Hast du mich ernsthaft gerade einen "Stricher" genannt? Ich weiß nicht, ob du dich dabei clever findest oder eventuell glaubst mich dadurch zu beleidigen oder aus der Reserve locken zu können. Ich dachte ich hätte bereits angemerkt, dass verbale Gewalt dir in einer Diskussion mit mir nicht weiter hilft, sondern nur kognitive Argumentation und Analyse. Allerdings verstehe ich zum Teil deine Frustration, da es hier offenbar allgemein recht ruppig zugeht. Ich finde es beispielsweise auch eine Frechheit, dass du und andere "Mischlinge" genannt werdet. In dieser Hinsicht sehe ich deine Rundumschläge als Verteidigungsmechanismus und kann sie wenigstens ein bisschen nachvollziehen. Was natürlich deine eigenen Beleidigungen mir gegenüber nicht entschuldigt; ich habe weder vergessen, dass du meintest ich hätte mir nur ein wenig etwas über das Thema angelesen und "hole mir einen runter", noch werde ich die Bezeichnung Stricher vergessen bis du dich nicht ernsthaft dafür entschuldigt hast. Du weißt de facto nichts über mich.
ich werde dir antworten. Mut brauch ich dabei nicht, nur gesunden Menschenverstand und etwas Geschichtswissen und ein sozial-ökonomisches Verständnis.
Du kündigst an, dass du mir antworten wirst bevor du es tust? Du musst dich ja für sehr wichtig halten... zu deinem gesunden Menschenverstand, Geschichtswissen und sozio-ökonomischen Verständnis werde ich mir mein Urteil noch aufsparen. Und ich muss dir widersprechen, es gehört sehr viel Mut dazu seine eigenen Fehler einzusehen und sich an die Arbeit zu machen diese Fehler zu verbessern.
Bevor ich vorhin anfing , dir zu antworten, laß ich mir nochmal die Posts durch und ich stellte fest, ich hatte dir konkret und ausführlich auf deine Punkte geantwortet und ich bin sehr direkt auf deinen Inhalt eingegangen. Ich habe also schon alles gesagt und deine widersprüchlichen Aussagen aufgedeckt. Du drehst dich leider im Kreis und du wirst unkonkret, denn es ging niemals um ein Argument, "Ich habe in Jugoslawien gelebt und du nicht und weiß deswegen besser wie Jugoslawien war" . Du meinst , Babyblue`s Eingangspost sei viel zu pathetisch, dann meinst du , ich hätte Schwierigkeiten emotionslos zu diskutieren. Tut mir leid aber Jugo`s können nicht emotionslos diskutieren oder Texte verfassen. Das wissen sogar Genscher, Sharping, Schröder und Fischer!
Und ich habe immer mehr Schwierigkeiten dich ernst zu nehmen.
Jeder kann emotionslos diskutieren, wenn er oder sie sich ein wenig Mühe gibt. Die Behauptung, dass "Jugos" das nicht könnten ist eine sehr schwache Verteidigung und vermittelt einen Determinismus des Individuums anhand seines kulturellen Hintergrundes. Was kompletter Unsinn ist.
Und dann das, "In den Sozialwissenschaften ist eine der ersten Sachen die man lernt, dass man durch die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft oder Gemeinschaft NICHT mehr über die Mechanismen und die Funktion der Gesellschaft selbst weiß."
Du meintest, ich hätte eine lächerliche Aussage getätigt, dabei war ich derjenige , der dir den Spiegel vorgehalten hat und nicht du mir. Ich hatte dich in meinem ersten Post schon ganz gut dafür kritisiert, denn, du sagst einfach mal nix aus! Während andere User hier im Forum über genau die Dinge diskutieren, schreibst du in deinem ersten Post hier im BF, "In den Sozialwissenschaften.....blablabla..." Und dann liest man weiter und denkt, boahr da kommt aber jetz bestimmt was, da wird jetzt einer rausgehauen. Und dann, kommt da einfach nichts! Dann kommen deine "Götter". Ja richtig gesehen, stehen auch in Anführungszeichen doa! Ich hatte gedacht , da kommt jetzt eine historische sozioökonomische politische Analyse und Aufarbeitung aber nein. Da kamen dann nur die Professoren aus Belgrad und dein Indiz, na dann muss ja YU übelst krass autoritär und ne böse Diktatur gewesen sein.^^
Es würde wie bereits gesagt den Rahmen eines Forums sprengen und tatsächlich zum "blablabla" werden, wenn ich anfangen würde Lehrveranstaltungen aus dem zweiten/dritten Semester der Politikwissenschaft oder Soziologie hier auszubreiten. Dafür bin ich nicht zuständig und falls du dich informieren willst, steht dir der Gang zur Universität zu. Nur kann ich leider nicht für dich lernen.
