Agatha Christie hatte schon immer eine Nase für gute Geschichten. Auch als Ausgräberin: Als sie 1937 den Spaten in den Sand Syriens stieß, fand sie einen Tempel. Jetzt entdeckten Archäologen dort die Mutter aller Metropolen.
Ein geschichtsträchtiger Hügel in Syrien wirft alles über den Haufen: Die Ursache für den Bau früher Städte muss überdacht und die Landkarte der Zivilisation frisch gezeichnet werden. Das prominente Jericho hat auf ihr keinen Platz mehr. Seit seiner Entdeckung 1867 galt dieser Ort im Westjordanland mehr als ein Jahrhundert lang als älteste Stadt der Welt. Aber das stimmt nicht mehr.
Wo der Jordan fließt, ließ sich der Mensch schon immer gerne nieder. Das war auch um 9000 vor Christus so, als eine Gruppe von Menschen der Jungsteinzeit (Neolithikum) hier die Sesshaftigkeit probte. Die Wahl des Ortes lag nahe. Zwischen dem späteren Jericho und Damaskus verläuft der Levantinische Korridor – jener Landstrich, aus dem die ältesten Hinweise auf kultivierte Pflanzen bekannt sind. Dem Anbau von Getreide folgte die sesshafte Lebensweise auf dem Fuß, und bald das erste Dorf.
Das Berlin der Jungsteinzeit
Jericho war ein Phänomen seiner Zeit. Zwischen 8500 und 6000 vor Christus lebten bis zu 2000 Einwohner in der Siedlung. Gemessen an den schätzungsweise sechs Millionen Menschen, die weltweit zu Beginn des Neolithikums lebten, war Jericho das Berlin der Jungsteinzeit. Zwischen den schützenden Mauern aus Lehmziegeln handelten die Menschen mit Obsidian und betrieben bizarre Totenkulte.
Aber eine Stadt war Jericho trotzdem nicht. Den Grund dafür benennt der Archäologe Jan-Waalke Meyer von der Goethe-Universität Frankfurt: „Jericho ist eine dörfliche Entwicklung, die allein in der Landschaft stand. Sie hatte keinerlei gegenseitige Abhängigkeiten mit ihrer Umgebung wie die proto-urbanen Zentren.“ Trotz Jerichos spektakulärem Auftritt in der Bibel: Wer die echten ersten Städte sucht, der muss über den Jordan gehen.
Mit freundlicher Genehmigung von bild der wissenschaft