12.05.2005
UNO: Irak verstärkt Drogen-Transitland
UN-Suchtmittelkontrollrat: In jüngster Zeit große Mengen Suchtgift an Grenzen zu Jordanien beschlagnahmt - Instabilität begünstigt Drogenhandel
Wien - Der Internationale Suchtmittelkontrollrat der Vereinten Nationen (INCB) warnt davor, dass der Irak immer stärker zu einem Transitland für Drogen werden könnte. Auf dem Weg von Afghanistan seien in der jüngsten Zeit große Mengen an Drogen an der Grenze zwischen dem Irak und dem Königreich Jordanien beschlagnahmt worden, sagte INCB-Präsident Hamid Ghodse am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
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bezahlte EinschaltungenGhodse führte einen Fall an, wo drei Millionen Captagon-Pillen, die ähnlich stimulierend wie Amphetamine wirken, an der irakisch-jordanischen Grenze sichergestellt wurden. Auch Heroin und andere auf Opiate basierende Substanzen würden über den Irak und andere Golfstaaten weltweit verbreitet.
Angaben darüber, wie groß die Mengen an Suchtmitteln sind, die durch den Irak gehen, konnte Ghodse nicht machen. "Es gibt aber ausreichend Hinweise, um alarmiert zu sein." Der INCB-Präsident rief die internationale Gemeinschaft auf, den Irak bei der Drogenbekämpfung technisch und bezüglich der Ausbildung von Sicherheitspersonal und Zollbeamten zu unterstützen. "Der politische Wille dafür (in Bagdad) ist da", so Ghodse.
Instabilität begünstigt Drogenhandel
Die politische und wirtschaftliche Instabilität des Irak, der Zerfall der irakischen Drogenkontrollstrukturen sowie die Situation an den Grenzen begünstigen laut UN-Suchtmittelkontrollrat den Handel mit Suchtmitteln in dem Land. "Das Muster ist ähnlich dem, das wir in anderen Staaten nach Konflikten gesehen haben. Ohne das Drogenproblem anzugehen, wird es keinen Frieden und keine Sicherheit im Irak geben", sagte INCB-Präsident Ghodse. Kriminelle, Terroristen und Drogenhändler würden einander in die Hände arbeiten.
Der Irak sei Transitland und Logistikzentrum, zu einem Ort der Drogenproduktion hat er sich gemäß den INCB-Informationen bisher aber nicht entwickelt. Zahlreiche Verhaftungen mutmaßlicher Dealer in letzter Zeit ließen aber sehr wohl darauf schließen, dass der Drogenkonsum im Land steige. Die Dealer würden sich unter anderem als Pilger tarnen und in Heiligen Städten ihre Ware an den Mann bringen.
"Afghanistan bleibt ganz oben auf unserer Tagesordnung", stellte Ghodse fest. Aus dem Drogen-Ursprungsland stammen ihm zufolge zwischen 80 und 90 Prozent des in Europa angebotenen Heroins, das über Zentralasien, den Iran und den Staaten am Persischen Gof schließlich nach Europa und Amerika gebracht wird. Zum Anbau von Schlafmohn komme die enorme Cannabis-Produktion.
100.000 Afghanen seien drogenabhängig, sagte Ghodse, und auch auf die Nachbarstaaten habe der Konsum illegaler Drogen übergegriffen. "Es ist Besorgnis erregend zu sehen, wie ein Land schädigend auf so viele andere einwirken kann", erklärte der INCB-Präsident am vorletzten Tag der 83. Sitzung des Gremiums.
Drogen via Internet
Weiterer Dorn im Auge des Internationalen Suchtmittelkontrollrates ist der Vertrieb von Drogen via Internet. Dabei werden unerlaubte Substanzen online bestellt und mit der Post weltweit kreuz und quer versandt. Im vorigen November seien 350.000 in Päckchen zum Postversand abgepackte Tabletten in Thailand sichergestellt worden. "Ich könnte eine Vielzahl ähnlicher Fälle aufzählen", sagte Ghodse. (APA)