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Sammelthread und Infothread Krieg im Irak

  • Ersteller Ersteller jugo-jebe-dugo
  • Erstellt am Erstellt am
31.01.2005


Rechnungsprüfer kritisieren US-Zivilverwaltung
Keine Belege über Verwendung von überwiesenen neun Milliarden US-Dollar: "Lieber mehr bezahlt" um Unruhen zu vermeiden
Washington - Die nach dem Krieg in Irak eingesetzte US-Zivilverwaltung kann nach Angaben von US-Rechnungsprüfern nicht belegen, was mit an irakische Behörden überwiesenen knapp neun Milliarden Dollar (sieben Milliarden Euro) geschah. In dem Zeitraum vom Juni 2003 bis zur Übergabe der Macht an eine irakische Übergangsregierung im Juni 2004 habe es keine ausreichenden Kontrollen gegeben, ob das Geld für die vorgesehenen Aufgaben eingesetzt worden sei, rügte Sonderprüfer Stuart Bowen in einem am Sonntag in Washington veröffentlichten Bericht über die Provisorische Koalitionsbehörde (CPA).

"Außergewöhnliche Umstände"

Deren ehemaliger Chef Paul Bremer wies die Vorwürfe harsch zurück. Man könne nicht einfach westliche Haushalts- und Buchhaltungsprozeduren "mitten in einem Krieg anwenden", erklärte Bremer. Auch das US-Verteidigungsministerium erklärte, bei der Rechnungsprüfung müssten "außergewöhnliche Umstände" berücksichtigt werden. "Wir stimmen nicht der Schlussfolgerung zu, dass die CPA nicht die notwendige Kontrolle ausgeübt habe", sagte Pentagon-Sprecher Bryan Whitman.

Die Rechnungsprüfer wiesen unter anderem darauf hin, dass etliche irakische Behörden wesentlich mehr Sicherheitskräfte auf ihren Lohnlisten geführt hätten, als tatsächlich nachweisbar gewesen seien. Ein Ministerium habe beispielsweise 8.206 Mann Wachpersonal geltend gemacht, nur 602 hätten aber nachgewiesen werden können. Die CPA habe dies damit begründet, man habe lieber mehr bezahlen wollen, als das Risiko einzugehen, das jemand nicht bezahlt wird und daraus Unruhe entstehen könnte. (red/APA/AP)
 
31.01.2005


Hintergrund: Die nächsten Schritte nach der Wahl
Verfassung soll im August beschlossen, und im Oktober vom Volk abgesegnet werden - Endgültige Regierung im Dezember
Bagdad - Die Wahl im Irak am Wochenende war die erste Mehrparteien-Wahl in dem Golfstaat seit fast 50 Jahren. Sie ist zugleich Wegweiser für die weitere Demokratisierung des Landes nach dem Sturz von Saddam Hussein im April 2003. Folgende politische Schritte stehen im Irak nun an:


Nach der Auszählung der Stimmen wird auf dieser Basis eine Nationalversammlung mit 275 Abgeordneten gebildet. Die Sitzverteilung regelt sich nach dem Stimmenanteil, der auf die Wahlbündnisse und Parteien entfallen ist. Allerdings können der Wahlkommission zufolge bis zur Auszählung aller Stimmen und einem offiziellen Endergebnis zehn Tage oder mehr vergehen.


Die Nationalversammlung soll dann ein Präsidium mit einem Parlamentspräsidenten und zwei Stellvertretern wählen. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit von 184 Stimmen nötig.


Das Präsidium soll dann einen Ministerpräsidenten und ein Kabinett auswählen. Es muss den Ministerpräsidenten einstimmig und binnen zwei Wochen nominieren.


Der Ministerpräsident und sein Kabinett müssen sich anschließend einer Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung stellen. Für eine Bestätigung der Regierung genügt eine einfache Mehrheit von 138 Stimmen.


Die Nationalversammlung soll dann bis zum 15. August einen Entwurf für eine neue Verfassung ausarbeiten.


Bis spätestens zum 15. Oktober sollen die Iraker in einem Referendum über den Verfassungsentwurf abstimmen.


Falls die Verfassung angenommen wird, soll am 15. Dezember ein neues Parlament gewählt und bis Jahresende eine neue Regierung bestimmt werden. Falls die Verfassung abgelehnt werden sollte, wird die Nationalversammlung aufgelöst und am 15. Dezember eine neue gewählt.

(APA/Reuters)
 
31.01.2005


265.000 Auslands-Iraker gaben ihre Stimme ab
Fast 94 Prozent Beteiligung bei registrierten Wählern

Exil-Irakerin bei der Stimmabgabe in SydneyLink
International Organization for Immigration: Wo Exil-Iraker wählen können
Genf - Bei der irakischen Parlamentswahl haben mehr als 265.000 im Ausland lebende Iraker ihre Stimme abgegeben. An dem Urnengang beteiligten sich fast 94 derjenigen Auslands-Iraker, die sich zuvor persönlich für die Wahlen hatten registrieren lassen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Montag in Genf mitteilte.