Du unterschätzt meiner Meinung nach das Beispiel mit den Professoren und seine Signifikanz. In freien Staaten gibt es aus gutem Grund eine Gewaltenteilung, damit nicht zuviel Macht in die Hände einer einzigen Struktur gerät. Das würde -wie bereits angemerkt- nur dazu führen, dass diese Struktur versucht ihren Machtbereich auszuweiten, was wiederum dazu führt, dass diese Macht anderen weg genommen wird. Nun sagst du vielleicht, dass dir das nicht konkret genug ist, dem kann ich leicht Abhilfe verschaffen: ersetze einfach das Wort "Struktur" mit dem Wort "Partei" und beziehe es auf die SFRJ.
Ich weiß nicht wie gut du dich mit Exekutivbefugnissen auskennst, aber üblicherweise darf sich in modernen, freien Staaten die staatliche Politik nicht in die universitäre Politik einmischen. Beispielsweise hat die Exekutive (konkret: Polizei) nicht die Befugnis ein Universitätscampus zu betreten bevor dies vom Rektorat genehmigt wurde. Wenn du das damit vergleichst, dass sich die Kommunisten in der SFRJ direkt in die Besetzung der Professuren eingemischt haben und einige der Assistenten sogar im Gefängnis landeten, sollte dir relativ schnell klar werden, dass dies alles andere als eine Kleinigkeit war. Es ging dabei nicht um wissenschaftliche Exzellenz, sondern um die Durchsetzung einer bestimmten Ideologie unabhängig von deren Wahrheitsgehalt. Nochmals, das ist keine Kleinigkeit!
Ok, ich mach die Türe jetz mal weiter auf. Es ist lächerlich von dir und schon wieder herablassend, dass du mir einen Vorwurf daraus machst, ich hätte Schwierigkeiten wissenschaftlich zu diskutieren. Wenn ich mir deine Posts durchlese, stelle ich fest, dass du Worte gut bedienen kannst aber alles andere als eine wissenschaftliche Diskussion führst. Du führst es nur vor.
Es tut mir leid, nachdem du mich einen Stricher genannt hast, der sich einen runterholt solltest du merken, dass du ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem hast mir einen unwissenschaftlichen Diskussionsstil vorzuwerfen. Die Dekonstruktion deiner Argumentation hast du übrigens selbst zu verantworten, ich habe dir weder Worte in den Mund gelegt noch dich dazu gezwungen so niveaulos zu sein.
Im Gegensatz zu deinem leeren Inhalt über YU, ist Babyblue`s Eingangspost einfach gut, gerade weil er nicht emotionslos ist und er ist auch authentisch und konkret, deswegen ist er richtig gut. Einige , wie auch ich, teilen ihre Meinung und für uns lässt sich ein Wahrheitsgehalt greifen und es spiegelt sich ein Erkenntniswert wieder. Warum? Nicht nur weil wir Geschichtsbücher und Sozialwissenschaften studiert haben, sondern, weil einige von uns Familien haben, die YU wirklich erlebt haben und zwar über Generationen hinweg und einige von uns haben YU , auch wenn wir etwas jünger waren, noch selbst erlebt. Und wir wissen genau wie es ist, wenn Menschen zu nah an die Schaltstellen der Macht kommen. Und deswegen wissen wir auch über die Funktionen und Mechanismen der Gesellschaften bescheid, eben auch über das "Thema" YU hinaus. Jetzt geht es eben um dieses Argument, nicht um das "ähnliche", sondern um dieses!
Es ist dein gutes Recht emotional zu sein. Ich möchte dich nur darüber informieren, dass etwas nicht weniger authentisch wird nur weil es nicht emotional ist. Du wirst mir hoffentlich auch zustimmen, dass eine gefühllose Analyse einer emotionalen Analyse
immer überlegen ist was die Lösung eines Problems angeht. Emotional werden diejenigen, die ein Problem nicht lösen möchten, sondern darüber lamentieren wie schlimm es ist, mit einer Prise Selbstmitleid und dem dazugehörigen Pathos. Das passt schön auf Pamphlete, nicht allerdings zu einer kritischen, ehrlichen Auseinandersetzung mit einem Problem.
