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Nachrichten aus Österreich

Bereit für ein Bündnis der Vernunft?
Aber sind auch die Österreicherinnen und Österreicher reif für ein Drei-Parteien-Bündnis der Mitte?

"Bündnis der Vernunft und der politischen Mitte" – das ist es, was Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gemeinsam mit Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) anstrebt. So sprach er am Montag bei der Verkündigung, dass nun ernsthafte Koalitionsverhandlungen begännen, und seine beiden möglichen Partner wählten fast die gleichen Worte.

Wie klingt das? Zunächst: brav.

"Vernunft", "Mitte", auch "Ernsthaftigkeit und Redlichkeit", von denen Nehammer sprach, sind Begriffe, die nicht zu Zeit zu passen scheinen. In den USA hat soeben die blanke Unvernunft, die verkörperte Unredlichkeit, die auf die Spitze getriebene Politik der Ressentiments, der wütenden Spaltung die Präsidentenwahl gewonnen. In Österreich ist eine Partei stärkste Kraft geworden, die von einem anderen Hasspolitiker geführt wird, der verspricht, "das System" umzustürzen.

"Mitte" und "Redlichkeit"
Da wurde offenbar was Schärferes verlangt. Werden da "Vernunft", "Mitte", "Redlichkeit", "Ernsthaftigkeit" oder aber auch ein "Bündnis der konstruktiven Kräfte", von dem Andreas Babler sprach, oder die "Zusammenarbeit" (Meinl-Reisinger) genügen?

 
Was gehen mich die Kinder aus Favoriten an?
Die abgehängten Kinder aus Favoriten und Floridsdorf sind unsere Zukunft und unser Problem. Aber abseits vom rechten Rand kann man mit dem Thema Bildung in Österreich offenbar nur schwer Stimmen holen

Sie können am Schulanfang lediglich Zweiwortsätze bilden. Sie verlassen die Volksschule, ohne richtig lesen und schreiben zu können. Zu Hause lernen sie die Muttersprache nur rudimentär. Sie halten sich nicht an grundlegende Regeln des sozialen Miteinanders. Sie lesen keine Bücher zu Hause, sie gehen nicht in Museen. Sie sind aggressiv. Ihre Eltern sind selbst ungebildet oder uninteressiert am schulischen Fortkommen ihrer Kinder – oder beides. Sie nehmen ihre Religion zu wichtig. Und es ist nicht der Katholizismus. Sie überlasten und ruinieren unser Bildungssystem. Sie machen unsere Pisa-Ergebnisse schlechter, als sie sein könnten. Sie sind ein Problem.

Wir rücken nach rechts
Das alles wird über hunderttausende österreichische Kinder gesagt, vor allem über jene, die in Wien leben und hier unsere Schulen besuchen. Seit Jahrzehnten kippt der Diskurs, dem Drehbuch der Rechtspopulisten folgend, und bestimmt die Erzählung über die Probleme unseres Bildungssystems.

 
Zuckerkoalition
Lobbyisten als Regierungsverhandler
Die ÖVP lässt Vertreter der Wirtschaft und der Bauern den Klimaschutz verhandeln. In der Bildungspolitik scheinen die Weichen, geht es nach der ÖVP, auf ein Weiter-wie-bisher gestellt zu sein

Am Donnerstagnachmittag war auch das Verhandlungsteam der SPÖ komplett: In den kommenden Tagen und Wochen werden insgesamt 236 Personen die Aufstellung der neuen Bundesregierung verhandeln. Termine wurden bis Mitte Dezember vereinbart, Verhandler gehen davon aus, dass Ende Dezember, also eher nach Weihnachten, eine Einigung vorliegen könnte. Im Jänner soll angelobt werden.

Wenn man einen Blick auf die Liste mit den Verhandlern in den Untergruppen wirft, kann man auch sehen, wer wen möglicherweise schon für Positionen in der neuen Regierung in Stellung bringt und welche Partei welches inhaltliche Thema sehr ernst nimmt – oder eben auch nicht. Nicht alle Bereiche sind mit den bestmöglichen Experten abgedeckt.