Insgesamt konnten im Exil lebende Iraker von Freitag bis Sonntag in 36 Städten in 14 Staaten in aller Welt abstimmen. Die IOM hatte zunächst auf etwa eine Million Wähler gehofft. Tatsächlich ließen sich jedoch nur 280.000 Berechtigte für den Urnengang registrieren - laut IOM etwa ein Viertel der im Ausland lebenden Iraker im wahlfähigen Alter.

Von ihnen nahmen schließlich 265.148 an der Wahl teil, also 93,6 Prozent. Laut IOM hat die Auszählung der Stimmen begonnen; das Ergebnis werde bis spätestens 5. Februar an die zentrale Wahlkommission des Irak gemeldet. (APA)
 
31.01.2005


Pressestimmen: "Überraschender Erfolg"
"Millionen Iraker erteilen Lektion in Sache Freiheit" - "Wahl zwischen Freuen- und Totentanz"
Budapest/Paris/Warschau/London/Rom/Rom/Budapest/Den Haag/ - Die Wahlen im Irak fanden am Montag naturgemäß ihren Widerhall in den Kommentaren der internationalen Tageszeitungen:


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bezahlte EinschaltungenThe Times

"Die große Frage der ersten freien Wahlen im Irak seit einem halben Jahrhundert war nicht, wer gewonnen hat, sondern wie viele Menschen gewählt haben. Die Antwort muss lauten: genug. (...) Acht Millionen Iraker haben ihr Leben riskiert, um zu wählen. Ihre Tapferkeit ist eine Lektion für alle diejenigen, die ihre Freiheiten als selbstverständlich ansehen und "kulturelle" Gründe anführen, warum andere vielleicht nicht bereit dafür seien."

The Guardian

"Nach den Wahlen richtet sich die Aufmerksamkeit nun anderen dringlichen Fragen zu. Auch wenn die Wahlen eine Art von Erfolg waren, wissen wir deshalb immer noch nicht besser, wann die US- und britischen Truppen aus dem Irak abziehen. Und wir sind der möglichen Gestalt, die verfassungsmäßigen Regelungen im Irak letztlich annehmen werden, kein Stück näher gerückt. Am Wichtigsten aber - wir haben noch keine Idee, wann der furchtbare Albtraum der Gewalt für die Menschen im Irak ein Ende haben wird."

Le Figaro

"(US-Präsident George W.) Bush gibt sich als erster Sieger dieser Wahlen im Irak, weil sie, allen Anschlägen zum Trotz, stattgefunden haben und weil die Beteiligung trotz aller Drohungen hoch war. Die Starrsinnigkeit Bushs, die zur Verstrickung in dieses unselige Abenteuer im Irak geführt hat, hat zumindest diese eine gute Seite gehabt. Er hat es gewagt, die Ratschläge derjenigen zurückzuweisen, die ihm einen Aufschub oder eine Streichung der Wahlen empfohlen hatten. Doch dieser Urnengang ist erst der Anfang eines langen Weges. Schiiten, Sunniten und Kurden müssen erst eine gemeinsame Politik entwickeln. Frankreich und die anderen Alliierten müssen nun Amerika helfen, sich aus dem irakischen Sumpf herauszuwinden".

Corriere della Sera

"Natürlich ist mit dieser Wahl nicht die Demokratie im Irak geboren. Die Wahlen sind lediglich eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für eine Demokratie. Der Prozess wird noch lang sein und gespickt mit großen Hindernissen. Der Terrorismus wird weiterhin auf furchtbare Art zuschlagen. Die Nachbarstaaten werden fortfahren, sich gegen den Irak zu verschwören.

Die Beziehungen zwischen den drei großen Bevölkerungsgruppen im Irak, Schiiten, Sunniten und Kurden, werden weiterhin bespannt bleiben. Und ganz sicherlich wird es in den kommenden Monaten und Jahren viele schwierige Schritte geben. Und es wird sicherlich auch starken Druck geben, aus dem Irak eine islamische Republik zu machen."

La Repubblica

"Wenn es in den nächsten Tagen bei der Wahlbeteiligung keine weiteren, erheblichen Korrekturen nach unten geben sollte, dann handelt es sich bei den Wahlen um eine Wende im irakischen Drama. Die verfassungsgebende Versammlung, die durch diese Abstimmung ins Leben gerufen wird, wird eine unbestreitbare Legitimität besitzen. Und ebenso legitim wird auch die Regierung sein, die wiederum von dieser Versammlung gewählt werden wird. (...)

Dies bedeutet, dass der Irak nicht mehr eine Regierungsgewalt besitzen wird, die in Wirklichkeit von der Besatzungsmacht eingesetzt ist. Für die bewaffnete Opposition, für die Guerillas, handelt es sich um eine klare Niederlage."

