“Gramer açısından doğru cümleler kurmak normal birey için toplumsal yasalara herhangi bir boyun eğmenin ön koşuludur. Birtakım kurumlara ait olan herkesin grameri bilmesi beklenir. Dilin birliği kökensel olarak politiktir”(Deleuze, Guattari,
1988: 101)
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Die "Gerechte Ordnung"3, eine Programmschriftdes türkischen Islamismus, erschien 1991 unter der Autorschaft des Technikprofessorsund zeitweiligen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan, eine der zentralen Gestaltenin der islamistischen Bewegung der Türkei der 1970er bis 1990er Jahre. Erbakans Pamphlet,Grundlage des Parteiprogramms seiner Refoh Partisi (Wohlfahrtspartei, RP), ist ein Beispielfür die legalistische Variante des Islamismus, die auf allmähliche Durchdringung der gesellschaftlichen,politischen und administrativen Institutionen zielt und also auf langfristige,Unterwanderung' von Staat und Gesellschaft unter Ausnutzung demokratischer Rechte undder Institutionen eines demokratischen Staatswesens setzt.
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Zugleich erleichtert die religiöse, definitorisch nicht endgültig festgelegte Begriffiichkeiteine Ideologisierung und Füllung mit modernen politischen Bedeutungsgehalten. Im Fallder türkischen Islamisten ist in diesem Zusammenhang eine seit Entstehung der Bewegungin den 1970er Jahren kontinuierlich betriebene Sprachpolitik zu erkennen. Ihre Publikationenzeichnen sich ausnahmslos durch eine konsequente Re-Arabisierung bzw. Re-Osmanisierungdes Türkischen aus, das im Zuge der kemalistischen Kulturrevolution Ende der1920er Jahre einer radikalen Säuberung von osmanischen bzw. arabischstämmigen Wortenund Wendungen unterzogen worden war. Die islamistische Revision dieses Reform-Türkischsignalisiert die grundsätzliche Ablehnung der laizistischen Kultur und des modernentürkischen Staatsverständnisses.
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4. Als Necmettin Erbakan 1991 seine Programmschrift "Gerechte Ordnung" (adil düzen)veröffentlichte, hatte der bis heute bekannte türkische Islamist bereits eine lange politischeKarriere hinter sich und der türkische Islamismus konnte auf eine zwanzigjährige Traditionzurückblicken.51 1970 hatte Erbakan mit der Milli Nizam Partisi (Nationale Ordnungspartei,MNP) die erste islamistische türkische Partei gegründet, die nach dem Verbot wegenVerstoßes gegen das Laizismusprinzip 1971 nur ein Jahr später als Milli Selamet Partisi (NationaleHeilspartei, MSP) wiederauferstand. Nach dem Parteienverbot im Zuge der Macht-übernahme durch das Militär 1980 gründete Erbakan die Refoh Partisi (Wohlfahrtspartei,RP). 1996/97 war Erbakan, der mit seiner MSP bereits in den 1970er Jahren an Regierungskoalitionenu.a. mit rechtsextremistischen Parteien beteiligt war, türkischer Ministerpräsident;damit stand zum ersten Mal seit der Republikgründung 1923 ein Islamist an der Spitzedes einzigen Staates der muslimischen Welt, der den Laizismus als Verfassungsprinzip festgeschriebenhat. 1997 erzwang der vom Militär dominierte Nationale Sicherheitsrat den RücktrittErbakans, die RP wurde 1998 verboten.Die wechselhafte Geschichte des parteiförmig organisierten türkischen Islamismus, dieRituale von Gründung, Erfolg, Verbot, Neugründung u.s.f. dokumentieren die seit der Einführungdes Laizismus unter Atatürk virulenten, nach seinem Tod offenen und bis heute ungelöstenSpannungen zwischen einer säkularen Staatsdoktrin, die (noch) von einer kemalistischerzogenen, in Lebensstil und Mentalität wesentlich westlich ausgerichteten Elite in Politik,Administration, Wirtschaft und vor allem Militär getragen wird, und einer seit den1950er Jahren vor allen in ländlichen Gebieten, in den Klein- und Provinzstädten und in dengecekorzdus, den Armutsgürteln der Metropolen, allmählich re-islamisierten türkischen