Snyder: Russland ist faschistischer Staat
Dudas rhetorischer Vergleich wurde vielmehr alsbald zu einer weltweit rezipierten These, deren besondere Resonanz darauf beruhte, dass auch Fachhistoriker zu ihr Stellung bezogen. Mit der Autorität seiner professionellen Zuständigkeit als Osteuropahistoriker hatte bereits im Mai 2022 Timothy Snyder mit einem aufsehenerregenden Gastbeitrag in der „New York Times“ argumentiert, dass der Faschismus nur scheinbar 1945 endgültig besiegt worden sei und mit Putins Krieg gegen die Ukraine zu alter Stärke zurückgefunden habe. Im Zusammenhang mit Dudas Einlassung präzisierte er nun unter Bezug auf Carl Schmitts Begriff des Politischen und Carl Joachim Friedrichs Totalitarismusdefinition, was er zuvor eher flüchtig skizziert hatte, dass nämlich Putins Russland ein faschistischer Staat sei.
Snyder beließ es nicht bei der zeithistorischen Einordnung, sondern zog aus seinem Befund selbst Schlussfolgerungen, die die historische Analyse in einen politischen Appell umwandelten und wiederum von der Publizistik unmittelbar aufgegriffen wurden: „Der vielfach prämierte amerikanische Historiker Timothy Snyder ist überzeugt, dass Putin dieselben Herrschaftstechniken nutzt wie Hitler. Er müsse unbedingt besiegt werden, um die Demokratien zu retten und den rechtsextremen ‚Mythos‘ zu zerstören“, hieß es etwa im Bayerischen Rundfunk.
Dieser Rollenwandel wurde im Fach bereits kritisch beleuchtet. Der Zeithistoriker Ulrich Herbert etwa fand in einem Zeitungsinterview: „Der anerkannte Historiker Snyder hat sich mehr und mehr in einen Aktivisten verwandelt, der sich massiv für die nationalen Interessen vor allem von Polen und der Ukraine einsetzt und dort wie ein Heilsbringer gesehen wird. Diese Rolle hat Vorteile, aber intellektuell eben auch Schattenseiten.“
Dudas rhetorischer Vergleich wurde vielmehr alsbald zu einer weltweit rezipierten These, deren besondere Resonanz darauf beruhte, dass auch Fachhistoriker zu ihr Stellung bezogen. Mit der Autorität seiner professionellen Zuständigkeit als Osteuropahistoriker hatte bereits im Mai 2022 Timothy Snyder mit einem aufsehenerregenden Gastbeitrag in der „New York Times“ argumentiert, dass der Faschismus nur scheinbar 1945 endgültig besiegt worden sei und mit Putins Krieg gegen die Ukraine zu alter Stärke zurückgefunden habe. Im Zusammenhang mit Dudas Einlassung präzisierte er nun unter Bezug auf Carl Schmitts Begriff des Politischen und Carl Joachim Friedrichs Totalitarismusdefinition, was er zuvor eher flüchtig skizziert hatte, dass nämlich Putins Russland ein faschistischer Staat sei.
Snyder beließ es nicht bei der zeithistorischen Einordnung, sondern zog aus seinem Befund selbst Schlussfolgerungen, die die historische Analyse in einen politischen Appell umwandelten und wiederum von der Publizistik unmittelbar aufgegriffen wurden: „Der vielfach prämierte amerikanische Historiker Timothy Snyder ist überzeugt, dass Putin dieselben Herrschaftstechniken nutzt wie Hitler. Er müsse unbedingt besiegt werden, um die Demokratien zu retten und den rechtsextremen ‚Mythos‘ zu zerstören“, hieß es etwa im Bayerischen Rundfunk.
Dieser Rollenwandel wurde im Fach bereits kritisch beleuchtet. Der Zeithistoriker Ulrich Herbert etwa fand in einem Zeitungsinterview: „Der anerkannte Historiker Snyder hat sich mehr und mehr in einen Aktivisten verwandelt, der sich massiv für die nationalen Interessen vor allem von Polen und der Ukraine einsetzt und dort wie ein Heilsbringer gesehen wird. Diese Rolle hat Vorteile, aber intellektuell eben auch Schattenseiten.“
Die Tücken des historischen Vergleichs
Der historische Vergleich ist ein zentraler Bestandteil der Geschichtsschreibung. Doch der Grat zwischen wissenschaftlichem Argument und politischem Aktivismus ist schmal. Das zeigt etwa die Diskussion der Frage, wie stark Wladimir Putins Russland Adolf Hitlers Deutschland ähnelt. Anlässlich...
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