Die links-liberale ungarische Tageszeitung "Nepszabadsag":

"Für Bush gibt es keine schlimmere Vorstellung, als dass eine schiitische Theokratie nach iranischem Modell die Macht im Irak übernimmt. Zwar bekennt sich Sistani zu Grundsätzen aus der Zeit vor Khomeini, das heißt, er würde die Geistlichen aus der Politik heraushalten. Doch waren diese schon so tief verstrickt in das Wahlkampf-Spiel ("Wählt die Sistani-Liste"), dass es zweifelhaft ist, ob diese nun leicht im Zaum zu halten sind. Darum wird es im nächsten Krieg gehen."

"Gazeta Wyborcza" (Warschau):

"Am Sonntag kam es nicht zu dem von Bush angekündigten "großen Moment der irakischen Geschichte". Eigentlich stimmten nur die Schiiten und die Kurden ab, es gab kaum Wahlkampf und ausländische Beobachter. Die Rechtsstaatlichkeit von Parlament und Regierung, die aus solchen Wahlen hervorgehen, wird in Frage gestellt - ebenso wie die der bisherigen von den Amerikanern nominierten Institutionen und die sie unterstützenden irakischen Politiker. In der Zusammensetzung der neuen Regierung tauchen die gleichen Namen auf. Die Forderung, dass die Amerikaner den Irak verlassen, wird über die Glaubwürdigkeit der Regierung entscheiden."

"De Telegraaf" (Den Haag):

"Wenn es bei Wahlen unter so schwierigen Umständen und mit derart schweren Drohungen dennoch eine Beteiligung von 60 Prozent gibt, dann ist vorsichtiger Optimismus über den weiteren Demokratisierungsprozess angebracht. Natürlich muss noch viel geschehen im Irak. Es muss ein neues Grundgesetz geben und die zahlreichen Parteien müssen gemeinsam einen neuen Bruch zwischen Kurden, Sunniten und Schiiten verhindern. Aber mit der ersten freien Wahl ist ein großer Schritt zu einer selbstständigen, demokratischen Gesellschaft gemacht."

"Trouw" (Den Haag):

"Diese Wahlen werden nicht unmittelbar zu Stabilität führen. Nachdem die Iraker nun zeigen konnten, wie sie darüber wirklich denken, wird sich die Mordmaschine wahrscheinlich noch schneller drehen. Obendrein müssen im bevorstehenden Jahr einige feste Knoten der neuen Verfassung durchgeschlagen werden, was weitere Spannungen mit sich bringen wird.

Das nimmt nichts von dem beeindruckenden Signal, das die irakische Bevölkerung gegeben hat: Sie hat definitiv mit der Tyrannei (des gestürzten Präsidenten) Saddam gebrochen. Nachdem sie diesen Mut gezeigt hat, muss auch der Rest der Welt Standfestigkeit zeigen und darf vor der terroristischen Erpressung nicht in die Knie gehen."

The New York Times


"Diese Zeitung hat nicht gezögert, die Bush-Regierung wegen ihrer Irak-Politik zu kritisieren und wir zweifeln weiter stark an der amerikanischen Strategie. Aber heute freuen wir uns zusammen mit anderen Amerikanern - Befürwortern und Kritikern des Krieges - über den ermutigenden Fortschritt für das irakische Volk. Zumindest für den Augenblick werden die vielen politischen Fehler, die auf dem Weg zu der Abstimmung begangen wurden, von einem bemerkenswert erfolgreichen Wahltag in den Schatten gestellt. Aber sobald die Stimmen ausgezählt sind und die neue Regierung und die verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit aufnehmen, müssen diese Fehler auf den Tisch kommen - insbesondere die Ausgrenzung der Masse sunnitischer Araber und ihrer politischen Führung."

Washington Post


"Der Weg wird sicher weiter voller Fallstricke sein. Die Extremisten werden versuchen, alle zu töten die (am politischen Prozess) beteiligt sind. Damit die entstehende demokratische Regierung eine Chance hat, Fuß zu fassen, werden die US-Soldaten zu ihrem Schutz weiter kämpfen und sterben müssen. Die Wahlen werden ihre Aufgabe wahrscheinlich auf kurze Sicht nicht leichter oder den Preis nicht niedriger machen. Trotzdem haben nicht zuletzt die Amerikaner gestern einen guten Eindruck davon bekommen, für wen sie kämpfen: für Millionen von Normalbürger, die jahrelang unter einer Diktatur gelitten haben und nun sich nun nichts sehnlichster wünschen, als in einem freien und befriedeten Land zu leben."

