29.01.2005
Dreitägige Exil-Irak-Wahl hat begonnen
Beteiligung am ersten Tag bei 30 Prozent
Exil-Irakerin bei der Stimmabgabe in SydneyLink
International Organization for Immigration: Wo Exil-Iraker wählen können
Bagdad/Berlin/London/Teheran/Sydney/Wien - Rund 30 Prozent der im Ausland registrierten irakischen Wähler haben am ersten Wahltag ihre Stimme abgegeben. Wie die Internationale Organisation für Migration (IOM), die die Parlamentswahl für die Exil-Iraker in insgesamt 14 Ländern organisierte, am Samstag mitteilte, gingen am Freitag 84.429 Personen wählen.
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bezahlte EinschaltungDie höchste Beteiligung wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 49 Prozent verzeichnet, die geringste in Frankreich mit 18 Prozent. Insgesamt haben sich weltweit 280.303 Exil-Iraker für die Wahl registrieren lassen. Sie können noch bis Sonntag ihre Stimme abgeben. Im Irak selbst findet die Wahl nur am Sonntag statt.
In Australien starteten Wahlen zuerst
Mit der Stimmabgabe von Exilirakern in Australien hat am Freitag die erste freie irakische Parlamentswahl seit über 50 Jahren begonnen. Kurdische Frauen in langen, schwarzen Kleidern und Männer in farbenfrohen traditionellen Gewändern versammelten sich ab 07.00 Ortszeit vor einem zum Wahllokal umfunktionierten Möbellager in Fairfield, einem Stadtteil von Sydney, in dem zahlreiche Araber wohnen. "Ein langer Traum wird jetzt wahr", sagte der 56-jährige Karim Jari. "Wir hoffen, dass dies ein Neubeginn ist."
Wahlorganisation in Deutschland rechnet mit hoher Beteiligung
Die Organisatoren der Wahl in Deutschland rechnen mit einer hohen Beteiligung. Die Leiterin des Exil-Wahlprogramms für Deutschland, Herta Eckert, äußerte die Erwartung, dass ein Großteil der etwa 26.500 in Deutschland registrierten Wahlberechtigten eine Stimme abgeben werde. In Deutschland können auch Iraker aus anderen Ländern wie Österreich, Ungarn, Polen, Tschechien und Slowenien wählen. Hoch dürfte auch die Beteiligung in Skandinavien - vor allem in Schweden - und im Iran werden. Im Nachbarland des Irak kamen tausende Iraker am Freitag zum Wahllokal im Teheraner Basar. In Iran hatten sich fast 61.000 Auslandsiraker für die Wahlen registrieren lassen, so viele wie in keinem anderen Land. Dort leben rund 81.000 Iraker, überwiegend Schiiten, die während des Saddam-Regimes, das sunnisch dominiert war, in ihrer Heimat verfolgt worden waren.
In Großbritannien lief Wahl sehr ruhig an
In Großbritannien lief die Wahl für die dort lebenden Auslands-Iraker hingegen sehr ruhig an. Von den insgesamt 150.000 möglichen Wahlberechtigten hatten sich zuvor nur knapp 31.000 in die Wählerverzeichnisse eintragen lassen. Wahllokale gab es in London, Manchester und Glasgow. Die Abstimmung erfolgte dabei unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.
Exil-Iraker in Österreich
Exiliraker, die in Österreich leben, müssen einen weiten Weg zurücklegen, bevor sie ihre Stimme für die irakischen Wahlen vom Wochenende abgeben können. Das nächste offizielle Wahllokal befindet sich erst in München.
Laut Auskunft des österreichischen Außenministeriums wurden die Auslandswahllokale durch die "International Organization for Immigration" festgelegt. Ausschlaggebend für die Auswahl dieser Punkte war die jeweilige Anzahl der Exil-Iraker in den Ländern. Insgesamt gibt es in 14 Ländern außerhalb Iraks die Möglichkeit zur Stimmabgabe.
1.500 wählen in München
Die österreichischen Exil-Iraker haben sich organisiert - die irakische Botschaft hilft mit - und fahren gemeinsam mit Bussen und Privat-Autos von Wien und Linz nach München, erläutert Bakir Aljawahiri gegenüber derStandard.at. Der Obmann einer irakisch-österreichischen Akademiker-Vereinigung: "Insgesamt werden rund 1.500 Exil-Iraker ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen, auch wenn die Anreise etwas beschwerlich ist."
Die deutschen Wahllokale in Berlin, Köln, Mannheim und München eröffnen um 08.00 Uhr. Mehr als 26.400 Personen haben sich in Deutschland für die Wahl registrieren lassen, knapp die Hälfte der schätzungsweise 56.000 hier lebenden Iraker. In anderen Ländern lag die Quote nur bei etwa einem Viertel. Insgesamt sind in den 14 Staaten 280.000 Iraker für die Abstimmung registriert. Im Irak selbst wird nur am Sonntag gewählt.
Keine Exit Polls in der Wahlnacht
Das Ergebnis der Wahlen will die irakische Wahlkommission in frühestens sieben bis zehn Tagen bekannt geben, vorläufige Ergebnisse eventuell Anfang nächster Woche. Hochrechnungen und Prognosen auf Grund von Wählerbefragungen (exit polls) wird es in der Wahlnacht voraussichtlich nicht geben. Für viele stellt sich ohnehin weniger die Frage, wer gewinnt, sondern wie viele überhaupt mitmachen. Einflussreiche sunnitische Kleriker riefen zum Boykott des Urnengangs unter amerikanischer Besatzung auf.
Beispiellose Sicherheitsvorkehrungen im Irak
Die irakischen Behörden wollen indes den seit Monaten anhaltenden Terror mit beispiellosen Sicherheitsvorkehrungen eindämmen oder sogar stoppen. Die Grenzen sind seit Freitag geschlossen, es gelten nächtliche Ausgangssperren, am Wahltag sogar ein allgemeines Fahrverbot.
Die letzte freie Wahl im Irak fand nach Einschätzung von Experten im Jahr 1953 statt. Der Irak war damals eine konstitutionelle Monarchie. (rasch/APA/dpa/Reuters/AP)