Der Begriff Scharia bezeichnet das islamische Recht; es enthält die Gesamtheit der Gesetze, die in einer islamischen Gesellschaft zu beachten und erfüllen sind. Dabei ist die Scharia keine fixierte Gesetzessammlung (wie etwa deutsche Gesetzestexte im Bürgerlichen Gesetzbuch oder im Strafgesetzbuch), sondern eine Methode und Methodologie der Rechtsschöpfung.[SUP]
[2][/SUP] Das islamische Gesetz regelt sowohl die kultischen und rituellen Vorschriften
العبادات /
al-ʿibādāt /‚gottesdienstliche Handlungen‘ des Menschen
als auch seine Beziehungen zu seinen Mitmenschen al-muʿāmalāt /
المعاملات /‚gegenseitige Beziehungen‘. Das Gesetz achtet darauf, dass die religiösen Verpflichtungen des Einzelnen gegenüber Gott erfüllt werden
und alle Beziehungen des Einzelnen zu seinen Mitmenschen – Vermögensrecht, Familien- und Erbrecht, Strafrecht unter anderem – stets diesem Gesetz entsprechen. Um Glaubensfragen im engeren Sinne kümmert sich die Scharia nicht.
Der Mensch hat das islamische Recht mit seinen Bestimmungen und Widersprüchen kritiklos zu akzeptieren. Das Forschen nach der Bedeutung und inneren Logik der göttlichen Gesetze ist nur zulässig, soweit Gott selbst den Weg dazu weist. Somit ist die religiöse Wertung aller Lebensverhältnisse die Grundtendenz der Scharia.