Gesellschaft.Der politische Islamismus wuchs auf der Grundlage einer ebenso unmerklich wiebeständig verlaufenden gesellschaftlichen Re-Islamisierung, die unter den Nachfolgern MustafaKemals geduldet und von der Militärführung zeitweise instrumentalisiert wurde.Der türkische Islamismus entwickelte von Beginn an Strategien für sein Überleben in einemStaat, der gegebenenfalls restriktiv, d.h. mit Parteiverboten, dem Verbot der politischenBetätigung und auch Freiheitsstrafen auf islamistische Organisationen und Bestrebungenreagierte, die im kemalistischen Sprachgebrauch als irtica, als Reaktion/Rückständigkeit etikettiertwerden. Offene Opposition war und ist im Fall Türkei - jedenfalls bislang - kein erfolgversprechenderWeg für Islamisten. Sie kaprizierten sich daher von Anfang an auf die allmähliche,systematische Infiltration der staatlichen Administration, auf den Aufbau eines religiösenSchulwesens und die Erringung der politischen Macht im Rahmen einer verfassungsmäßigfestgeschriebenen parlamentarischen Demokratie. Die ideologische Strategiedes türkischen Islamismus, der nicht müde wurde und wird, in offiziellen Verlautbarungenseine Verfassungstreue zu bekunden, konzentriert sich darauf, die Grundprinzipien der kemalistischenDoktrin zu besetzen und umzudeuten: Nationalismus, technischer, kulturellerund wirtschaftlicher Fortschritt, Modernität, Laizismus. Aber auch Verfassungsprinzipienwie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit werden im islamistischen Sinn neu definiert.Die eingangs erwähnte Sprachstrategie des türkischen Islamismus ist auf politische bzw.juristische U nangreifbarkeit sowie auf Bewusstseins- und Mentalitätswandel angelegt. MittelsUmdeutungen, Verwendung changierender Begrifflichkeiten sucht man dem strafrechtlichrelevanten Vorwurf des Verstoßes gegen den Laizismus zu entgehen. Die Re-Arabisierungbzw. Re-Osmanisierung des modernen ,kemalistischen' Türkisch in islamistischenPublikationen belegen den Versuch, mittels einer religiösen Sprachpraxis eine religiöse WeItsichtzu trainieren und eine Weltanschauungsgemeinschaft zu stiften, die sich von ,den anderen',de facto von der laizistischen Umwelt, abgrenzt.Als Erbakan 1991 seine "Gerechte Ordnung" vorlegte, befand sich der türkische Islamismusin einem starken Aufwärtstrend. Die Programmschrift fasste die seit Entstehung des organisiertenIslamismus in der Türkei verlautbarten Positionen zusammen und bot ein gesellschaftlichesund wirtschaftliches Alternativmodell für das von sozialen und ökonomischen Krisen geschüttelte Land.
Erbakans "Gerechte Ordnung", wie die offiziellen Verlautbarungen türkischer Islamistendieser Richtung generell, lesen sich in weiten Teilen - zumal mit westeuropäisch-liberalerund dialogbereiter Brille - in weiten Teilen als akzeptable, mit dem demokratischen Grundkonsenskompatible Positionen ehrenwerter Muslime wertkonservativer Ausrichtung, diesich legitimer Weise um Sitte und Moral des Gemeinwesens sorgen. Türkische Islamistenvermeiden ideologische Reizworte, sie reden nicht von "islamischem Staat", propagierennicht die shari'a und predigen nicht den Jihad. Der eminent politisch-ideologische Gehalt ihresvordergründig einwandfreien - man könnte fast sagen: konspirativen Lexikons - enthülltsich erst bei genauerem Hinsehen und im politischen Kontext des türkischen Diskurses überden Staat und die Gesellschaft. Die "Gerechte Ordnung" aber, so unbestimmt sie mit Absichtbleibt, wird, wie ein türkischer Student 1992 im Interview bekannte, als shari'a, alsHerrschaft des göttlichen Gesetzes verstanden: "Aber das dürfen wir nicht sagen".67 Jihadmeint im türkischen Fall nicht gewaltsame Opposition, gar Revolution gegen den Staat. DieBemühung auf dem Weg Gottes vollzieht sich im Fall des türkischen Islamismus als Marschdurch die Institutionen.
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