El Pais, Madrid


"Wählerstimmen gegen Bomben. Dieses Motto haben sich die Iraker zu Eigen gemacht, die sich trotz aller Gefahren in großer Zahl an der Wahl beteiligt haben. Die Beteiligung übertraf die kühnsten Erwartungen. Es stimmt zwar, dass die Wahl nicht die Krise in ihrem Kern überwindet. Aber sie ist ein Anreiz für die Iraker, selbst eine politische Lösung für ihr Land zu finden. Nun müssen Formeln entwickelt werden, die es auch den Sunniten eine Beteiligung an den Verhandlungen über eine neue Verfassung ermöglicht. Dies ist der einzige Weg, dem gewaltsamen Widerstand ein Ende zu setzen. Die Aufständischen stützen sich größtenteils auf sunnitische Führer, die über ihren Machtverlust verbittert sind."

Süddeutsche Zeitung


"Die Wahl im Irak ist gelaufen, und sie geriet zu einer Veranstaltung zwischen Freuden- und Totentanz. Im Norden und Süden strömten die Menschen bewundernswert entschlossen zu den Wahllokalen. Doch noch vor den Stimmen werden die Leichen gezählt. Bomben in Bagdad und Basra, Angriffe und Gefechte in vielen Teilen des Landes - die Demokratie hat unter heftigem Beschuss gestanden. Die Widerständler haben dennoch ihr Ziel verfehlt, die Abstimmung unmöglich zu machen. Und diese gute Nachricht ist jedem einzelnen Iraker zu verdanken, der unter Lebensgefahr seine Stimme abgegeben hat. Die Hoffnung, dass es eine Stimme für eine bessere Zukunft war, ist jedoch stark gedämpft."

Berliner Zeitung


Der Mut zur Stimmabgabe und die überraschend hohe Wahlbeteiligung, die sich in vielen Teilen des Landes abzeichnete, demonstrieren vor allem eine Absage an die Terroristen, die diese Wahlen verhindern wollten. Sie ist aber auch Ausdruck einer großen Hoffnung auf Veränderung. Die Beteiligung an der Wahl erschien den irakischen Wählern als das einzig Sinnvolle in dieser Situation. Die Regierung in Washington, die US-Besatzungsbehörden ebenso wie die neue irakische Regierung und die religiösen Hardliner werden diesen Hoffnungen entsprechen müssen. Die irakischen Wähler, ganz gleich ob Kurden, Sunniten, Schiiten, werden künftig genau verfolgen, wie sich die von ihnen gewählten Abgeordneten im Parlament streiten, Allianzen bilden und Konflikte lösen. Sie wollen ihren Mut belohnt sehen mit Sicherheit und Arbeit, und nicht umsonst ihr Leben bei diesen Wahlen riskiert haben.

(APA/dpa)
 
31.01.2005

Mühsame Stimmenauszählung: "Listen auf dem Pferderücken nach Bagdad"
Lange Frist wegen logistischen Schwierigkeiten
Bagdad - Wenn sich die Schätzung von einer 60-prozentigen Beteiligung an den irakischen Wahlen vom Sonntag bewahrheitet, müssen rund acht Millionen Stimmzettel für die Vergabe der Sitze im Übergangsparlaments ausgezählt werden. Hinzu kommen noch einmal die gleiche Zahl von Stimmzetteln für die Wahl zu den 18 Provinzversammlungen sowie in den drei Nordprovinzen die Stimmzettel für die Wahl zum kurdischen Regionalparlament.

Die irakische Unabhängige Wahlkommission (IEC) will das vorläufige Endergebnis in sieben bis zehn Tagen bekannt geben. Vorher könnten nur Teilergebnisse veröffentlicht werden. Farid Ajar, der Sprecher der Kommission, begründete diese lange Frist mit den logistischen Schwierigkeiten in dem von Benzin- und Stromknappheit geplagten Land.

Dabei sind die Abläufe ähnlich wie in anderen demokratischen Staaten. Unmittelbar nach Schließung der Wahllokale am Sonntagnachmittag begannen die Komitees in den Wahlbezirken mit der Auszählung. Diese sollen die Ergebnisse über die örtlichen und regionalen Wahlkommissionen an die IEC melden. Dann sollen die Stimmzettel nach Bagdad geschickt und dort noch einmal unter den Augen der IEC nachgezählt werden.

"In vielen Dörfern und Regionen gibt es weder Telefon noch E-mail", beschrieb Ajar die Schwierigkeiten von Kommunikation und Transport im heutigen Irak: "Die Listen und Tabellen müssen praktisch auf dem Pferderücken nach Bagdad getragen werden." (APA/dpa)
 
31.01.2005

Bush: Wahlen besser als erwartet gelaufen
US-Außenministerin Rice lobt Tapferkeit der Iraker
Washington - Die Wahlen im Irak sind aus Sicht der US-Regierung besser gelaufen als erwartet. US-Präsident George W. Bush sei sehr erleichtert und unbeschreiblich ermutigt, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am Sonntag in Interviews mit mehreren US-Fernsehsendern. Bush habe von einem großen Tag für die Iraker gesprochen.


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bezahlte EinschaltungRice räumte ein, dass es nicht die perfekten Wahlen gewesen seien. Aber alles weise darauf hin, dass die Wahlen besser gelaufen seien, als man habe erwarten können, sagte sie. Auf dem Weg zur Demokratie gebe es immer Höhen und Tiefen. "Vor uns liegen noch viele, viele schwierige Tage", sagte sei.

