„Die Weltbeherrscher“: Ein Buch über globale US-Operationen – Interview mit Autor
Von Operationen in Mittelamerika und Asien bis hin zu aktuellen Drohnenangriffen – die Liste der US-Interventionen weltweit ist lang. Armin Wertz, langjähriger Auslandskorrespondent, erstellt mit seinem Buch „Die Weltbeherrscher. Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA“ eine Chronik aller US-Operationen in unabhängigen Staaten.Herr Wertz, Sie waren als Journalist in der ganzen Welt unterwegs. Sind Sie auf Ihren Reisen bereits auf Auslandsoperationen der USA gestoßen und war das der Auslöser für Ihr Buch?
Im Laufe der Jahre bin ich immer wieder auf solche Interventionen gestoßen. Eigentlich ist das Ganze das Ergebnis von 30 Jahren Auslandstätigkeit. Zum Beispiel in Granada und Nicaragua: in Granada war es eine direkte Invasion. Und in Nicaragua, als dort die linke, sandinistische Regierung für zehn Jahre war, haben die USA alles unternommen, um diese Regierung zu stürzen, haben eine Söldnerarmee finanziert, trainiert und ausgebildet. Es gab auch eine eigene Söldnertruppe, die Soldiers of Fortune. Und es gab natürlich geheimdienstliche Operationen.
Wer oder was gibt den USA ein Mandat als Weltpolizist?
Das ist das eigene Selbstverständnis. Neben der berühmten Monroe-Doktrin gibt es ja noch die Roosevelt-Doktrin, in der es heißt, dass in dem Falle, wenn ein Land nicht in der Lage ist, sich selbst zu regieren, müsste man eingreifen. Das ist übrigens eine Überlegung, die gelegentlich durchaus auch in europäischen Regierungskreisen Anklang findet.
Was steckt hinter dem Konzept der US-Politik: der Schutz amerikanischer Interessen und Bürger, wie immer gesagt wird, oder eher Wirtschaftsinteressen?
In den meisten Fällen sind das wirtschaftliche und gelegentlich auch politische Interessen. Im Nahen Osten ist das Öl und in Afrika ist das Coltan oder anderen Ressourcen. Geostrategische Interessen spielen natürlich auch eine Rolle.
Neben Wirtschaftsinteressen war der Kampf gegen den Kommunismus lange Zeit Staatsdoktrin der USA.
Ja, es ging darum, die militärische und wirtschaftliche Einflusssphäre möglichst weit auszudehnen. Und da ist natürlich eine Gegenmacht hinderlich.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat die USA eine Weile gebraucht, einen neuen Staatsfeind No.1 zu finden. Seit 9/11 ist dies nun der Terrorismus.
Ich hab den Eindruck, dass die USA fast schon hysterisch reagieren, wenn sie sich angegriffen fühlen. Das hängt wohl damit zusammen, dass die USA eigentlich nie Krieg im eigenen Land hatten. Darum führen die USA auch sehr viel leichter woanders Krieg, weil sie sich gar nicht vorstellen können, wie das ist, wenn einem ständig Bomben auf den Kopf fallen und das Land zerstört wird. Daher auch diese besonders aggressive Haltung nach 9/11, als sie selbst angegriffen wurden.
Die USA teilen die Welt in Gut und Böse auf. Was wissen Sie über die Rolle der sogenannten Think Tanks, die die US-Politik konzipieren?
Die haben großen Einfluss. Dort sitzen Wissenschaftler, aber auch bedeutende ehemalige Politiker, Minister und Senatoren. "Foreign Affairs" und andere Veröffentlichungen dieser Think Tanks werden von jedem Politiker in den USA und übrigens auch in Europa gelesen.
Offensichtlich setzt sich die USA dabei auch über Landesgesetze hinweg. Gelten für die USA keine Gesetze?
In Kriegssituationen, und als solche sehen das die USA ja, nehmen sich die USA das Recht heraus, ihre Vorstellung von Gesetz wichtiger zu nehmen, als das Gesetz eines anderen Landes. Zum Beispiel Leute aus einem anderen Land zu entführen, um sie in den USA vor Gericht zu stellen, was meines Erachtens nach absurd ist.
nd was ist mit den weltweiten Organisationen wie WTO oder UNO, sind die den USA übergeordnet?
Als Supermacht dominieren sie auch dort. Es gibt ja auch den Vorwurf, dem ich mich anschließe, dass die WTO zu einem Instrument der USA verkommen ist. So werden über die USA zum Beispiel Reformen in Ländern erzwungen, die die USA in ihrem eigenen Land gar nicht durchführen. Oder auch wenn sie UNO-Resolutionen durch ihr Veto zu Fall bringen.
Es ist ja nicht so, dass die USA immer gleich in ein Land einmarschieren. Im Gegenteil. Welcher Methoden bedient sich der Geheimdienst in anderen Ländern?
Da gibt es viele Methoden. Man kann zum Beispiel eine Oppositionspartei finanzieren und beraten. Man kann gelegentlich richtig Unruhen anzetteln und finanzieren. Und im Internet kann man sehr viel machen heutzutage. Nehmen Sie Ägypten: die Unruhen gegen Mubarak begannen übers Internet. Später wurde dann zugegeben, dass die jungen Leute von den USA trainiert wurden.
Die US-Geheimdienste schrecken dabei auch nicht vor der Ermordung unliebsamer Politiker zurück. Gibt es keinen Weg, die USA für solche Taten zu belangen?
Glaube ich nicht. Im Falle der Drohnenangriffe ist es ja praktisch auch Mord, wenn auch ein technisierter. Darüber gibt es auch gerade eine große Debatte unter Juristen in den USA. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man die USA im Ausland vor Gericht bringen könnte, wo es sich für einen Mord verantworten müsste.
Führt diese Politik der USA nicht dazu, dass immer mehr Länder und Menschen die Amerikaner hassen?
Das ist oft eine regelrechte Hass-Liebe. Ich hab das in vielen Ländern beobachtet, vor allem in Lateinamerika. Einerseits die große Bewunderung und andererseits die unglaublich starke Ablehnung. Gerade in Lateinamerika kann eine Regierung im Prinzip nichts machen ohne die Genehmigung der USA. In letzter Zeit hat sich der Konflikt politisch zugespitzt, weil die Lateinamerikaner versuchen, durch eigene Wirtschaftszusammenschlüsse, zum Beispiel zwischen Argentinien, Chile und Brasilien, der Dominanz der USA zu entkommen. Und die USA versuchen immer wieder, durch bilaterale Verträge solche Sachen zu unterlaufen.
Weil gerade der Ukraine-Konflikt in aller Munde ist, spielt der US-Geheimdienst auch in der Ukraine eine Rolle?
Davon bin ich überzeugt. Da wurden ja Milliarden reingesteckt von den USA. Das fing ja schon mit der Orangen-Revolution an und das setzt sich fort. Sie glauben doch nicht, dass ein Konflikt wie der Ukraine-Konflikt ohne amerikanische Einflussnahme stattfindet?
Und in Russland selbst, hat der US-Geheimdienst dort auch eine Chance zu wirken?
Ja klar. Dort läuft das meist über diverse Stiftungen und Organisationen der Parteien, der Demokraten, wie der Republikaner. Hilfsorganisationen spielen dabei eine große Rolle. Zum Beispiel National Endowment, die finanzieren ganz klar russische Oppositionsparteien. Das ist bekannt.
?Die Weltbeherrscher?: Ein Buch über globale US-Operationen ? Interview mit Autor / Sputnik Deutschland - Nachrichten, Meinung, Radio