Sag das mal den ganzen schwulen und lesbischen Jugendlichen, die in der Schule wegen ihrer Homosexualität gemobbt werden. Wie sollen die das ignorieren bzw. mit solchen Menschen nichts mehr zu tun haben? Idioten trifft man leider überall, da hilft kein Ignorieren oder Weglaufen, da muss man eben in die Offensive gehen.
Verfolgt man etwas die Berichterstattung in den Medien, kommt man da eher zu einem anderen Ergebnis:
Die Übergriffe auf Schwule und Lesben in der Stadt werden zahlreicher und brutaler. Manchmal reicht es auch schon, sich nur in der Nähe eines Schwulenlokals aufzuhalten, um zur Zielscheibe zu werden.
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Interne Statistiken der Berliner Polizei weisen ebenfalls auf einen Anstieg der Übergriffe hin: Zählte man 2005 hier noch 15 Fälle von Hasskriminalität aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers, waren es zwei Jahre später mit 43 fast dreimal soviel.
Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen: Wie die jetzt veröffentlichte Maneo-Umfrage unter 17.500 schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern in Deutschland ergab, verständigen nur 11,7 Prozent der Opfer die Polizei, wenn ihnen Gewalt angetan wird.
"Übergriffe hat es schon immer gegeben", sagt Bastian Finke, Projektleiter von Maneo. Der Soziologe arbeitet seit mehr als 19 Jahren in dem Anti-Gewalt-Projekt, Homophobie ist Finkes Spezialgebiet.
Doch der 48-Jährige formuliert seine Sätze vorsichtig, wenn es um die aktuellen Übergriffe geht. Zwar könne man eine Zunahme feststellen, die sich auch als "gefühlte Zunahme" in der homosexuellen Szene niederschlage, trotzdem möchte er nicht von einer Tendenz sprechen. Die Gewalt gegen Schwule und Lesben sei vielmehr anhaltend hoch, aber erst jetzt würden Politik und Medien sie ernst nehmen.
Wie ernst die Gefahr ist, dokumentiert Finke anhand von Fotos von Opfern: Fünffach gebrochene Kiefer, tiefe Schnittwunden im Gesicht und am Körper sind da zu sehen. "Die Bedrohung gehört zur Alltagserfahrung bei Schwulen und Lesben. Doch bis jetzt ist das immer untergegangen," sagt Finke.
Das liegt auch daran, dass es keine offiziellen Zahlen gibt. Homophobe Gewalt taucht in Deutschland außerdem in keiner bundesweiten Kriminalstatistik auf. Anders ist es in den USA: Dort werden Straftaten gegen die sexuelle Orientierung, "Hate Crimes" genannt, gesondert erfasst.
Dabei muss das Ausmaß an Gewalt gegen Homosexuelle enorm sein: In der Maneo-Umfrage gaben mehr als 40 Prozent der Schwulen an, innerhalb der vergangenen zwölf Monate Gewalt erlebt zu haben. Am häufigsten betroffen sind junge Homosexuelle.
In der sensiblen Phase der Pubertät, in der die Jugendlichen durch ihr Coming-out zusätzlich verletzbar sind, führt das oft zu schweren Traumatisierungen. Dazu kommt, dass Opfer vorurteilsmotivierter Hassgewalt stärker leiden: Die Täter greifen sie in ihrer Identität als Schwuler oder Lesbe an. "Das erschüttert den Betroffenen oft sehr viel mehr als ein Raubüberfall," sagt Finke. Wie schnell der Einzelne mit dem Gefühl der Ohnmacht fertig wird, hänge auch davon ab, wie das Umfeld reagiere.
Quelle: Süddeutsche.de - "Von wegen Toleranz"