Anfang Januar 1959 legte die Bundesregierung erstmals einen Gesetzentwurf für die Neufassung des § 130 StGB vor. Sie reagierte damit auf eine Serie
antisemitischer Straftaten, darunter Brandanschläge auf
Synagogen, und Justizskandale. Im Frühjahr 1957 hatte
Ludwig Zind, ehemaliges SD-Mitglied, einen jüdischen Kaufmann beleidigt und voller Stolz hunderte Morde an
Juden in der
NS-Zeit bekannt. Er wurde im April 1958 wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, floh aber vor Haftantritt ins Ausland. Im Prozess hatte er seine nationalsozialistischen Ansichten bekräftigt und dafür viel Zustimmung seitens der Zuschauer erhalten. Im Juli floh auch der ehemalige
KZ-Arzt
Hans Eisele ins Ausland; die KZ-Ärztin
Herta Oberheuser wurde vorzeitig entlassen und konnte sich erneut als Ärztin niederlassen.
Diese und andere Fälle wurden in der deutschen und internationalen Öffentlichkeit aufmerksam registriert. Dabei wurde auch der Fall des Hamburgers Friedrich Nieland bekannt, der 1957 trotz Verbreitung einer antisemitischen Hetzschrift vom Hamburger Oberlandesgericht freigesprochen worden war. In der Folge wurde bekannt, dass auch der Gerichtspräsident Budde in den 1930er Jahren rassistische Schriften veröffentlicht hatte. Weihnachten 1959 kam es dann zu einem schweren Anschlag auf die
Kölner Synagoge, die Bundeskanzler
Konrad Adenauer erst kurz zuvor mit der jüdischen Gemeinde eingeweiht hatte, gefolgt von 700 Anschlusstaten bis Ende Januar 1960.