
Vom Fanatismus zur Fassungslosigkeit – Trisha Hopes Bruch mit Trump
Trisha Hope war nie eine Randfigur. In der Welt des Trumpismus gehört sie zu den Lauten: selbsternannte Nationaldelegierte aus Texas, Daueraktivistin, Chronistin und Cheerleaderin in Personalunion. Ihre Buchreihe „Just the Tweets“ machte sie zur Kuratorin des Trump-Kosmos – Seite um Seite ein Archiv der Anbetung. Sie reiste, warb, sammelte Spenden, organisierte, verteidigte. Fanatisch ist kein hartes Wort für jemanden, der drei Wahlkämpfe lang alles gab und daraus ein persönliches Projekt machte. Und dann, wie wir jetzt erfahren haben, Anfang Juli, der Bruch in einem einzigen Ausruf: „Ich habe diesen Mann drei Mal gewählt, ich habe für ihn Wahlkampf gemacht, ich habe mir den Arsch aufgerissen, und ich habe das Gefühl, dass ich ihn überhaupt nicht wiedererkenne. Das ist widerlich!“ Ein Schrei aus dem Inneren der Bewegung, kein Zuruf von außen. Wer die Loyalitätsökonomie des Trump-Milieus kennt, spürt in diesem Satz die tektonische Verschiebung: Nicht der Gegner zweifelt, sondern die Gläubige. Die Antworten darunter lesen sich wie eine Momentaufnahme amerikanischer Gegenwart. Da sind die Treuen, die ebenfalls taumeln und den Augenblick als Schlag in die Magengrube beschreiben. Da sind die Spötter, die ihr nüchtern vorrechnen, dass man sich über Tausende Lügen, Beleidigungen und Eskapaden nicht erst im dritten Anlauf wundern kann: „Du hast ihn drei Mal gewählt. Aber dies ist dein Bruchpunkt?“ Da sind die Entzauberten, die ihr zuraunen, man habe doch seit Jahren sehen können, wie aus Charisma Kulte werden und aus Kampagnen Kassen. Und natürlich sind da die, die den Schmerz sofort in Verschwörungsbrei rühren – plötzlich geht es wieder um Israel, um Schattenmächte, um die alten Ausweichbahnhöfe der radikalisierten Welterklärung.
Bemerkenswert ist weniger die Zuspitzung als die Nüchternheit, die in vielen Repliken mitschwingt. Man liest den lakonischen Ton derer, die nicht triumphieren, sondern protokollieren: Es lag immer vor dir. Der Kultführer hat nie versucht, es zu verbergen. Frauenfeindliche Sprüche waren kein Betriebsunfall, sondern Dauerprogramm. Die skrupellose Selbstinszenierung – von der Bühne bis ins Familienalbum – war nie subkutan, sondern grell ausgeleuchtet. Selbst die groteske Höflichkeitsadresse an Ghislaine Maxwell im Gefängnis war öffentlich, nicht hinter vorgehaltener Hand. Der Schock, den Trisha Hope nun formuliert, sagt deshalb weniger über ihn als über die Mechanik von Glauben, Zugehörigkeit und Selbstschutz aus. Loyalität ist dort nicht Meinung, sondern Identität – und Identität hat die längste Halbwertszeit in der Politik. Gerade darum ist dieser Tweet so aufschlussreich. Er ist kein politischer Positionswechsel, sondern ein biografischer Riss. Aus dem „Wir“ der Bewegung wird für einen Moment ein „Ich“, das sich nicht mehr wiedererkennt. Und doch wirkt die Szene, als stünde hinter dem Vorhang schon die nächste Kulisse bereit – die Versuchung, den Zweifel in eine neue Erzählung zu verwandeln, in der wieder andere schuld sind: Berater, Medien, Feinde, das Schicksal. Der Kult lebt von dieser ständigen Umlenkung. Dass sich in den Antworten zugleich Zorn, Häme, Fürsorge und Müdigkeit mischen, zeigt, wie brüchig die Lager seit längerem geworden sind. Man spürt die Erschöpfung einer Öffentlichkeit, die das alles schon einmal gesehen hat.
