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Nachrichten aus Österreich

Wenn die FPÖ den Nationalratspräsidenten stellt
Eine "Anti-Systempartei" kann nach Meinung von Kennern beträchtlichen Schaden anrichten

Was ist, wenn die FPÖ bei der Wahl den ersten Platz bekommt, aus verschiedenen Gründen (davon gleich mehr) aber nicht in die Regierung kommt? Dann steht ihr nach bisherigem Brauch die Position des Ersten Nationalratspräsidenten zu.

Na gut, werden manche sagen, das ist ohnehin überwiegend ein zeremonieller Posten. Der Präsident scheppert mit der Glocke, erteilt Ordnungsrufe und sorgt – im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten/ -präsidentinnen – für die Einhaltung der Geschäftsordnung, die Festlegung der Sitzungstermine etc. Ganz so harmlos ist das nicht.

Der aktuelle Präsident, Wolfgang Sobotka, ist umstritten, unter anderem weil er darauf bestanden hat, den Vorsitz in den diversen Untersuchungsausschüssen zu übernehmen, in denen seine Partei, die ÖVP, Gegenstand der Untersuchung war. Und es wurde ihm auch nicht ganz unberechtigt eine parteiische Vorsitzführung mit Behinderung kritischer Abgeordneter vorgeworfen. Bei dieser Gelegenheit stellte sich auch heraus, dass der Präsident des Nationalrates nicht abgewählt werden kann.

Anti-System-Partei
Nun stellen wir uns folgendes Szenario vor: Die FPÖ wird stärkste Partei, die anderen Parteien gestehen ihr nach bisherigem Usus den Ersten Nationalratspräsidenten zu. Das könnte Herbert Kickl werden, wenn er nicht Kanzler wird (weil er keinen Koalitionspartner findet, zum Beispiel).

Aber Kickl, der sich immer mehr radikalisiert hat, wäre kein "überparteilicher", auf Ausgleich und Dekorum bedachter Präsident. Vielleicht lehnen ihn die anderen deswegen ab. Er selbst hätte wohl kein Interesse an der Position, weil sie ihn in seiner haltlosen Polemik und Bekämpfung des "Systems" hindern würde. Dann könnte er jemand anderen nominieren, den die anderen Parteien schlecht ablehnen könnten. Aber dieser andere wäre trotzdem ein Mitglied einer Kickl-FPÖ, die sich dem "Kampf gegen das System" verschrieben hat. Übersetzung: dem Kampf gegen die liberale Demokratie und für ein autoritäres System (Kickl: "Machen wir es dem Orbán nach!").

 
Der einst blaue Aufdecker, den die FPÖ nicht loswird
Alexis Pascuttini bereitet seiner Ex-Partei in der Causa um veruntreute Millionen Sorgen. Man konnte ihn weder als Privatbeteiligten dauerhaft aus dem Verfahren ausschließen, noch ihm das Handy abnehmen

Politisch war der Name Alexis Pascuttini bis vor zwei Jahren kein Bekannter. Seit dem 2021 durch einen Whistleblower bekanntgewordenen Finanzskandal der FPÖ Graz spielt der 1996 in Wien geborene und in Knittelfeld aufgewachsene Jurist und Corpsstudent aber eine Rolle, die seine Ex-Partei so sicher nicht für ihn geplant hatte.

In Knittelfeld, das ist vielleicht ein Treppenwitz der Geschichte, begann für die FPÖ schon einmal nichts Gutes. Der sogenannte Knittelfelder Putsch, eine blaue Parteiversammlung in der Stadt im Murtal, sprengte 2002 die schwarz-blaue Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Pascuttini, zuvor stellvertretender Bezirksvorsteher in Graz Gösting, wurde 2021 nach dem Rücktritt der Parteispitze rund um Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio zum Klubchef ernannt. Claudia Schönbacher, bis dahin einfache Gemeinderätin, wurde statt Eustacchio Stadträtin. Vielleicht hoffte man, der junge Mann würde dankbar für die "Beförderung" und lenkbar sein. Doch der machte schon bald Probleme.

