Corona ist gekommen um zu bleiben
"Impfdurchbrüche verhindern Pandemie-Ende: Drei Dinge müssen wir uns jetzt eingestehen":
Erstens muss verhindert werden, dass die Inzidenz unkontrolliert ansteigt, weil auch der geringe Anteil schwerer Verläufe unter Geimpften zu regionalen Überlastungen der Gesundheitsversorgung führen kann und zudem noch rund drei Millionen Menschen über 60 Jahren ungeimpft sind. Deshalb brauchen wir in diesem Winter noch einmal Masken, Schnelltests und eine effektive Nachverfolgung von Infektionsketten – auch für Geimpfte.
Für die Abschaffung von Quarantäne und Masken in Schulen, Großveranstaltungen unter 2G-Bedingungen in Innenräumen und die von den Ampel-Koalitionären geplante Beendigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist es definitiv zu früh.
Zweitens müssen Ältere und Immungeschwächte möglichst schnell eine Booster-Impfung erhalten. Die Stiko empfiehlt dies seit Kurzem ab 70 Jahren. Nach derzeitiger Datenlage könnte die Empfehlung jedoch ohne Weiteres auf die Altersgruppe ab 60 erweitert werden. Studien
aus Israel deuten darauf hin, dass die Booster-Injektion das Risiko einer Infektion um das Zehnfache und das einer schweren Erkrankung um das Zwanzigfache vermindert.
Durch Impfdurchbrüche gefährdet sind insbesondere diejenigen, die bereits von Anfang an nicht ausreichend Antikörper gebildet haben. Das kommt im höheren Lebensalter und bei schwächer wirksamen Vakzinen (Johnson & Johnson, Astrazeneca) häufiger vor. Wer dagegen anfangs gut reagiert hat, muss sich keine Sorgen machen, wenn die Antikörperspiegel in den folgenden Monaten wieder abnehmen. Das Immunsystem spart damit seine Kräfte, wenn es gerade nichts zu bekämpfen gibt.
Im Falle einer Covid-Infektion sorgen in Bereitschaft stehende "Gedächtniszellen" in kürzester Zeit dafür, dass besonders effektive Antikörper gegen den Erreger losgeschickt werden. Alternativ zur hier vorgeschlagenen allgemeinen Booster-Empfehlung für Über-60-Jährige könnten auch nur diejenigen eine Extradosis bekommen, die nach der zweiten Dosis noch nicht ausreichend Antikörper gebildet haben. Dafür wären aber massenweise Bluttests erforderlich. Da eine Boosterung auch Menschen mit guter Immunreaktion nicht schadet, ist die allgemeine Empfehlung für die Generation 60+ praktikabler und weniger kostenintensiv.
Die dritte Konsequenz aus den Impfdurchbrüchen ist keine einfache Maßnahme, sondern eine gesellschaftliche Mammutaufgabe. Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es keine Herdenimmunität und kein echtes Ende der Pandemie geben wird – das Virus ist gekommen, um zu bleiben.
Im kommenden Frühjahr werden mehr als 90 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft oder genesen sein. Sie werden sich trotzdem regelmäßig mit Sars-CoV-2 infizieren, wobei die Symptome von Mal zu Mal harmloser werden. Zugleich wird das Virus neue Varianten hervorbringen, die insbesondere für Alte und Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich werden können. Alle ein bis zwei Jahre werden wir möglicherweise Auffrischimpfungen brauchen, die an die neuen Varianten angepasst sind.
Die Corona-Fallzahlen steigen rasant – vor allem unter den Ungeimpften. Doch auch die Zahl der sogenannten Impfdurchbrüche wächst. Das ist zwar nicht überraschend, doch viele wollen eine unbequeme Wahrheit nicht wahrhaben: Corona ist gekommen, um zu bleiben.
amp.focus.de