kaizen-blog.org
Trisha Hope war nie eine Randfigur. In der Welt des Trumpismus gehört sie zu den Lauten: selbsternannte Nationaldelegierte aus Texas, Daueraktivistin, Chronistin und Cheerleaderin in Personalunion. Ihre Buchreihe „Just the Tweets“ machte sie zur Kuratorin des Trump-Kosmos – Seite um Seite ein Archiv der Anbetung. Sie reiste, warb, sammelte Spenden, organisierte, verteidigte. Fanatisch ist kein hartes Wort für jemanden, der drei Wahlkämpfe lang alles gab und daraus ein persönliches Projekt machte. Und dann, wie wir jetzt erfahren haben, Anfang Juli, der Bruch in einem einzigen Ausruf: „Ich habe diesen Mann drei Mal gewählt, ich habe für ihn Wahlkampf gemacht, ich habe mir den Arsch aufgerissen, und ich habe das Gefühl, dass ich ihn überhaupt nicht wiedererkenne. Das ist widerlich!“ Ein Schrei aus dem Inneren der Bewegung, kein Zuruf von außen. Wer die Loyalitätsökonomie des Trump-Milieus kennt, spürt in diesem Satz die tektonische Verschiebung: Nicht der Gegner zweifelt, sondern die Gläubige. Die Antworten darunter lesen sich wie eine Momentaufnahme amerikanischer Gegenwart. Da sind die Treuen, die ebenfalls taumeln und den Augenblick als Schlag in die Magengrube beschreiben. Da sind die Spötter, die ihr nüchtern vorrechnen, dass man sich über Tausende Lügen, Beleidigungen und Eskapaden nicht erst im dritten Anlauf wundern kann: „Du hast ihn drei Mal gewählt. Aber dies ist dein Bruchpunkt?“ Da sind die Entzauberten, die ihr zuraunen, man habe doch seit Jahren sehen können, wie aus Charisma Kulte werden und aus Kampagnen Kassen. Und natürlich sind da die, die den Schmerz sofort in Verschwörungsbrei rühren – plötzlich geht es wieder um Israel, um Schattenmächte, um die alten Ausweichbahnhöfe der radikalisierten Welterklärung.
Bemerkenswert ist weniger die Zuspitzung als die Nüchternheit, die in vielen Repliken mitschwingt. Man liest den lakonischen Ton derer, die nicht triumphieren, sondern protokollieren: Es lag immer vor dir. Der Kultführer hat nie versucht, es zu verbergen. Frauenfeindliche Sprüche waren kein Betriebsunfall, sondern Dauerprogramm. Die skrupellose Selbstinszenierung – von der Bühne bis ins Familienalbum – war nie subkutan, sondern grell ausgeleuchtet. Selbst die groteske Höflichkeitsadresse an Ghislaine Maxwell im Gefängnis war öffentlich, nicht hinter vorgehaltener Hand. Der Schock, den Trisha Hope nun formuliert, sagt deshalb weniger über ihn als über die Mechanik von Glauben, Zugehörigkeit und Selbstschutz aus. Loyalität ist dort nicht Meinung, sondern Identität – und Identität hat die längste Halbwertszeit in der Politik. Gerade darum ist dieser Tweet so aufschlussreich. Er ist kein politischer Positionswechsel, sondern ein biografischer Riss. Aus dem „Wir“ der Bewegung wird für einen Moment ein „Ich“, das sich nicht mehr wiedererkennt. Und doch wirkt die Szene, als stünde hinter dem Vorhang schon die nächste Kulisse bereit – die Versuchung, den Zweifel in eine neue Erzählung zu verwandeln, in der wieder andere schuld sind: Berater, Medien, Feinde, das Schicksal. Der Kult lebt von dieser ständigen Umlenkung. Dass sich in den Antworten zugleich Zorn, Häme, Fürsorge und Müdigkeit mischen, zeigt, wie brüchig die Lager seit längerem geworden sind. Man spürt die Erschöpfung einer Öffentlichkeit, die das alles schon einmal gesehen hat.

Vom Fanatismus zur Fassungslosigkeit – Trisha Hopes Bruch mit Trump
Trisha Hope war nie eine Randfigur. In der Welt des Trumpismus gehört sie zu den Lauten: selbsternannte Nationaldelegierte aus Texas, Daueraktivistin, Chronistin und Cheerleaderin in Personalunion. Ihre Buchreihe „Just the Tweets“ machte sie zur Kuratorin des Trump-Kosmos – Seite um Seite ein...
