Stephen Hawking hinterließ Aufsatz, der neue Universen erschließt
Der unveröffentlichte Text gibt womöglich Hinweise darauf, wie man in der Hintergrundstrahlung Spuren anderer Universen finden könnte
London – Wenn die ganz Großen von uns gehen, hinterlassen sie oftmals noch Überraschungen für die Nachwelt:
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Und zum Vermächtnis des Physikers Stephen Hawking, der vergangene Woche im Alter von 76 Jahren gestorben ist, zählt noch Unveröffentlichtes.
Thomas Hertog, Professor für Theoretische
Physik an der Universität Leuven in Belgien, gab am Montag jedenfalls bekannt, dass eine Arbeit, die er zusammen mit Hawking verfasst hatte, gerade von einer Fachzeitschrift begutachtet werde. Die Nachricht von der Existenz dieses Fachbeitrags, der den Titel
"A Smooth Exit of Eternal Inflations" trägt und auf der Pre-Print-Plattform "Arxiv" vorveröffentlicht wurde, erreichte die britischen Medien am gleichen Tag, an dem bekannt wurde, dass die Westminster Abbey – Begräbnisort der wichtigsten Persönlichkeiten in Englands Geschichte – angeboten hat, einen Gedenkgottesdienst für den Wissenschafter abzuhalten.
Beweise für das Multiversum
1983 veröffentlichte Hawking eine Arbeit, die beschrieb, wie das Universum durch einen Urknall – also eine Singularität – entstanden sein dürfte.
Seine Theorie ging außerdem davon aus, dass der Urknall von einer unendlichen Anzahl anderer Big Bangs begleitet wurde, die jeweils ein eigenes Universum begründeten. Die neue Abhandlung soll nun die Möglichkeit aufzeigen, mit der die Existenz solcher anderer Universen, die Hawking kollektiv Multiversum nannte, beobachtbar wird, weil das Mulitversum endlich sei. (Ähnliche Überlegungen zur Erkennbarkeit anderer Universen in der Hintergrundstrahlung des unsrigen hat auch schon Roger Penrose aufgestellt, der mit Hawking mehrfach zusammengearbeitet hat.)
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Hinweise in der Hintergrundstrahlung
Carlos Frenk, Kosmologe an der Universität Durham, sagte der "Sunday Times":
"Die faszinierende Idee in Hawkings Arbeit ist, dass [das Multiversum] die Hintergrundstrahlung prägt, die unser Universum durchdringt, und wir es mit einem Detektor auf einem Raumschiff messen können." Diese Ideen würden laut Frenk die atemberaubende Möglichkeit eröffnen, Beweise für die Existenz anderer Universen zu finden, was unser Wissen über unseren Platz im Kosmos grundlegend verändern würde.
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https://derstandard.at/200007644449...rliess-Aufsatz-der-neue-Universen-erschliesst
Rot und tot: Eine Galaxie hat die Arbeit eingestellt
16. März 2018, 11:53
Die Galaxie NGC 1277 ist laut einer neuen Studie seit zehn Milliarden Jahren unverändert geblieben, es kommen keine neuen Sterne nach
foto: nasa, esa, m. beasley (instituto de astrofísica de canarias), and p. kehusmaa
Blick auf die Konstellation Perseus am Nordsternhimmel, NGC 1277 ist rechts oben hervorgehoben.
La Laguna –
Etwa 240 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Perseushaufen befindet sich die linsenförmige Galaxie NGC 1277. Und wenn Leben gleich Veränderung ist, dann ist diese Galaxie tot. "Rot und tot", wie es das Goddard Space Flight Center der NASA kurz zusammenfasst.
Die Distanz ist zwar kein Katzensprung, dennoch findet man Galaxien wie diese in der Regel nur in sehr viel größerer Entfernung: Dort, wo das Hubble-Teleskop mit maximaler Auflösung ins frühe Universum zurückblickt, zeichnen sie sich als rote Punkte ab. Im Vergleich zu ihnen liegt NGC 1277, ebenfalls mit Hubble beobachtet, fast schon in der kosmischen Nachbarschaft und ermöglicht so einzigartige Einblicke in die Natur von Galaxien, deren Entwicklung zum Stillstand gekommen ist.
Erst Boom ...
Laut jüngsten Berechnungen spanischer Astronomen vom Instituto de Astrofisica de Canarias
hat NGC 1277 nur etwa ein Viertel der Größe der Milchstraße, enthält aber doppelt so viele Sterne. Und alle sind sie alt. In den frühen Abschnitten ihrer Existenz hat die Galaxie einen wahren
Boom an Sterngeburten erlebt – bis zu 1.000 Mal schneller, als heute in der Milchstraße neue Sterne entstehen.
Irgendwann ist diese hektische Tätigkeit jedoch abgerissen – und wurde nie wieder aufgenommen. Laut den Astronomen
ist die Galaxie seit etwa zehn Milliarden Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben. Als wichtiges Anzeichen dafür werten sie die Kugelsternhaufen um NGC 1277: Während massereiche Galaxien, inklusive unserer eigenen, entsprechend dem Metallgehalt sowohl blau als auch rot erscheinende Kugelsternhaufen haben, ist bei NGC 1277 alles rot.
Von Kugelsternhaufen roter Farbe nimmt man an, dass sie sich zeitgleich mit den Galaxien gebildet haben, in deren Halo sie nun liegen. Blaue gelten als Nachzügler: Sie sollen sich hinzugesellt haben, als die jeweilige Galaxie kleinere Nachbarinnen verschluckt hat bzw. mit diesen verschmolzen ist. Auch die Milchstraße ist eine solche "Kannibalin" und dürfte diese Gewohnheit auch nicht so schnell ablegen.
... dann Stillstand
NGC 1277 hat diese Möglichkeit aber nicht, und schuld daran ist laut dem Astronomen Ignacio Trujillo vor allem, dass sie sich mit rasender Geschwindigkeit bewegt. Sie zieht so schnell durch das Zentrum des Perseushaufens, dass sie keine Materie von zeitweilig benachbarten Galaxien an sich binden kann. Damit fehlt ihr das Rohmaterial, um ihrer Arbeit der Sternenproduktion nachzugehen, und sie altert ohne Chance auf Erneuerung vor sich hin. (jdo, 16. 3. 2018)
Abstract
Nature: "A single population of red globular clusters around the massive compact galaxy NGC 1277"
https://derstandard.at/2000076219319/Rot-und-tot-Eine-Galaxie-hat-die-Arbeit-eingestellt