Rice lobte die große Tapferkeit der Iraker, weil sie trotz der Terrordrohungen wählen gegangen seien. Die Botschaft des Wahltages sei, dass die Iraker ihr Gefühl von Angst und Einschüchterung aus der Zeit von Ex-Staatschef Saddam Hussein verloren hätten, den Aufstand niederschlagen und die Demokratisierung fortsetzen wollten.

Eine besonders gute Nachricht sei, dass die irakischen Sicherheitskräfte die Situation sehr gut unter Kontrolle gehabt hätten und die US-Truppen nur in wenigen Situationen hätten einspringen müssen, sagte Rice. Man müsse jetzt an einen Punkt kommen, an dem Iraker für Irak kämpften. Rice meinte allerdings, dass die Aufständischen wohl auch nach den Wahlen zeigen wollten, dass sie eine Kraft seien, mit der man rechnen müsse.

Die Außenministerin stellte weiterhin klar, dass es nach den Wahlen keinen raschen Abzug der US-Truppen aus dem Irak geben wird. Die Iraker sollten wissen, dass die Vereinigten Staaten den Job beenden würden, sagte Rice. (APA/dpa)
 
31.01.2005


Reportage: Kurden "begeistert für diese Wahl"
Scharfschützen, Leibesvisitationen: Strengste Sicherheitsvorkehrungen für Urnengang im Irak

Demokratisches Engagement: weiblicher Aufmarsch vor einem Wahllokal im kurdischen Erbil.
Schwer abwaschbare Tinte auf den Fingern sollte dafür sorgen, dass die Wähler nicht mehrfach die Stimme abgeben können Astrid Frefel aus Erbil
Auch in den relativ ruhigen irakischen Kurdengebieten gab es am Sonntag enorme Sicherheitsmaßnahmen, um die Wähler vor unliebsamen Überraschungen zu schützen.


***

Trotz bitterer Winterkälte herrschte schon morgens früh um sieben Uhr Hochbetrieb, als die Wahllokale in Erbil geöffnet wurden. Unter den ersten, die zu den Urnen gingen, war auch Bürgermeister Nihad Latif Koja.

Aber im Wahllokal mit der Nummer 209002, der Rizgari Koranschule im Zentrum von Erbil, hatte der Bürgermeister Pech. Sein Name schien nicht auf der Liste auf. "Die Standorte der Wahllokale wurden aus Sicherheitsgründen erst sehr spät bekannt gegeben", kommentierte er dieses Problem. Der Bürgermeister war nicht der Einzige, der davon betroffen war.

Gründlich durchsucht

Ein paar Hundert Meter weiter, konnte Koja dann schließlich doch noch seiner Bürgerspflicht nachkommen. Die beiden Leibwächter mussten ihre Waffen abgeben, und auch der Bürgermeister selbst wurde dreimal kontrolliert und von oben bis unten gründlich durchsucht. Sogar die traditionell gewickelten Kopfbedeckungen der Kurden wurden genau inspiziert.

Die Frauen konnten sich in eigens aufgestellten blickgeschützten Zelten durchsuchen lassen. Am Vorabend habe die Polizei in Erbil zwei Männer mit Sprengstoff verhaftet, begründet der Stadtvater im Gespräch mit dem STANDARD die außergewöhnlichen Sicherheitsmaßnahmen.

Obwohl die Lage in den kurdischen Gebieten des Irak relativ ruhig ist, galten auch hier die gleichen rigorosen Vorkehrungen wie im übrigen Land. Das Leben in der 900.000-Einwohner-Stadt kam völlig zum Erliegen. Außer dieser historischen Wahl gab es kaum etwas, was die Menschen noch mehr interessiert hätte. Die Wähler und Wählerinnen mussten zu Fuß an die Urnen, manche von ihnen mussten insgesamt bis zu zwei Kilometer zurücklegen. Das Fahrverbot wurde strikt eingehalten. Es gab nur wenige Ausnahmebewilligungen. Im Umkreis von 100 Metern waren die Straßen zu den Wahlbüros mit Betonblöcken abriegelt.

Die Sicherheitskräfte waren in der gesamten Stadt omnipräsent, auf den Dächern der Stimmlokale waren Scharfschützen postiert und überwachten die Szene genauestens. Sogar die Mülltonnen hatten aus dem Straßenbild verschwinden müssen, ja nicht einmal spielende Kinder wurden in der Nähe der Wahllokale geduldet.

"Wir vertrauen der Polizei. Diese Maßnahmen geben uns Sicherheit. Sie haben nichts Abschreckendes für uns", bemerkt Sherin, eine Angestellte. "Für uns Kurden ist klar: Wir gehen begeistert zur Wahl. Die Menschen erkennen, wie wichtig sie für ihre Zukunft ist", meinte Bürgermeister Koja, nachdem er je eine Liste in die schwarze, die blaue und die rote Urne geworfen und seinen Zeigefinger in die blaue Tinte getaucht hatte. Die Markierung soll dafür sorgen, dass niemand mehrmals seine Stimme abgeben kann.

