische Zumutung, was durch die Behauptung ausgeglichen werden sollte, diese finde an einem "historischen Tag" statt: "Wir treten in eine neue Ära europäischer Politik ein, in eine Ära der Freiheit, des Friedens und des Wohlstands", behauptete der Kleinste der drei, der in der Rolle eines Engels der Verkündigung die Mappe mit dem Evangelium nach Kickl einem rasch zusammengetrommelten Journalistenpublikum vorhalten durfte.

Ob da der Text schon ins Tschechische und Ungarische übersetzt war, die Herren Babiš und Orbán also sinnerfassend genießen konnten, was Kickl da patriotisch manifestiert hatte, blieb offen, ist aber auch nicht wichtig. Hauptsache, sie haben es unter der intellektuellen Patronanz von Harald Vilimsky feierlich unterzeichnet. Bisher hat die Geburt dieses Textes aus dem Geist eines alten Hutes nicht zu einer tieferen Auseinandersetzung mit seinem Inhalt geführt, die Öffentlichkeit hat sich bisher mit der Behauptung zufriedengegeben, er wäre der Bauplan einer "politischen Trägerrakete", nach deren Start Europa nun gebannt darauf wartet, wann welche der drei Stufen – Babiš, Orbán, Kickl – endlich einmal so richtig zündet. Bis 16. Juli ist noch Zeit.

 
Traurig genug, dass Rechtsextremisten anderswo viel schöner sind als in Mitteleuropa, wo von Primavera di Belezza keine Rede sein kann. Leider stellen sie auch ihre literarischen Ansprüche nicht sehr hoch. Ein Manifest, das nicht mit dem Satz "Ein Gespenst geht um in Europa" beginnt, wenn man sich eine bessere Beschreibung der gegenwärtigen Situation kaum vorstellen kann, ist eine vertane Chance, die Völker, an die es sich wendet, über die wahren Gefahren aufzuklären, die ihnen drohen.

Muffigster Nationalismus
Stattdessen liefert man ein Gebrauchtmanifest, in dem nicht nur muffigster Nationalismus seine Urständ feiert und Marionetten eines russischen Kriegsverbrechers als Verkünder einer Ära des Friedens und der Freiheit auftreten, Korruptionisten und Kleptokraten eine Ära des Wohlstandes versprechen, ohne hinzuzufügen, dass sie dabei sich und ihre Klientel im Auge haben, und Heimatschützer schwanken, ob sie mehr vor einer jüdischen Weltverschwörung oder einer Brüsseler EU-Verschwörung warnen sollen. Das eine schließt das andere ja nicht aus, warum soll man sich die vielen Namen der Weisen von Zion merken, wenn man einen George Soros als Beweis hat.

Interessant ist, dass Kickls Lieblingswahn, das "System" zu zerschlagen, womit nichts anderes gemeint ist als das System der österreichischen Demokratie, im Patriotischen Manifest keine Erwähnung findet. Umso heftiger, aber nicht überraschend wird darin gegen europäische Institutionen gewettert, in denen "stark globalisierte Kräfte die Stimme der Mehrheit und der Volksdemokratie verachten". Die Verwandlung Österreichs in eine Volksdemokratie hat er bisher noch nicht versprochen, das ist schade. Die Leute wären sicher begeistert. (Günter Traxler, 5.7.2024)

 
Viktor Orbán ist kein ehrlicher Makler
Die Moskau-Reise des ungarischen Premierministers ist vor allem im Interesse von Kreml-Chef Putin. Auch weil Ungarn derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat

Auf den ersten Blick hat Viktor Orbán es nicht schlecht eingefädelt: Gleich in der ersten Woche seiner EU-Ratspräsidentschaft reiste er zuerst nach Kiew, dann nach Moskau. Er selbst bezeichnet das als "Friedensmission". Man könne "Frieden nicht von einem bequemen Sessel in Brüssel aus schaffen", schrieb er auf X.

Doch es ist ein ungelenker Versuch, sich als ehrlicher Makler zu präsentieren. Die EU-Sanktionen gegen den Aggressor Russland hat Orbán immer wieder verzögert, auf Plakaten ließ er diese gar als Bomben darstellen, die der eigenen Wirtschaft schaden. Die echten Bomben, die einstweilen Männer, Frauen und Kinder in der Ukraine töteten, kamen nicht vor.

