Frankreichs Staatsfinanzen: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand"
Großes Defizit, hohe Staatsschulden: Emmanuel Macrons Ruf als vernünftiger Buchhalter leidet. Und sein Finanzminister schreibt Bücher. Dabei müsste Frankreich endlich die Augen öffnen, warnt der Präsident des Rechnungshofs.
Die Franzosen erfahren gerade, dass ihr Staat weit über seine Verhältnisse lebt. Das ist an sich nichts Neues: Die bisher letzte französische Regierung, die einen ausgeglichenen Haushalt hingelegt hat, ist ein halbes Jahrhundert her - 1974. Doch diesmal, für das Jahr 2023, ist der Fehlbetrag noch viel höher ausgefallen, als es die Regierung ohnehin schon einkalkuliert hatte. Eine "Entgleisung", so nennen es alle Medien, "un dérapage". Nur das vorgeschobene Adjektiv variiert: "groß", "spektakulär", "katastrophal". Da bleibt wenig Interpretationsspielraum.
Laut dem Nationalen Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien, kurz Insee, hat Frankreich im vergangenen Jahr 154 Milliarden Euro mehr ausgegeben, als es eingenommen hat. Das Defizit beträgt damit 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Budgetiert gewesen waren mal 4,9 Prozent. Präsident Emmanuel Macron und sein Wirtschaftsminister Bruno Le Maire beteuern nun bei jeder Gelegenheit, man wolle den Fehlbetrag bis 2027 unter die ominöse Maastrichter Drei-Prozent-Schwelle drücken, um die Märkte und die internationalen Ratingagenturen zu beruhigen. Doch dazu muss das Land dringend neue Mittel finden: zehn Milliarden Euro schon für 2024, für eine kleine Kurskorrektur. Die Frage ist: wo? Und: wie?
Frankreich wird bald 80 Milliarden Euro an seine Kreditgeber entrichten müssen
Macrons Ruf als vernünftiger Buchhalter leidet, der Finanzminister schreibt Bücher. Der Präsident des Rechnungshofs fordert zum Handeln auf.
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