[h=1]Wird das Klima immer verrückter?[/h]
Meteorologische Extremereignisse sind in der Welt der Klimawissenschaft von großem Interesse, da diese einen starken Einfluss auf unser Leben und unsere Umwelt ausüben können. Ob und inwieweit sich die Häufigkeit von seltenen bzw. exzessiven Ereignissen geändert hat (und noch ändern wird) ist daher auf der gesamten Welt Gegenstand laufender Untersuchungen. Ein Teil der noch vorhandenen Unsicherheiten im Hinblick auf die Zukunftserwartungen extremer Ereignisse geht auf die auch in Großrechenanlagen (noch) zu geringe Kapazität und Rechengeschwindigkeit zurück, das Klimasystem wirklichkeitsnah simulieren zu können. Hier ist jedoch Optimismus angebracht, und mit Verbesserungen ist mit jedem neuen Modelllauf zu rechnen – das gilt ganz besonders für regionale Modelle im komplizierten Alpenraum
Ereignisse werden als extrem bezeichnet wenn diese mit besonders hohen oder niedrigen Intensitäten einhergehen. Oft führt aber auch die extreme Wirkung auf Mensch und Natur zur Klassifizierung als Extremereignis wie im Fall von Gewittern, Sturmtiefs und Überflutungen. Extremereignisse hinsichtlich der Temperatur sind Hitzetage (maximale Temperatur >30°C), tropische Nächte (minimale Temperatur >20°C) oder aber auch Hitze- und Kältewellen. Beispiele für extreme Niederschlagsereignisse sind einzelne Starkniederschlagsereignisse, intensive Niederschlagsepisoden über mehrere Tage oder Dürreperioden. Im statistischen Sinne sind Extremereignisse solche die niedrige Wiederkehrwahrscheinlichkeiten aufweisen, d.h. selten vorkommen. Meist definiert man Schwellenwerte und untersucht dann die Über- bzw. Unterschreitungswahrscheinlichkeiten sowie auch die Änderung der Intensitäten solcher Ereignisse.
Hitze
Die jährliche Mitteltemperatur in Europa ist von 1850 bis 2008 um 1,3°C gestiegen. Die 9 wärmsten Jahre dieses Zeitraums waren innerhalb der letzten 12 Jahre zu beobachten. Parallel dazu nahm die Zahl der warmen Nächte und heißen Tage deutlich zu. Auch die Vegetationsperiode weist einen positiven Trend von 3.6 Tagen pro Dekade auf.
Nach Einschätzung des IPCC wird die Zunahme der Lufttemperatur mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Zunahme von Hitzewellen einhergehen. Dies betrifft sowohl die Häufigkeit, als auch die Andauer dieser Ereignisse.
Ein Beispiel für die Änderung von Temperaturextremen ist in Abbildung 1 gegeben. Diese zeigt die Anzahl der Tage über 40,7°Celcius in verschiedenen Klimazeitscheiben aus dem Forschungsprojekt ENSEMBLES. Demnach werden die extremen Hitzetage im warmen Osten Österreichs von 3 aus dem Zeitraum 1961-1990 auf 17 bis Ende des Jahrhunderts (2071-2100) steigen. Die gerade im Bereich der Extremwerte noch existierenden Unzulänglichkeiten zeigt gerade dieser spezifische Fall. Tatsächlich sind in Österreich noch nie Temperaturen von 40° und mehr gemessen worden.
Abb. 1: Hitzeindex Sommer (JJA 1961-2100): Tage > 40.7 °C. Mittelwert aus fünf regionalen Klimamodellsimulationen (MPI, KNMI, HC, ETH, C4I) im Rahmen des Projektes ENSEMBLES Redirect to ENSEMBLES WP5.1: Gridded observational datasets. (Haylock et al. 2008, Bildquelle: European Environment Agency)
Bei der Anzahl der Tropennächte in Österreich ist in den Niederungen des Ostens mit einer Verdreifachung im extremen {Emissionsszenario A2} zu rechnen (Abbildung 2).