Die Kurden wählten am Sonntag neben dem irakischen Parlament und den Provinzräten auch ein lokales Parlament für die föderale Region Kurdistan. Einen eigentlichen Wahlkampf hatte es allerdings auch hier nicht gegeben. Mit Einheitslisten für die Volksversammlung in Bagdad und das hundertelfköpfige Parlament in Erbil hatten die beiden großen Parteien KDP und PUK jeglichen Wettbewerb ausgeschaltet.

"Deshalb gehe ich nicht an die Urne, das ist keine Demokratie", hatte sich am Vorabend ein Ladenbesitzer in Erbil entrüstet. Nur bei der Wahl zu den Provinzräten gab es ein wenig Konkurrenz, aber auch hier waren die Kräfteverhältnisse eindeutig. Das ganze Augenmerk der Kurden galt einer hohen Wahlbeteiligung, um in der Nationalversammlung in Bagdad den größtmöglichen Einfluss zu sichern.

Unabhängigkeit

Vor dem Wahllokal hatte auch die "Kurdische Bewegung für ein Referendum" ihr Zelt aufgeschlagen. "Sind sie für den Verbleib im Irak oder ein unabhängiges Kurdistan?", lautet die Frage auf der Abstimmungskarte. Koja muss nicht lange überlegen, um zu einer Entscheidung zu kommen: Der Bürgermeister kreuzt die Unabhängigkeit an. "Ich mache von diesem Recht Gebrauch. Es gibt keinen Kurden, der nicht von einem unabhängigen Kurdistan träumt, auch wenn die politische Realität heute eine andere ist", meint er. Die Initianten der Bewegung wollen sich später mit der Forderung nach einem offiziellen Referendum über die Zukunft Kurdistans an die UNO wenden.
 
31.01.2005


Mehr als 80 Prozent der registrierten kurdischen Wähler stimmten ab
Bündnis rechnet mit 70 der 275 Mandate - UNO-Vertreter bezeichnet Wahl "insgesamt" als "Erfolg"
Bagdad - Bei der irakischen Parlamentswahl haben rund 80 Prozent der registrierten kurdischen Wähler ihre Stimme abgegeben. Das gaben Vertreter der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) am Montag bekannt. "Es sieht so aus, als sei unsere Liste die zweitstärkste des Landes", sagte PUK-Vize-Chef Noshirwan Mustafa der Nachrichtenagentur AFP. Nach Angaben eines weiterern PUK-Vertreters lag die Beteiligung bei mehr als 75 Prozent. Die Allianz aus PUK und DPK werde voraussichtlich eine der "bedeutendsten" im künftigen verfassungsgebenden Nationalrat sein. Mehr als 70 von 275 Mandaten seien möglich.

Der UNO-Vertreter in der irakischen Wahlkommission, Carlos Valenzuela, bezeichnete die Wahl am Sonntag "insgesamt" als "Erfolg". Es haben "offenbar sehr wenige logistische Probleme" gegeben, und die Wahlbeteiligung sei größer als erwartet gewesen. Mit einer abschließenden Bewertung müsse bis zum Ende der Auszählung gewartet werden. Nach offiziellen irakischen Angaben gingen zwischen 60 und 75 Prozent der registrierten Wahlberechtigten an die Urnen. Nach Angaben der Wahlkommission ist mit offiziellen Ergebnissen in sieben bis zehn Tagen zu rechnen. (APA)
 
31.01.2005


Premier Allawi: "Sieg über Terrorismus"
Nach Wahlen weltweit Appelle zur Aussöhnung - EU fordert Einbindung der Sunniten und stellt finanzielle Unterstützung in Aussicht - Auszählung der Stimmen begonnen

Wahlhelfer in Najaf beim Zählen der Stimmen. Nachlese
Wahlbeteiligung trotz Terror am Wahltag unerwartet hoch
Bagdad/Brüssel - Einen Tag nach den ersten freien Wahlen im Irak seit mehr als 50 Jahren haben Politiker weltweit die Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen an der politischen Zukunft des Landes eingefordert. Der irakische Regierungschef Iyad Allawi rief seine Landsleute am Montag zur Einheit auf; UNO-Generalsekretär Kofi Annan appellierte an die Iraker, den Weg der Versöhnung einzuschlagen. Außenministerin Ursula Plassnik (V) lobte die Entschlossenheit der Iraker zur Selbstbestimmung. Die irakische Gesellschaft sei aber immer noch "gefährlich gespalten", sagte sie mit Blick auf den Wahlboykott der sunnitischen Minderheit.