 
Migration, das Schicksalsthema der nächsten Regierung
"Österreich ist ein Zuwanderungsland ohne Plan", sagt ein Experte. Der große Zustrom von Asylwerbern aus überwiegend muslimischen Ländern hat zwar heuer stark nachgelassen, doch es gibt es noch große Entscheidungen zu treffen

Das Thema ist allgegenwärtig seit mindestens zehn Jahren, es entscheidet Wahlen und ist zentral für die Bildung einer Dreier-Koalitions-Regierung: Migration und die Folgen.

 
Ein ähnliches Ergebnis habe ich erwartet. Da spielt es auch keine Rolle, dass die FPÖ Graz in einen Finanzskandal verwickelt ist. Es zieht bei den Wählern nur Ausländer raus. Ich als SPÖ hätte auf Bundesebene auch keine Koalitionsverhandlungen mit einer ÖVP geführt, da kann man nichts gewinnen.
FPÖ entthront mit Rekordergebnis ÖVP
Die Landtagswahl in der Steiermark ist geschlagen. Die FPÖ landet eindeutig auf Platz eins und entthront damit die ÖVP, die ihr historisch schlechtestes Ergebnis hinnehmen muss. Die SPÖ rutscht auf Platz drei ab. Von den kleinen Parteien behaupten sich trotz einer Halbierung die Grünen vor NEOS und KPÖ.

Die Steiermark hat sich blau gefärbt. Die FPÖ gewinnt die Landtagswahl laut vorläufigem Ergebnis inklusive Wahlkartenprognose mit 34,8 Prozent der Stimmen, ein Plus von mehr als 17 Prozentpunkten, und erreicht damit das historisch beste Ergebnis in der Steiermark. Es ist erst das zweite Mal – nach Kärnten in der Haider-Ära –, dass die Freiheitlichen ein ganzes Bundesland erobern.

 
Ein bitteres Erwachen für ÖVP, SPÖ und die Grünen
Die Steiermarkwahl hinterlässt bei den Verlierern tiefe Spuren. In Graz, aber auch in Wien. Und führt wohl zu einem blauen Landeshauptmann.
Der blaue Dampfzug bleibt auf Schiene und fährt von Erfolg zu Erfolg. Das war schon bei den bisherigen Landtagswahlen so, das hatte sich auch bei der EU- und der Nationalratswahl fortgesetzt. Und wurde am Sonntag mit dem Ergebnis in der Steiermark noch einmal getoppt.

Dort erzielte Spitzenkandidat Mario Kunasek mit seinen Freiheitlichen 34,8 Prozent und ließ seine direkten Rivalen, ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler und SPÖ-Landesvize Anton Lang weit hinter sich. So weit, dass er kaum noch als der zweite blaue Landeshauptmann in der Geschichte Österreichs - vor ihm schaffte das nur Jörg Haider in Kärnten - zu verhindern ist.

Schaffte nur Jörg Haider und das finanzielle Debakel musste zum Teil Rest-Österreich unterstützen.
Man vergisst leider zu schnell, dass die FPÖ nur Ausländer raus kann und sonst absolut eine schlechte Performance abliefert.
 
FPÖ in 193 Gemeinden auf Platz eins: Die Hochburgen und Tieflagen der Parteien
In 193 der insgesamt 286 steirischen Gemeinden wurde die FPÖ am Wahlsonntag stimmenstärkste Partei. Sie gewann in sämtlichen Ortschaften dazu, die Volkspartei nur in einer

Ein Meer von Blau, mit einigen wenigen schwarzen und noch weniger roten Inseln. So sieht die steirische Gemeindekarte seit vergangenem Wahlsonntag aus. In 193 der in Summe 286 Orte wurden die Freiheitlichen stimmenstärkste Partei. Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren war ihnen das in nur einer einzigen Gemeinde gelungen. Entsprechend wenige Ortschaften blieben für ÖVP und SPÖ: Statt in zuletzt 233 Gemeinden schaffte die Volkspartei nur noch in 74 Gemeinden Platz eins. Die Sozialdemokraten wurden statt in 53 lediglich in 19 Gemeinden Sieger.

