Die Zukunft von Russlands eigenen Prozessoren
32 Kerne für Server-
CPUs, eine Videobeschleunigung für
Notebooks und sogar
SSDs: In Moskau wird die Elbrus-Plattform vorangetrieben.
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Ein Icepeak ITX mit dem aktuellen Elbrus-8SV
Auch wenn die USA bei der Entwicklung von Prozessoren dominieren, haben andere Länder längst aufgeholt: Wie weit Russland ist, zeigt der alljährliche
Elbrus Tech Day. Dabei legte das Moskauer Zentrum für Sparc-Technologie (MCST) in dieser Woche offen, an welchen CPUs gearbeitet wird - vom Laptop bis zum Server.
In den vergangenen Jahren hatte sich MCST auf Designs konzentriert, welche die Rechenleistung steigern, und eine Grafikeinheit in die Chips integriert. Künftige Prozessoren sollen schneller werden, aber auch eine Videobeschleunigung und I/O-Schnittstellen wie PCIe umfassen.
Bisher ist der
Elbrus-8SV die flotteste CPU, hier nutzt das MCST die bis dato aktuelle Gen5-VLIW-Architektur und hat DDR4-Speicher sowie 128-SIMD-Rechenwerke eingeführt. Der Chip wird im 28-nm-Verfahren produziert, konkret bei TSMC. Mit 1,5 GHz bei 80 Watt ist der Elbrus-8SV allerdings wenig energieeffizient.
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Hier setzt der seit 2020 ausgelieferte Elbrus-16S an, der mit 16-nm-Technik belichtet wird und die Kernanzahl bei 2 GHz verdoppelt. Aufgrund der Gen6-VLIW-Architektur kommen Befehle wie FMA hinzu, der L2-Cache pro Core wächst von 512 KByte auf 1 MByte an. Zudem hat die CPU acht DDR4-3200-Speicherkanäle für 4 TByte RAM und integriert 32 PCIe-Gen3-Lanes sowie Sata 6 GBit/s und USB.
Als echtes System-on-a-Chip (SoC) soll der Elbrus-16S in 2- und 4-Wege-Servern eingesetzt werden, wie schon der Elbrus-8S. Auch wenn die theoretischen Gigaflops verdreifacht wurden, fällt die effektive Performance geringer aus: Das MCST spricht von Faktor 2,2 bis 2,6 in Server-Benchmarks wie Spec-Int und Spec-FP, was angesichts der bisher prognostizierten 110 Watt auch die Effizienz drastisch verbessern würde.
| Elbrus-2S3 | Elbrus-8S | Elbrus-8SV | Elbrus-12S | Elbrus-16S | Elbrus-32S |
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Fertigung | 16 nm | 28 nm | 28 nm | 16 nm | 16 nm | 7 nm |
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Die-Size | (?) | (?) | 333 mm² | (?) | 618 mm² | ~ 600 mm² |
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Transistoren | (?) | (?) | 2,78 Mrd | (?) | ~ 12 Mrd | ~ 30 Mrd |
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Kerne | 2 (Gen6) | 8 (Gen4) | 8 (Gen5) | 8 (Gen6) | 16 (Gen6) | 32 (Gen7) |
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Takt | 2 GHz | 1,3 GHz | 1,5 GHz | 1,5 GHz | 2 GHz | (?) |
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RAM | 2x DDR4-3200 | 2x DDR3-1600 | 2x DDR4-2400 (ECC) | 2x DDR4-3200 | 8x DDR4-3200 (ECC) | 6x DDR5 (ECC) |
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TDP | 15 Watt | 70 Watt | 80 Watt | (?) | 110 Watt | (?) |
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Sonstiges | mit GPU, Video-Engine, PCIe Gen3 | erstmals L3-Cache statt nur L2 pro Kern | führte DDR4 und Gen6 ein, daher SIMD-128 | soll günstig sein und gutes PLV aufweisen | hat Hardware-Virtualisierung, ist ein SoC mit 2,5-GbE | 100-GbE, PCIe Gen5, CLX 2.0 |
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Der Nachfolger des Elbrus-16S wird der Elbrus-32S, hier soll ein 7-nm-Verfahren zum Einsatz kommen. Mit rund 600 mm² und 30 Milliarden Transistoren wäre die Gen7-CPU das bisher aufwendigste Design, zumal es sechs Kanäle für DDR5-Speicher und 64 PCIe-Gen5-Lanes aufweisen soll. Das MCST will 100-GBit/s-Ethernet und schnelleres USB integrieren, dank dem Cache-kohärenten CLX 2.0 (Compute Express Link) sollen sich auch Beschleuniger wie ASICs oder GPUs anschließen lassen.
Für Desktop-Systeme sieht das MCST den Elbrus-12S vor: Hier sind zwölf Kerne mit Gen6-VLIW-Architektur vorhanden, statt acht gibt es jedoch nur zwei Speicherkanäle. Der Fokus liegt neben der Geschwindigkeit auf einem erschwinglichen Preis, da die 16-nm-CPU beispielsweise in Büro-Rechnern eingesetzt werden soll. Der Roadmap zufolge will das MCST noch im ersten Halbjahr 2021 derartige Systeme anbieten.
Im Mobile-Bereich sollen im selben Zeitraum erste Laptops mit dem Elbrus-2S3 erscheinen, dem ersten dedizierten Notebook-SoC von MCST. In diesem 16-nm-Prozessor stecken vier Gen6-VLIW-Kerne, dazu eine
PowerVR GX6650 als Grafikeinheit. Neu ist eine Videobeschleunigung für Codecs wie H.264/H.265 und VP9 - äußerst wichtig für die Akkulaufzeit, zumal der Chip nur 10 bis 15 Watt benötigen soll. Für Peripherie sind 16 PCIe-Gen3-Lanes vorhanden, per HDMI lassen sich 4K-Displays anschließen.
SSD-Controller für 2 TByte
Passend zu den Elbrus-Prozessoren hat das MCST mit seinen Partnern auch das dazugehörige Ökosystem vorangetrieben. Dazu gehören neben Hauptplatinen für die Chips mittlerweile auch selbst entwickelte Controller für NVMe-SSDs: Der Kraftway K1942BK018 ist ein 40-nm-Design, er unterstützt PCIe Gen2 x4 und soll sich mit 4 Watt begnügen. Im Kraftway-Controller stecken zwei Cortex-R5-Kerne und ein DDR3-Cache, als HHHL-Steckkarte sollen SSDs mit bis 2 TByte Kapazität möglich sein.
Unterm Strich mögen Elbrus-Chips des MCST vergleichsweise langsam sein, selbst der ziemlich lahme
Zhaoxin KX-U6780A aus China ist schneller. Ungeachtet dessen laufen die russischen Prozessoren mit dem Linux-basierten ElbrusOS und dank Binary Translation unterstützen sie sogar x86, was Windows als Betriebssystem gestattet.
Weil die Elbrus-CPUs primär im staatlichen Umfeld eingesetzt werden, sind außerhalb Russlands kaum solche Systeme verfügbar. Mit dem
Icepeak ITX Elbrus-8SV dürfte sich das jedoch ändern, wenngleich die Platine keinesfalls günstig wird.