16.03.2005
Bei Wiederaufbau droht "weltgrößter Korruptionsskandal"
Transparency International fordert wirksamen Schutz vor milliardenschwerer "Geldverschwendung" - Österreichische Firma Alpine ebenfalls erwähnt - mit Grafik
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www.transparency.org
London/Berlin/Wien - Beim milliardenschweren Wiederaufbau-Programm für den Irak droht nach Einschätzung der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) der weltgrößte Korruptionsskandal. Ein großer Teil der erwarteten Gelder für den Wiederaufbau im Irak sei noch nicht ausgegeben worden. "Wenn jetzt nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, droht der Irak zum größten Korruptionsskandal aller Zeiten zu werden", heißt es in dem am Mittwoch vorgelegten Welt-Korruptions-Bericht 2005 der Organisation.
Erwähnung Österreichs
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bezahlte EinschaltungenÖsterreich wird in dem Bericht in Zusammenhang mit der Bestechungsskandal rund um den Bau des neuen Münchener Fußballstadions genannt. Der österreichische Baukonzern Alpine soll 2,58 Mio. Euro für vertrauliche Informationen über Konkurrenz-Angebote an den deutschen Fußballmanager Karl-Heinz Wildmoser bezahlt haben, die zum Sieg im Ausschreibungsverfahren führten.
Wirksamer Schutz gefordert
Die für den Wiederaufbau sowohl im Irak zugesagten Mittel müssten wirksam vor Korruption geschützt werden, forderte TI-Präsident Peter Eigen. Der aktuelle Skandal um das UNO-Programm Öl für Lebensmittel ("oil for food") zeige, wie dringend Regelungen für Interessenskonflikte und transparente Ausschreibungsverfahren seien. Auch bei den "zugesagten hohen Geldsummen für den Wiederaufbau in Asien nach der Tsunami-Katastrophe" müsse "Transparenz die Parole" sein.
Durch korrupte Vergabeprozesse bleiben den Entwicklungsländern eine minderwertige Infrastruktur und hohe Schulden zurück", sagte Eigen. Korruption im Bausektor treffe aber auch Industriestaaten. Wenn die Höhe der Bestechungsgelder wichtiger werde als die Leistung, habe dies "Pfusch und schlechtes Management" zur Folge. Somit sei Korruption nicht nur Geldverschwendung, sondern führe zum "Ruin von Staaten" und zum "Tod von Menschen", sagte der TI-Vorsitzende.
300 Milliarden Dollar jährlicher Verlust
Der Umfang der Korruption im Bausektor sei bereits durch den "immensen Gesamtumfang" der Branche von weltweit rund 3,2 Billionen Dollar (2,4 Billionen Euro) bedeutsam, heißt es in dem TI-Bericht weiter. Die Organisation schätzt die durch Korruption bei öffentlichen Aufträgen entstehenden Verluste auf etwa zehn Prozent des Vertragsvolumens, was jährlich mehr als 300 Milliarden Dollar (225 Milliarden Euro) entspreche.
Der Jahresbericht 2005 der Organisation enthält Fallstudien zu "Denkmälern der Korruption". Dazu zählt TI etwa das 2 Mrd. Dollar teure Bataan-Kraftwerk auf den Philippinen, bei dem der Bauträger Westinghouse zugab, 17 Mio. Dollar an Freunde des ehemaligen Präsidenten Marcos bezahlt zu haben. Beim Yacyretá-Wasserkraftprojekt an der Grenze zwischen Argentinien und Paraguay - Baukosten: 1,87 Mrd. Dollar - fehlt bis heute "jegliche verwaltungsrechtliche Grundlage", ähnlich wie beim Bakun-Damm in Malaysien bis heute Stromkunden für das vom Freund des örtlichen Gouverneurs errichteten Projekts gesucht werden. Aufgelistet wird aber auch der Skandal um den Bau der rund 400 Millionen Euro teuren Kölner Müllverbrennungsanlage (MVA), bei dem in den 90-er Jahren rund elf Mio. Euro Schmiergelder geflossen sein sollen.
Mindeststandards
Zusammen mit dem "Global Corruption Report" veröffentlichte TI eine Liste mit Empfehlungen zu Mindeststandards für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dazu gehörten die Verpflichtung auf einen Verhaltenskodex, aber auch das Einführen einer schwarzen Liste korrupter Unternehmen sowie harte Sanktionen. (APA)