 
Rechtsextremisten Europas vereinigt euch, oder so
Wilders und Vox wollen neuem EU-Rechtsbündnis beitreten
Geert Wilders und seine niederländische Regierungspartei PVV (Freiheitspartei) wollen sich im EU-Parlament der neuen geplanten Rechtsaußen-Fraktion Patrioten für Europa anschließen. „Wir wollen unsere Kräfte im EP bündeln und schließen uns mit Stolz #PatriotsforEurope an!“, postete Wilders gestern Abend auf X (Twitter).

Zuvor hatte die spanische Partei Vox angekündigt, dem Bündnis aus der FIDESZ-Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, FPÖ und der tschechischen ANO beizutreten. Bei der Europawahl kam die PVV auf sechs Mandate. Bisher war die Wilders-Partei mit der FPÖ in der Fraktion Identität und Demokratie (ID) verbündet, hatte allerdings keine Abgeordneten im EU-Parlament.

Vox bisher im Meloni-Bündnis
Vox hatte im Europaparlament bisher der Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) der italienischen Parteivorsitzenden Giorgia Meloni angehört. Dazu hieß es nun, Meloni werde „weiterhin eine Partnerin, Freundin und Verbündete von Vox sein“. Man habe „eine sehr enge Beziehung“ zu Melonis Partei Fratelli d’Italia und zum Beispiel auch zur polnischen PiS, betonte Vox-Chef Santiago Abascal im Interview der Zeitung „La Gaceta“. Bei der Wahl im Juni war Vox in Spanien mit rund 9,5 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz gelandet. Damit errang die Partei sechs Sitze im Europaparlament, zwei mehr als bisher.

Salvini überlegt noch

 
ORBAN IM KREML
Propagandageschenk für Putin
Unter herber Kritik aus der EU ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Russlands Präsident Wladimir Putin nach Moskau gereist. Gesprochen wurde im Kreml zentral über den russischen Krieg in der Ukraine. Orban inszenierte das Treffen als „Friedensmission“, Putin wollte Orbans Position und „die der europäischen Partner“ zur Ukraine hören. Am Ende ist es ein Propagandageschenk Orbans für Putin.

Putin wusste Orbans Anwesenheit zugunsten Russlands darzustellen: Er betrachte Orban bei dessen Besuch als Vertreter der gesamten EU, so der Kreml-Chef. „Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Mal nicht nur als langjähriger Partner, sondern auch als Vorsitzender des Rates der Europäischen Union gekommen sind“, so Putin. Dass Orban davor selbst drauf verwies, als EU-Ratsvorsitzender kein EU-Mandat für Verhandlungen zu haben, spielte keine Rolle.

 
Ja, es ist kompliziert.
Parlament: Rechtsaußen-Parteien vor Fraktionsgründung
Europas Rechtsaußen-Parteien dürften heute mit den „Patrioten für Europa“ („PfE“) die drittstärkste Fraktion im neuen EU-Parlament ins Leben rufen. Die von der FPÖ, Viktor Orbans ungarischer FIDESZ sowie der populistischen ANO aus Tschechien neu gegründete Gruppe fand in den vergangenen Tagen immer mehr Unterstützung, unter anderem von der niederländischen Freiheitspartei von Geert Wilders. Interesse bekundeten die Parteien Lega (Italien), Chega (Portugal) und Vox (Spanien).

In einigen Medienberichten wurde zudem kolportiert, dass auch die Slowenische Demokratische Partei (SDS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Jansa (vier EU-Abgeordnete) sowie die Partei Smer-SSD des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico (fünf Mandate) der Allianz beitreten könnten.

Zuwachs von ID-Fraktion wahrscheinlich
Offen ist noch, ob der Rest der sich in Auflösung befindlichen ID-Fraktion – allen voran der französische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen – Mitglied der neuen Rechtsfraktion im Europaparlament wird. Dass die für Mittwoch geplante konstituierende Sitzung der ID-Fraktion auf morgen verlegt wurde, also den Tag nach der Wahl in Frankreich, kann zumindest als Indiz gewertet werden.

 
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