Aber falls es bei dir um eine Diskursanalyse geht, da bin ich ganz bei dir und ich denke, ich teile auch in gewisser Weise deine Sicht auf Machterhalt und Machterweiterung, als eine der häufigsten Mechanismen in Strukturen, die auf Macht aufgebaut sind.
Ich will jetzt nicht elitär wirken aber ich habe Hannah Arendt gelesen.^^
Arendt macht dich nicht elitär, warum auch. Und mit Diskursanalyse meinte ich zwei Diskurse:
einerseits den geisteswissenschaftlichen Diskurs von jugoslawischen Professoren in Jugoslawien über Jugoslawien. Dieser Diskurs wurde damals -wie anhand meines Beipieles ersichtlich- von der Partei eingeschränkt bzw. zerstört.
andererseits den Diskurs hier im Forum und die Unart einiger User -dich zähle ich hier dazu- sich selbst die Deutungshoheit über jugoslawische Themen zuzusprechen, weil ihr in Jugoslawien gelebt habt. Diese Ansicht habe ich in meinem ersten Beitrag auch angeprangert und relativ klar ausgedrückt, dass es schlichtweg falsch ist und es keinen Zusammenhang dazwischen gibt in Jugoslawien gelebt zu haben und sich mit Jugoslawien auszukennen.
Darauf -den Hauptpunkt meines allerersten Beitrages- bist du beispielsweise immernoch nicht eingegangen, obwohl du angeblich sehr konkret auf meine Dinge geantwortet hast. Stattdessen kam ein fast kindliches "du bist selber herablassend", was offenbar eines der Hauptmotive in deiner Argumentationskultur darstellt. Wenn etwas an dir kritisiert wird, gehst du zum Angriff über und beschuldigst andere mit ebenjenem kindlichen "selber, selber". Diese rethorische Glanzleistung zieht bei mir übrigens etwa seit dem 12-ten Lebensjahr nicht mehr, du wirst dir bei der Verteidigung deiner Aussage also etwas anderes überlegen müssen.
Wenn du schreibst,
"Meine einzige Aussage bzgl. des jugoslawischen Totalitarismus war die Nennung von Goli Otok als Indiz dafür."
Und weiterführend schreibst, " Als erstes müssen jedoch einige grundsätzliche Dinge geklärt werden: zum Beispiel die Frage, ob der Titoismus ein totalitäres System war. Das ist eine sehr ernste Frage, da es offensichtliche Indizien dafür gibt, aber auch Bestrebungen hin zu größerer individueller Freiheit, wie an der Blüte der Kunst im späteren Jugoslawien ersichtlich ist."
Dann würde ich doch auch sehr gern klären wollen, ob nun YU ein totalitäres System war oder nicht.
Dann sind wir ja schon einen Schritt weiter. Ich nehme an du bist der Meinung, dass die SFRJ kein totalitäres System war. Ich habe die sehr einfache Frage wie du dir in diesem Fall das Gulag von Goli Otok erklärst, das ja nachweislich nicht nur tatsächliche Feinde Jugoslawiens "beherbergte", sondern zum Teil auch politische Dissidenten. Wenn ich normalerweise Staaten daraufhin beurteile, ob sie totalitär waren oder nicht und bei der Analyse auf Arbeitslager stoße, ist meine Antwort eine relativ eindeutiges Ja. Inwiefern glaubst du, dass wir in dieser Hinsicht für Jugoslawien eine Ausnahme machen sollten?
Weiters, ich habe dir bezüglich der Freiheit das banale Beispiel mit "Tito je peder, terorist etc." genannt und habe dich gebeten es mit der heutigen Freiheit zu vergleichen. Da werden Milanovic und Vucic in Kroatien respektive Serbien von Menschen öffentlich so genannt und weder wird jemand interniert noch für Monate verhört. Für dich mag das eine Kleinigkeit darstellen, das Gefühl der Freiheit ist allerdings subjektiv und die freie Meinungsäußerung gehört dazu. Du kennst beispielsweise sicher auch den in Jugoslawien recht üblichen Ausdruck: "Pass auf was du sagst, die Wände haben Ohren."
Wenn du da keine gewaltige Verbesserung heute im Vergleich zur SFRJ siehst bin ich am Ende mit meinem Latein, da wir dann offenbar nicht in derselben Realität leben.
By the way, bezügl. des stalinistischen Systems, es hatte schon seine Gründe, weshalb es den Bruch mit Stalin gab und warum YU ein Blockfreier Staat, eine föderative Republik sein wollte.