Noch am Sonntagabend begannen die Wahlhelfer mit der Auszählung der Stimmen; mit einem vorläufigen Ergebnis wird aber erst am kommenden Wochenende gerechnet. Wie der stellvertretende Chef der irakischen Wahlkommission, Hareth Mohammed Hassan, am Montag bekräftigte, übertraf die Wahlbeteiligung alle Erwartungen. Nach vorsichtigen Schätzungen hätten sich insgesamt zwischen 60 und 75 Prozent der registrierten Stimmberechtigten beteiligt. Nach Angaben internationaler Wahlbeobachter verlief die Abstimmung weitgehend korrekt. Auch mehr als 265.000 im Ausland lebende Iraker beteiligten sich an der Wahl, das sind knapp 94 Prozent jener, die sich registrieren ließen.

Urnengang von Anschlägen überschattet

Überschattet wurde der Urnengang von einer Reihe von Anschlägen, bei denen 38 Menschen starben, unter ihnen zwei US-Soldaten. Beim Absturz einer britischen Transportmaschine nordwestlich von Bagdad starben am Sonntag zehn britische Soldaten. In einer Internetbotschaft behauptete die Extremistengruppe Ansar al-Islam, sie habe die Hercules C-130 abgeschossen. Die Regierung in London bestätigte dies zunächst nicht.

Wie schon zuvor US-Präsident George W. Bush bezeichnete Allawi die Wahl als einen Sieg über den Terrorismus. Mit der Wahl habe eine neue Phase begonnen: "Alle Iraker, ob sie gewählt haben oder nicht, sollten gemeinsam an der Zukunft der Nation bauen", forderte der Ministerpräsident. Die schiitische Dawa-Partei kündigte bereits an, einige ihrer Sitze sunnitischen Politikern überlassen wird. Die Vereinigte Irakische Allianz, dem die Schiitenpartei angehört, rechnet sich 60 Prozent der insgesamt 275 Sitze im Parlament aus.

Aufruf zur nationalen Versöhnung

Politiker aus aller Welt lobten den Mut der Iraker, sich unter Lebensgefahr an der Wahl zu beteiligen, riefen aber ebenso wie Allawi zur nationalen Versöhnung auf. "Dies ist ein Zeitpunkt zur Versöhnung auf allen Seiten", sagte UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Der italienische Ministerpräsident äußerte die Hoffnung, das demokratische Beispiel des Irak könnte einigen autoritär regierten arabischen Ländern helfen, "aus dem Mittelalter herauszukommen". Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac bezeichnete den Verlauf der Wahl als "befriedigend". Selbst der russische Präsident Wladimir Putin, der die Wahl unter den Bedingungen der US-Besatzung zunächst skeptisch beurteilt hatte, sprach von einem "positiven Ergebnis".

EU-Außenminister würdigen "wichtigen und erfolgreichen Schritt"

Die EU-Außenminister haben die irakischen Parlamentswahlen vom Sonntag als "wichtigen und erfolgreichen Schritt auf dem Weg des demokratischen Übergangsprozesses im Irak" gewürdigt. In einer Erklärung des EU-Außenministerrates vom Montag in Brüssel wird vor allem hervorgehoben, dass "die große Mehrheit der Wahlberechtigten abgestimmt hat". Die Iraker hätten "Mut, Begeisterung und Entschlossenheit trotz einer schwierigen Sicherheitslage gezeigt". Die EU werde den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wiederaufbau des Landes weiter unterstützen.

200 Millionen Euro beantragt

Man müsse allen jenen applaudieren, die bei der Wahl im Irak ihre Stimme abgegeben haben, meinte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am Montag in Brüssel vor Journalisten. Zugleich bedauerte sie die Gewalt und den Verlust von Menschenleben im Zuge der Wahl. Die neue Regierung müsse bereit sein, eine Regierung für das ganze Land zu sein. Der nächste entscheidende Schritt werde es sein, eine neue Verfassung zu schreiben, erinnerte Ferrero-Waldner. Die EU sei bereit, dabei zu helfen. Außerdem seien 200 Mio. Euro beantragt, um in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Verwaltung und politische Transformation den Irak zu unterstützen.

Solana: "Wichtiger Schritt vorwärts für den Irak"

EU-Außenbeauftragter Javier Solana sprach von einem "wichtigen Schritt vorwärts für den Irak". Plassnik sagte, die Iraker hätten sich "auch durch die Einschüchterungsversuche und Drohungen der Terroristen nicht davon abhalten lassen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen". Ihr französischer Kollege Michael Barnier sagte, die Wahl sei ein erster Sieg des mutigen irakischen Volkes gewesen. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer rief die internationale Gemeinschaft auf, ungeachtet der Differenzen in der Irak-Krise gemeinsam an der Stabilisierung des Landes zu arbeiten. Die EU-Minister, die bei ihrer Sitzung in Brüssel über zusätzliche Hilfen für den Irak berieten, forderten von der neuen Regierung insbesondere eine Einbindung der Sunniten.