Abb. 2: Tropische Nächte Sommer (JJA 1961-2100): Nächte mit Tmin>20°C. Simulationen des Dänischen Meteorologischen Instituts (DMI) mit dem HIRHAM4 Regionalmodell – Emissionsszenario A2.
(Dankers R., Hiederer R. 2008, Bildquelle: European Environment Agency)
Aus verschiedenen Klimaszenarien lässt sich ableiten, dass in Zukunft die Temperaturschwankungen von Tag zu Tag im Winter abnehmen und im Sommer zunehmen werden und sich damit die Extremwerte der Temperatur signifikant verändern. Bisher ist jedoch auch die damit angesprochene Verbreiterung des Schwankungsbereichs in den Messdaten nicht zu beobachten.
Starkniederschlag
Bei Untersuchungen der globalen Niederschlagsänderung der letzten 50-100 Jahre wurde festgestellt, dass die Niederschlagssummen in diesem Zeitraum durchschnittlich um 5% zugenommen haben. Die Gesamtanzahl der Niederschlagstage ist dabei etwa gleich geblieben. In den globalen Klimasimulationen zeigt sich somit eine Intensivierung von starken Niederschlagsereignissen. Diese Änderungen der Extreme sind im Allgemeinen deutlicher ausgeprägt als die Änderungen der Mittelwerte - allerdings mit ausgeprägten regionalen Unterschieden.
Der Ursache der größeren Niederschlagsmengen in einem wärmeren Klima bei Einzelereignissen ist im höheren Wasserdampfgehalt zu suchen, wodurch auch das verfügbare Niederschlagswasser in der Atmosphäre ansteigt. Aber auf eine veränderte Vertikalstruktur der Atmosphäre (vertikale Stabilität) kann zu einer Veränderung im Niederschlagsverhalten führen.
Eine aktuelle Studie der Abteilung Klimaforschung der ZAMG (Priskchange) zeigt eine Zunahme der Intensitäten 30-jähriger täglicher Niederschlagsmengen in Österreich um mehr als 17-26% im Sommerhalbjahr 2007-2051 verglichen mit dem Zeitraum 1963-2006. Des Weiteren fanden wir eine besonders ausgeprägte Zunahme im Südosten und Osten Österreichs während der Herbstmonate (25-40%). Zweites könnte auf eine Veränderung der atmosphärischen Strömung – und damit der Wetterlagen im östlichen Alpenraum – hinweisen.
Stürme
Untersuchungen über das
Sturmklima der letzten 100 Jahre über Nordwesteuropa zeigen keine Zunahme der Stürmigkeit, jedoch aber eine hohe Variabilität auf jährlichen und dekadischen (10-50-jährigen) Zeitskala. Die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete über Europa haben sich weiter nach Norden bzw. Nordosten hin verlagert.
Globale Klimamodelle zeigen für die nächsten Jahrzehnte eine weitere Verlagerung der Zugbahnen der atlantischen Tiefdruckgebiete nach Norden hin (55-60° Breitengrad). Auch wird eine Zunahme der Häufigkeit von Sturmtiefs über Nordwesteuropa in einem wärmeren Klima erwartet. Die Zunahme wird hauptsächlich durch den höheren Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und der damit verbundenen Zunahme verfügbarer Energie begründet.
Wird das Wetter immer extremer?
Viele Menschen nehmen den Wetterablauf immer öfter als extrem wahr. So hat es z.B. den Anschein, dass intensive kalte und warme Phasen sehr rasch wechseln oder dass die Jahreszeiten fließend vom Winter in den Sommer bzw. umgekehrt übergehen. Laufende Studien der Klimaabteilung der ZAMG die die Variabilität von Temperatur, Niederschlag und Luftdruck in den letzten 150 Jahren untersuchen, können diese subjektive Beobachtung jedoch bis jetzt nicht unterstützen. Ganz im Gegenteil zeichnet sich z.B. bei der Änderung der Temperatur von Monat zu Monat im Alpenraum eine Abschwächung der Wechselhaftigkeit des Klimas ab (laufende Arbeit).
Weitere Informationen:
klimaforschung@zamg.ac.at (mh/ian)
ZAMG - Extremwerte
Die Abbildungen könnt ihr auf der Originalseiteite sehen