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Kopf des Monats: Ein Kurde ist Präsident
Jalal Talabani, ein Leben zwischen Exil und Kampf
von Gudrun Harrer
Es war ein großer Tag für die Kurden, für den Irak, aber auch für die Geschichte der arabischen Nationalstaaten: Am Mittwoch wurde der Kurde Jalal Talabani von der irakischen Nationalversammlung zum irakischen Präsidenten gewählt. Er ist Interimspräsident, und er ist Teil eines neu kreierten Proporzsystems, das den Kurden diesen Posten zugesteht - das schmälert jedoch nicht die Wichtigkeit dieses Ereignisses für die irakische Integration, ohne die es keine Zukunft für den Irak in seiner jetzigen Form geben kann.
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bezahlte EinschaltungenTalabani ist somit Präsident des Landes, als dessen größter Feind ihn das Regime von Saddam Hussein immer dargestellt hat. Der 1933 geborene charismatische Kurdenführer hatte sich bereits ab 1947, an der Seite von Mullah Mustafa Barzani und dessen Kurdischer Demokratischer Partei (KDP), in der Kurdenpolitik betätigt, ab 1961 im militärischen Kampf gegen die immer repressiver werdende Zentralmacht in Bagdad, wo 1968 endgültig die Baath-Partei das Ruder übernahm. Später, nach dem Bruch mit der KDP, gründete er 1975 in Westberlin seine Patriotische Union Kurdistans (PUK).
Das damalige Zerwürfnis hatte langfristige unselige Folgen, die noch Mitte der 90er-Jahre zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen führten, in deren Verlauf Barzani sogar einmal die Truppen Saddams zu Hilfe rief. 1998 wurde der Konflikt formell beendet, aber erst ab 2002, vor dem Irakkrieg, fand man zu echter Kooperation. Die jetzige Teilung der Macht - Talabani an der Staatsspitze, Masoud Barzani (der Sohn von Mullah Mustafa) an der Spitze der kurdischen Regionalregierung - ist also auch die Zementierung einer innerkurdischen Versöhnung. Der geballten schiitischen Macht im Lande können die Kurden nur geeint politisch etwas entgegenhalten.
Talabani, ein in Bagdad ausgebildeter Jurist, hat den Großteil seines Lebens zwischen Exil und Kampf verbracht - dessen schlimmster Moment wohl der Giftgasangriff des irakischen Regimes auf die kurdische Kleinstadt Halabja im Jahr 1988 war, wie überhaupt die Kurden, während des Irak-Iran-Kriegs teilweise auf iranischer Seite, zu dieser Zeit einer beinahe genozidialen Wut Saddam Husseins ausgesetzt waren. Das internationale Interesse an ihrem Leiden hielt sich damals in Grenzen - die freie Welt bevorzugte den säkularen Diktator des Irak gegenüber dem neuen islamistischem Regime im Iran.
Eine Wende für die Kurden kam durch den irakischen Überfall auf Kuwait 1990: Der von Saddam verlorene Krieg brachte es mit sich, dass der Zugriff Bagdads auf die Kurdengebiete beendet wurde. Sie konnten dadurch eine völlig eigene, freiere Entwicklung nehmen, von der man sich wünschen würde, dass sie für den Irak exemplarisch ist.
Jalal Talabani, ein Leben zwischen Exil und Kampf
von Gudrun Harrer
Es war ein großer Tag für die Kurden, für den Irak, aber auch für die Geschichte der arabischen Nationalstaaten: Am Mittwoch wurde der Kurde Jalal Talabani von der irakischen Nationalversammlung zum irakischen Präsidenten gewählt. Er ist Interimspräsident, und er ist Teil eines neu kreierten Proporzsystems, das den Kurden diesen Posten zugesteht - das schmälert jedoch nicht die Wichtigkeit dieses Ereignisses für die irakische Integration, ohne die es keine Zukunft für den Irak in seiner jetzigen Form geben kann.
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bezahlte EinschaltungenTalabani ist somit Präsident des Landes, als dessen größter Feind ihn das Regime von Saddam Hussein immer dargestellt hat. Der 1933 geborene charismatische Kurdenführer hatte sich bereits ab 1947, an der Seite von Mullah Mustafa Barzani und dessen Kurdischer Demokratischer Partei (KDP), in der Kurdenpolitik betätigt, ab 1961 im militärischen Kampf gegen die immer repressiver werdende Zentralmacht in Bagdad, wo 1968 endgültig die Baath-Partei das Ruder übernahm. Später, nach dem Bruch mit der KDP, gründete er 1975 in Westberlin seine Patriotische Union Kurdistans (PUK).
Das damalige Zerwürfnis hatte langfristige unselige Folgen, die noch Mitte der 90er-Jahre zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen führten, in deren Verlauf Barzani sogar einmal die Truppen Saddams zu Hilfe rief. 1998 wurde der Konflikt formell beendet, aber erst ab 2002, vor dem Irakkrieg, fand man zu echter Kooperation. Die jetzige Teilung der Macht - Talabani an der Staatsspitze, Masoud Barzani (der Sohn von Mullah Mustafa) an der Spitze der kurdischen Regionalregierung - ist also auch die Zementierung einer innerkurdischen Versöhnung. Der geballten schiitischen Macht im Lande können die Kurden nur geeint politisch etwas entgegenhalten.
Talabani, ein in Bagdad ausgebildeter Jurist, hat den Großteil seines Lebens zwischen Exil und Kampf verbracht - dessen schlimmster Moment wohl der Giftgasangriff des irakischen Regimes auf die kurdische Kleinstadt Halabja im Jahr 1988 war, wie überhaupt die Kurden, während des Irak-Iran-Kriegs teilweise auf iranischer Seite, zu dieser Zeit einer beinahe genozidialen Wut Saddam Husseins ausgesetzt waren. Das internationale Interesse an ihrem Leiden hielt sich damals in Grenzen - die freie Welt bevorzugte den säkularen Diktator des Irak gegenüber dem neuen islamistischem Regime im Iran.
Eine Wende für die Kurden kam durch den irakischen Überfall auf Kuwait 1990: Der von Saddam verlorene Krieg brachte es mit sich, dass der Zugriff Bagdads auf die Kurdengebiete beendet wurde. Sie konnten dadurch eine völlig eigene, freiere Entwicklung nehmen, von der man sich wünschen würde, dass sie für den Irak exemplarisch ist.