Unliebsamer Zweifler
Pascuttini zweifelte von Anfang an der die Einzeltätertheorie rund um die Selbstanzeige des Klubdirektors Matthias Eder, der sich selbst belastete, 710.000 Euro veruntreut zu haben. Im April 2022 beschloss Pascuttini, sich dem Verfahren mit einem eigenen Anwalt, nämlich Michael Dohr, anzuschließen – gegen den Willen der von Mario Kunasek geführten Landes-FPÖ. Schönbacher war dabei stets an der Seite von Pascuttini. Beide hatten nämlich das Gefühl, dass bei den Ermittlungen seitens der Landespartei nicht alles offengelegt wurde.

 
Polizist hinter rechtsextremer Demo weiter im Innenministerium beschäftigt
Der Mann, der die Demo angemeldet hatte, arbeitet laut Karner als "Sachbearbeiter ohne Dienst- oder Fachaufsicht" in der Zentralstelle des Innenministeriums

Im November hat eine rechtsextreme Kundgebung vor der Uni Wien für Aufsehen gesorgt. Nachdem die Uni einen Auftritt von Götz Kubitschek im Gebäude untersagte, fand dieser vor der Tür statt – unter großem Polizeiaufgebot und den Augen vieler Gegner. Angemeldet wurde die Kundgebung von einem im Ring Freiheitlicher Studenten engagierten Polizisten, der weiterhin im Innenministerium beschäftigt ist, wie eine Anfragebeantwortung zeigte. Am Donnerstag ist Kubitschek wieder in Wien.

Gemeinsam mit dem Spitzenkandidaten für die EU-Wahl der Alternative für Deutschland (AfD), Maximilian Krah, soll der rechtsextreme deutsche Verleger Kubitschek an einem Vernetzungstreffen bei der österreichischen Landsmannschaft in Wien teilnehmen. "Das Innenministerium muss dafür sorgen, dass es zu keinen Ausschreitungen kommt und aus den Fehlern lernen. Es gilt die Demokratie und den Rechtsstaat zu schützen", sagte die grüne Sprecherin für Wissenschaft und Forschung, Eva Blimlinger, die die Anfrage stellte, zur APA. Ein Vortrag Krahs bei den Identitären in Wien war bereits im Dezember geplant, wurde jedoch krankheitsbedingt verschoben.

 
"Liste Volksverrat"? Liste Demokratie!
In Deutschland ist die Zivilgesellschaft aufgewacht und demonstriert gegen Rechtsextremismus. Gelingt das auch in Österreich?

Seine Gegner, die ihn als "Volkskanzler" verhindern wollen, bilden eine Einheitspartei, sagte Herbert Kickl in seiner mittlerweile berühmten Grazer Rede. "Liste Volksverrat" würde als Name für diese Gruppierung gut passen. Diese Behauptung ist indessen in gewisser Weise Wirklichkeit geworden. Demnächst gehen die Kickl-Gegner in Wien auf die Straße, allerdings nicht unter dem Namen "Volksverrat", sondern unter der Devise "Verteidigung der Demokratie".

Seit der Rechtsextremistenkonferenz in Potsdam, bei der Herbert Kickls "unterstützenswerter" Mitstreiter Martin Sellner seine Pläne zur "Remigration", sprich Abschiebung, unliebsamer Zuwanderer und ihrer Helfer, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, entwickelt hat, ist zunächst in Deutschland die Zivilgesellschaft aufgewacht. Hunderttausende Menschen haben sich in den vergangenen Tagen in mehreren Städten versammelt, um gegen den wachsenden Rechtsextremismus zu demonstrieren. Jetzt, spät genug, tun es die Österreicher ihnen gleich.

Hierzulande liegt die FPÖ seit längerer Zeit in allen Umfragen mit dreißig Prozent an erster Stelle. Um das Kernthema der Kickl-Partei, Ausländer und Migration, haben die demokratischen Parteien denn auch bisher einen vorsichtigen Bogen gemacht. Wer es offen ansprach, musste sich den Vorwurf gefallen lassen: Das hilft nur der FPÖ. Um deren Wähler nicht zu vergrämen, sind bei uns die Hürden zum Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft praktisch unüberwindbar. Dass daher auch die qualifizierten Menschen aus anderen Ländern, die wir dringend brauchen, lieber anderswohin gehen, steht auf einem anderen Blatt.