 
Steiermark-Wahl im TV: Kunasek rät der ÖVP, nicht wehleidig zu sein
Bauernopfer, blaue Welle, Schützenhöfers Ergüsse und "Unattraktivität" als Kunaseks Lösung für Zuwanderung

Die blaue Welle schwappt über die Steiermark: Diese Phrase hat man Sonntagabend nicht nur einmal gehört. Immer wieder sprachen Politiker und Kommentatoren von dieser blauen Welle, die die grüne Mark umfärbt.

Und auch ein weiteres Wort hört man immer wieder, ausgesprochen vom Wahlverlierer Christopher Drexler. Er sei ein "Bauernopfer" und habe die Wahl verloren, weil Alexander Van der Bellen FPÖ-Chef Herbert Kickl nicht den Regierungsbildungsauftrag gegeben hat. Wie so oft sind also andere schuld am eigenen Versagen. Zumindest ein bisserl Selbstkritik? Fehlanzeige. "Die Sonne wird uns wieder scheinen", versucht er später seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern Trost zu spenden.

Schützenhöfers Ergüsse
Im ORF-Studio in Graz darf auch Hermann Schützenhöfer die Wahl analysieren, er findet das "Ergebnis in dieser Dimension erschreckend". Sehr getragen in Gutsherrenart verteilt der Ex-Landeshauptmann seine fast schon philosophischen Ergüsse, spricht von einer Gewitterfront, die sich jetzt in der Steiermark entladen habe, von einer Zeit, die anders geworden sei, und davon, dass die Menschen "angebissen sind auf die politisch Agierenden".

 
Bewohner gegen Umbenennung von NS-belasteter Straße
Bald soll die erste Straße mit einem NS-belasteten Namen in der Stadt Salzburg offiziell umbenannt werden. Bei den Bewohnern dieser Straße löste das Vorhaben allerdings Protest aus: Sie wollen den aktuellen Straßennamen behalten.

Die Heinrich-Damisch-Straße im Salzburger Stadtteil Parsch erinnert an einen der Gründer der Salzburger Festspiele. Damisch war aber auch ein überzeugter Nationalsozialist und Antisemit. Deshalb soll die Straße künftig nicht mehr seinen Namen, sondern den der österreichischen Schauspielerin und Regisseurin, Helene Thimig tragen. Darauf einigte sich die Stadtpolitik. Thimig musste vor den Nationalsozialisten ins Ausland fliehen.

 
Die Politik der schweigsamen Anbiederung
Wahlverlierer Christopher Drexler hat überall anders die Schuld am Abschneiden gesehen

Die Landtagswahl in der Steiermark hat wieder einmal den sogenannten Bandwagon-Effekt bestätigt, das heißt die Wirkung, die ein wahrgenommener Erfolg auf die Bereitschaft ausübt, sich den voraussichtlich erfolgreichen Handlungsweisen anzuschließen. Es war der berühmte österreichisch-amerikanische Soziologe Paul F. Lazarsfeld (1901–1976), der in einer Feldstudie bewiesen hatte, dass die Wähler eher die Kandidaten wählen, von denen sie erwarten, dass sie siegreich werden. Dieses Wählerverhalten wird durch die Veröffentlichung der Wahlprognosen bestätigt. Dazu kam die Flut von vorauseilenden Kommentaren über die Siegeschancen der FPÖ, ohne den Finanzskandal bei den steirischen Freiheitlichen in Graz zu thematisieren (außer im STANDARD und im Falter).

Abgesehen von solchen allgemeinen Faktoren wie der Unzufriedenheit wegen der Inflation, der FPÖ-Kampagne gegen die Regierung und ihre Hetze gegen die Asylwerber haben besondere landespolitische Faktoren eine wichtige Rolle gespielt. Als langjähriger "Wahl-Altausseer" kann ich die Unpopularität, der von der FPÖ bekämpften geplanten Spitalsfusion bestätigen. Obwohl Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) in seiner aus den Fugen geratenen, ausschließlich aus Schuldzuweisungen bestehenden Rede die Bedeutung dieser Frage glatt verneinte, gab es gerade deshalb in den betroffenen Städten blaue Erdrutschsiege: In Schladming legte die FPÖ von 28 auf 51 Prozent zu, in Rottenmann von 27 auf 63 Prozent und in Bad Aussee von elf auf 34,5 Prozent.

 
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