Das ist mir klar. Bloß bin ich eher skeptisch, wenn jemand meint der Bruch wäre aus rein humanistischen Gründen geschehen. Da hat die (kluge) Realpolitik Titos eine viel größere Rolle gespielt, wir erinnern uns hier wieder an die inhärente Eigenschaft von Machtstrukturen ihre eigene Macht erhalten zu wollen. Die beste Art und Weise für die Partei in der SFRJ ihre Macht zu erhalten war die Blockfreiheit. Das ist aber reine Spekulation, da wir zwar die Zwänge der jugoslawischen Machthaber kennen, nicht aber ihre wahren Antriebe.
Politische Ansprüche und einen eigenen Lebensstil miteinander zu verbinden, das haben die Jugos geschafft. Auch haben sie es geschafft, eine funktionierende Ökonomie in Gang zu setzen. Davor haben sie sich aber erstmal vom Faschismus befreien müssen. Man darf nicht ausblenden, was davor lag, vor der Entstehung Jugoslawiens, man darf nicht leugnen das es am Anfang autoritäre Strömungen gab und das es politisch Inhaftierte gab. Man darf aber auch nicht leugnen , das es eine Generalamnestie gab und einen Wandel und eine freie Gesellschaft. So wie es diese Gesellschaft auch in Deutschland , in Österreich, in der Schweiz , in Belgien, in Holland, Italien und sonstwo gab. Die Länder , die ich aufgezählt habe, aus diesen Ländern kamen die meisten Touristen und sie kamen jedes Jahr wieder.
Siehst du, meiner Meinung nach liegst du hier falsch. In meinen Augen haben die Kommunisten Jugoslawien nicht vom Faschismus befreit. Stattdessen sehe ich es so, dass der Faschismus den Systemkampf auf der ganzen Welt verloren hatte (nach dem zweiten WK) und kein Staat der Welt mehr die Möglichkeit hatte faschistisch zu sein, selbst wenn die Bevölkerung es gewollt hätte. Es ist eine der üblichen kommunistischen Fehleinschätzungen, dass der Kommunismus selbst die Welt vor dem Faschismus schützt oder befreit hat. Der Faschismus wurde in blutigen Kriegen von all seinen Feinden besiegt, da sich der Faschismus im Prinzip gegen alle richtete. Dass der Kommunismus hier den Sieg hauptsächlich für sich reklamiert ist historisch inkorrekt und recht leicht als Propaganda durchschaubar.
Gerade die SFRJ ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel, da in diesem Fall aus dem Kommunismus ein Nationalismus oder gar Nationalfaschismus in den SFRJ Nachfolgestaaten erwuchs. Kommunismus schützt nicht mehr vor dem Faschismus als es der Royalismus oder der Kapitalismus tut, da kein einziger Herrscher bereit ist seine Macht abzugeben... egal in welchem System er/sie gerade herrscht.
Kultur, Kunst, Musik, Literatur etc. auch ein interessantes Thema auf das man näher eingehen könnte.
Wirklich ein sehr interessantes Thema, vor allem hinsichtlich der heutigen nationalistischen Reklamationen von Künstlern (z.b. Dodiks Andricgrad oder der "Anspruch" auf Tesla). Wenn selbst ausgewiesene Jugoslawen heutzutage von Nationalisten vereinnahmt werden, muss man sich die Frage stellen, ob die Menschen in den heutigen Nachfolgestaaten die Brille ihrer nationalen Verblendung überhaupt noch abnehmen können oder es noch eine weitere Generation dauern wird. Die jugoslawische Grundidee mag in der Hinsicht sogar progressiv gewesen sein, hat aber auch seine typisch kommunistischen Schattenseiten in der Zensur. Das Problem der Zensur ist in diesem Falle die von der Bevölkerung gefühlte Unterdrückung ihrer nationalen Identitäten und die darauf folgende Radikalisierung. In dieser Hinsicht muss ich sagen, dass vor allem die albanische Bevölkerung tatsächlich gelitten hat, während in Serbien, Slowenien oder Kroatien meiner Meinung nach nur ein künstlich-nationalistische Narrativ erschaffen wurde. Die Unterdrückung, die es gab war die übliche Unterdrückung von nationalen Antrieben in kommunistischen System, hinsichtlich dessen ist der selbstmitleidige Narrativ vor allem von serbischen und kroatischen Nationalisten wohl überzogen.