 
Wie ich schon vor Jahren erwähnt habe:
Aktuelle Zahlen zeigen das Ausmaß, wie sehr die Kassenzerschlagung durch FPÖ & ÖVP das österreichische Gesundheitssystem verschlechtert hat. Der Andrang auf Wahlärzt:innen hat sich seit 2019 verdreifacht!

Eine aktuelle Anfragebeantwortung aus dem Parlament macht nun die Refundierungsanträge an österreichische Krankenkassen öffentlich. Konkret bedeutet das: Wie viele Leute haben in den vergangenen vier Jahren einen Wahlarzt aufgesucht und dann einen Teil der Kosten bei der Gesundheitskasse zurückgefordert? Die folgenden Zahlen zur Entwicklung der Refundierungsanträge (Wahlarzt-Rechnungen) in Österreich belegen die starke Nachfrage. Reichten 2019 noch rund 46.000 Menschen Hausarzt-Rechnungen von Wahlärzt:innen ein, sind es 2022 fast 144.000. Auch bei den Frauenärzt:innen fand eine Verdreifachung der Rechnungen statt.

Für Gesundheitsleistungen, die im österreichischen Gesundheitssystem öffentlich und selbstverständlich sein sollten, müssen immer mehr Menschen in die eigene Tasche greifen.

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Soll ich jetzt ÖVP wählen? Ich glaube nicht
Von Großelternkarenz bis Nationalstadion: Was in Nehammers "Österreich-Plan" steht
Am Freitagnachmittag startet Kanzler Karl Nehammer mit einer Rede offiziell den ÖVP-Vorwahlkampf. Die türkise Programmatik für das heurige Duell um das Kanzleramt wurde auf 82 Seiten ausgebreitet

Seine Rede in Wels hat Kanzler Karl Nehammer zwar noch nicht gehalten. Das passiert erst am Freitagnachmittag. Die Themen aus seinem sogenannten Österreich-Plan wurden allerdings immer weniger zu einem Geheimnis. Schon seit Tagen werden medial Stück für Stück Inhalte daraus bekannt. Nehammer will etwa das Binnen-I aus der Verwaltung und den Unis verbannen, Steuern senken, Sozialleistungen kürzen, mehr Härte im Asylbereich, Strafen für Klimakleber oder eine Kaufoption bei Genossenschaftswohnungen für alle.

Wenige Stunden vor Nehammers Rede konnte DER STANDARD nun den gesamten "Österreich-Plan" einsehen. Einige der teils noch unbekannten Punkte daraus.

Großelternkarenz
"Jede Familie ist anders", heißt es im Themenkonvolut des Kanzlers. Bei der Betreuung von Kindern würde oft den Großeltern eine elementare Rolle bei der Kinderbetreuung zukommen. Geht es nach der ÖVP, sollen sie deshalb auch "entlohnt" werden. Angedacht ist eine sogenannte Großelternkarenz, also der Bezug von Kinderbetreuungsgeld, "wenn die Großeltern an Stelle der Eltern die Betreuungspflichten wahrnehmen".

 
Kickl das Wasser abgraben oder sich ihm andienen? Über Nehammers Visionen
Den vielen Signalen des Kanzlers an die FPÖ steht kaum ein Signal an jene Parteien gegenüber, die unser demokratisches System verbessern wollen

Wenn ÖVP-Obmann Karl Nehammer am Freitag etwas an die Öffentlichkeit bringt, was vorweg unter dem Namen "Österreich-Plan" zizerlweise, aber messagemäßig kontrolliert in das allgemeine politische Bewusstsein einsickern sollte, ist das nichts anderes als der verschämte Anspruch, Bundeskanzler zu bleiben. Er ist heuer mit dieser Spekulation auf das Kanzleramt nicht der Erste. Den Anspruch darauf hat vor ihm schon Herbert Kickl beim freiheitlichen Neujahrstreffen erhoben, er aber ohne Wenn und Aber, ohne Kompromisse.

Für Nehammers Auftritt kursierten schon vor seiner Realisierung verschiedene Definitionen. Es sei ein letzter Versuch, angesichts der Meinungsumfragen das Ruder noch einmal herum- oder vielleicht doch lieber das Gesetz des Handelns an sich zu reißen. Dem Trend verriet ein Vertrauter gar, er werde kein ÖVP-Wahlprogramm, sondern seinen ganz persönlichen politischen Zukunftsplan präsentierten. Nach allem, was bisher darüber zu vernehmen war, sieht es nicht so aus, als würde Nehammer als Zukunftsplaner einer strahlenden Zukunft entgegengehen.