Die Iraker wählten am Sonntag ein verfassungsgebendes Übergangsparlament, 18 Provinzräte sowie ein Kurdenparlament. Nach der Ernennung einer Regierung muss die Nationalversammlung bis zum 15. August eine Verfassung ausarbeiten und diese bis 15. Oktober einem Referendum unterstellen. Sollten der Verfassung tatsächlich eine zwei Drittel der Iraker zustimmen, finden am 15. Dezember Parlamentswahlen statt. (APA/AP)
 
Irak: Korrupte Besatzer, die 9 Milliarden $ stahlen

Ausland
Rainer Rupp

Korrupte Besatzer

US-Rechnungsprüfer: Unter dem amerikanischen Okkupationsregime im Irak sind neun Milliarden Dollar spurlos verschwunden

Kurz vor Weihnachten war Paul Bremer, der ehemalige Chef der Besatzungsverwaltung im Irak, der »Coalition Provisional Administration«(CPA), noch von Präsident Bush für seine außerordentlichen Verdienste mit der Freiheitsmedaille ausgezeichnet worden. Jetzt stellt sich heraus, daß er in der Tat ein Mann der Superlative ist, denn er und seine CPA haben im Irak die außerordentlich große Summe von neun Milliarden US-Dollar »verloren«. Das hat der Sonder-Generalinspektor der US-Rechnungsprüfung für den »Wiederaufbau des Irak«, Stuart Bowen jr., in seinem am Sonntag in Washington veröffentlichten Bericht festgestellt. Bemerkenswert dabei ist, daß diese Gelder so gut wie ausschließlich aus irakischen Quellen stammen und nicht aus den vom US-Kongreß genehmigten Finanzquellen. Denn während für die Ausgabe der Kongreß-Gelder strikte Zuteilungs- und Registrierungsmaßgaben galten, konnte Bremer mit den irakischen Geldern umgehen wie ein mittelalterlicher Autokrat. Sofort nach der Invasion hatte die Bush-Administration damit begonnen, unter Anwendung harter diplomatischer Bandagen die Auslandsguthaben des Regimes von Saddam Hussein in Drittländern zu plündern. Auf diese Weise konnte Bremers CPA etliche Milliarden Dollar einstreichen, angeblich für Wiederaufbauzwecke. Der dickste Batzen lag jedoch immer noch bei den Vereinten Nationen auf den Konten des »Öl-für-Lebensmittel-Programms«. Dort hatten sich fast zehn Milliarden Dollar, die dem Irak gehören, angesammelt. Washington forderte die Herausgabe. Die anfangs widerstrebende UN-Verwaltung wurde dabei derart drangsaliert, daß sie nach kurzer Zeit die Milliarden auf das Konto der CPA überwies. Dennoch ließ Washington nicht locker und entfachte eine regelrechte Hetzkampagne gegen die UN-Verwalter des »Öl-für-Lebensmittel-Programmes«, denen Bestechlichkeit vorgeworfen wurde.


Seilschaften geschmiert

Insgesamt hatte die UNO im Laufe von über zehn Jahren »Öl für Lebensmittel« mehr als 100 Milliarden Dollar aus irakischer Herkunft verwaltet. Davon – so der US-Vorwurf – seien etliche Millionen verschwunden und angeblich von Saddam Hussein zur Bestechung von UN-Beamten und Politikern benutzt worden.

Dem Bericht des Sonder-Rechnungsprüfers für den »Wiederaufbau des Irak« ist nun zu verdanken, daß auch dieser Pharisäerakt der Bush-Administration klargestellt und publik wird. Die Verbrechen, die sie der UN-Verwaltung vorwerfen, haben nachweislich ihre eignen, hochgelobten Leute in unvorstellbar größerem Ausmaß verübt. So berichtet Generalinspektor Stuart Bowen jr. von Geldüberweisungen Bremers an irakische Agenturen und Ministerien, obwohl diese noch gar nicht funktionierten, womit jedoch gezielt US-freundliche Personen und Strukturen gefördert werden sollten. Die kurz vor der Auflösung der CPA von US-Medien gemeldete insgeheime Übergabe größerer Summen durch Bremer als Wahlkampfhilfe an bestimmte Parteien gehört auch dazu. Weitere CPA-Gelder sind ebenso nachweislich – vorbei an ordentlichen Ausschreibungsverfahren - direkt in den Kassen der mit Bush durch Wahlspenden am engsten befreundeten US-Konzerne gelandet. Musterbeispiel ist der ehemals von US-Vizepräsident Dick Cheney geführte Halliburton-Konzern, dem aufgrund früherer Rechnungsprüfungen wiederholt Betrug nachgewiesen wurde. Dennoch liegt Halliburton weiterhin gut im Geschäft und konnte im Jahre 2004 seine Aufträge vom Pentagon im Vergleich zu 2003 auf acht Milliarden US-Dollar verdoppeln und so auf den sechsten Platz der US-Rüstungskonzerne aufrücken.

http://www.jungewelt.de/2005/02-01/006.php
 
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