Ideologische Brosamen

 
Zehntausende demonstrierten in österreichischen Städten gegen Rechtsextremismus
In Wien, Innsbruck und Salzburg fanden Großkundgebungen statt, um die "Demokratie zu verteidigen"

Ich versteh kein Wort, das die labern!“, ruft ein junger Punk, der sich am Zaun des Volksgartens festklammert, seinen Begleitern zu. Sie befinden sich auf der Höhe der U-Bahnstation Volkstheater und teilen das Problem mit hunderten anderen Teilnehmern der Großdemonstration unter dem Motto "Demokratie verteidigen" auf der Ringstraße vor dem Parlamentsgebäude. Denn die Lautsprecher sind etwas ungünstig ausgerichtet, die Rednerinnen und Redner auf der Bühne sind zumindest anfangs nicht klar zu hören.

Jene der laut Polizei bis zu 35.000 Manifestanten, (die Veranstalter sprechen von 80.000), die bereits vor Beginn der von Black Voices Austria, Fridays for Future Austria und der Plattform für eine menschliche Asylpolitik organisierten Veranstaltung um kurz nach 18 Uhr gekommen sind, hatten bessere Plätze ergattert und konnten ein umfangreiches Programm verfolgen. Schauspielerin Mavie Hörbiger verlas einen von Elfriede Jelinek eigens für die Kundgebung verfassten Text, Ina Regen sang. Auf der Bühne vor dem Hohen Haus Standen hielten u.a. Katharina Stemberger, die den Abend moderierte, Cornelius Obonya und Volkstheater-Direktor Kay Voges und die Schriftstellerin Julya Rabinowich Reden.

 
Nehammers "Land der wehrhaften Demokratie"
Der Kanzler sieht keine rechtsextreme Gefahr, trotz der "Neuen Rechten" und ihrer Kontakte zur FPÖ

Karl Nehammers "Österreich-Plan" ist in Kapitel unterteilt, die jeweils darstellen sollen, was Österreich nach Meinung der ÖVP sein soll: "Land der Leistung", "Land der Vernunft", "Land der Mobilität" – gespickt mit Vorschlägen, die zum Teil recht brisant sind (z. B. "automatisches Pensionssplitting unter Ehegatten"). Er enthält auch ein Kapitel über das "Land der wehrhaften Demokratie".

Hier hält der Kanzler fest, dass die Demokratie "fixer Bestandteil Österreichs und unserer Identität" ist. Allerdings bleibt er hier erstaunlich allgemein und vermeidet es, die größte Gefahr, die momentan die Demokratie bedroht, nämlich den neuen Rechtsextremismus, zu erwähnen.

In Nehammers "Land der wehrhaften Demokratie" gibt es keine rechtsextreme und/oder rechtspopulistische Bedrohung.

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Wo bleibt die Fantasie für Österreich?
Kanzler Nehammer setzt auf das Bewahren der alten Ordnung. Aber allen Parteien fehlt die Gabe, überzeugende Zukunftsbilder zu malen

Karl Nehammer nimmt den Kampf gegen Herbert Kickl auf. Das ist das Bild, das der Bundeskanzler und ÖVP-Chef von seiner Rede in Wels gerne gezeichnet hätte. Sein "Plan für Österreich" scheut dabei keinen Populismus: Steuern runter, kein Gendern mehr, Eigentum für (fast) alle, Härte in der Migration, ein Hoch auf den Nationalstaat. Und natürlich: Leistung muss sich lohnen!

Ein entscheidender Punkt freilich fehlt in dieser Erzählung. Die Antwort auf die Frage: Worauf soll die Leistung, zu der wir alle ermuntert werden sollen, denn einzahlen? Was ist das große Ziel? Wie soll Österreich in Zukunft dastehen, welches Land wollen wir sein? Die eine, positive Erzählung, die Mut macht – das große Bild über die nächste Legislaturperiode hinaus –, sie fehlt.

Behüten und Bewahren

 
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