Mehr Informationen zu den russischen Raumfahrzeugen (für die, die sich wirklich auklären wollen!!!)):
Rus - das neue Konzept
In den letzten Tagen wurden lange erwartete Aussagen zu den zukünftigen Entwicklungen sowohl eines neuen Trägers als auch eines neuen Schiffes für die bemannte russische Raumfahrt getroffen. Auch wenn es noch nicht offiziell ist, hier ein kleiner Überblick zum Projekt Rus.
In der Wikipedia wird mit dem Wort Rus sowohl ein Gebiet als auch ein Volk bezeichnet, aus dem die heutigen Russen hervorgegangen sind. Das in Russland neu zu entwickelnde Gespann aus Trägerrakete und Raumschiff trägt - zumindest vorläufig - diese traditionsbewusste Bezeichnung. Damit wird ein modernes System für die nächsten Jahrzehnte entwickelt, das komplett russische Ressourcen verwendet. Hinzu kommt der bereits seit 1995 in Entwicklung befindliche modulare Träger Angara.
Nachdem dieser in seinen Anfangsjahren wegen spärlicher Finanzausstattung nur langsam von der Idee zur Realität wurde, geben Chrunitschew und Auftragnehmer (darunter Energomasch und Poljot) jetzt ordentlich Gas. Startrampen werden in Plessezk, Baikonur und zukünftig in Wostotschni gebaut, die erste wird wohl im nächsten Jahr fertig sein. Die universellen Raketenmodule URM 1 und URM 2 befinden sich bereits in der Testphase.
Ein cleveres Konzept sieht eine ganze Raketenfamilie vor, das aus nur zwei Standardeinheiten in verschiedenen Konfigurationen Raketen für unterschiedlich schwere Nutzlasten und nahezu beliebige Bahnen modular zusammenstellt. Die Nutzlasten reichen dabei von 1,5 t bis etwa 24,5 t (evtl. sogar 40 t) für niedrige Erdorbits. Das URM 1 ist mit einem Triebwerk des Typs RD 191 ausgerüstet und wird für die erste Stufe sowie für 2 bis 5 (evtl. 7) Booster, die um diese längere Hauptstufe herum gruppiert werden können, verwendet. Das URM 2 hingegen ist mit vier RD-0124A-Triebwerken als universelle Oberstufe konzipiert. Beide Module verwenden Kerosin und flüssigen Sauerstoff als Treibstoffkomponenten in den zugehörigen Tanks. Durch die Universalität kann die Massenfertigung für vergleichsweise niedrige Kosten sorgen. Auch die Startplattformen sind universell, von der kleinsten bis zur größten Variante wird derselbe Komplex eingesetzt.
In der Diskussion waren auch wiederverwendbare Triebwerke bzw. Booster oder die Verwendung von Dreikomponenten-Treibstoff (Kerosin, Wasserstoff, Sauerstoff). Technische Entwicklungen in dieser Richtung wurde ebenfalls geleistet. Zu Beginn aber wird man wohl auf bewährte Technik zurückgreifen. Bisher zumindest hat sich Wiederverwendbarkeit stets als starker Kostentreiber bemerkbar gemacht.
Beim neuen Raumschiff mit der Projektbezeichnung "Rus" will Energia nun aber möglicherweise das Gegenteil beweisen. "Es könnte eine Kapsel sein ...". Mit dieser Aussage wollte Anatoli Perminow, seines Zeichens Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, wohl andeuten, dass man für das gleiche Geld auch ein anderes Konzept annnehmen würde, wenn es im vorgegebenen Zeit- und Sicherheitsrahmen bleibt und für Mondflüge geeignet ist. Prompt sieht man im russischen Fernsehen ein Auftriebskörperkonzept, das stark an den bereits seit 2000 entwickelten Klipper erinnert. Besatzungskabine und Hitzeschutz könnten modular eingesetzt werden. Wenn beides wiederverwendbar ausgelegt ist, könnte ein zu stark abgenutzter Hitzeschutz bei derselben Kabine durch einen anderen ersetzt werden. Man könnte aber auch ablative Materialien verwenden und damit bei jedem Flug einen neuen Hitzeschild anbringen, je nachdem, was sich als günstiger für Sicherheit und Kosten herausstellt.
Das Raumschiff für 4 bis 6 Personen und maximal eine halbe Tonne Fracht startet auf jeden Fall an der Spitze einer Rakete und besitzt nur ein Antriebssystem für Bahnmanöver und den Bremsimpuls für die Rückkehr zur Erde. Komplexe und schwere Antriebskomponenten wie beim Space Shuttle entfallen damit. Außerdem könnte ein neues Rettungssystem
unter dem Raumfahrzeug zum Einsatz kommen, das aber im Normalfall zur Zirkularisierung des Orbits verwendet wird und damit nicht mehr nutzlos verlorengeht. Die Landung soll
nicht per Fallschirm erfolgen. Stattdessen sollen Landetriebwerke in der Endphase das weiche Aufsetzen garantieren. Außergewöhnliche aerodynamische Steuermöglichkeiten
könnten für eine verlängerte Flugbahn sorgen, in deren Verlauf präziser gesteuert werden kann. Außerdem würden die Belastungen gegenüber dem heutigen Konzept deutlich reduziert. Auf jeden Fall soll das Raumschiff relativ punktgenaue Landungen ohne große Vorbereitungen erlauben.
Wie die dazu erforderliche Steuerfähigkeit gewährleistet werden soll, bleibt zunächst ein Geheimnis. Offiziell will Energia im Augenblick noch keine detaillierten Informationen bekanntgeben. Zunächst finanziert Roskosmos mit 800 Millionen Rubeln (17 Millionen Euro) eine Machbarkeitsstudie, die bis Mitte/Ende 2010 abgeschlossen sein soll. Entwicklung und Bau des Raumschiffes sowie Boden- und Abwurftests sollen bis 2015 abgeschlossen sein. Den ersten bemannten Start nimmt man derzeit für 2018 ins Visier.
Der dazu passende Träger für bemannte Missionen soll von Progress, dem Hersteller der Sojus-Trägerrakete, unter Beteiligung von Energia und Makajew entwickelt werden. Er verwendet bewährte, bereits existierende Komponenten. In der ersten Stufe und den Boostern (2. Stufe) sollen RD 180 aus Kerosin und Sauerstoff den nötigen Schub produzieren. Die Oberstufe wird kryogen, verwendet also flüssigen Wasserstoff und flüssigen Sauerstoff als Antriebsmedien. Hier soll die für die Energia-Trägerrakete in den Achtziger Jahren entwickelte Technologie verbessert werden und zum Serieneinsatz kommen. Die RD-0146-Triebwerke stehen ebenfalls schon zur Verfügung. Aufgrund dieser Tatsachen erscheint ein Ersteinsatz um 2015 durchaus realistisch.
Rus - das neue Konzept
Flügelloser «Sojus»-Nachfolger
11.04.09 | 16:33 Uhr
Roskosmos-Chef Perminow verrät weitere Details des neuen bemannten Raumschiffs
Berlin/Moskau (ddp). Langsam rundet sich das Bild des mit großer Spannung erwarteten neuen russischen bemannten Raumschiffs ab. Der «Sojus»-Nachfolger vereine die besten Eigenschaften der bisher in der Raketen- und Weltraumkorporation (RKK) «Energija» entwickelten Raumschiffe «konischen Typs», sagte der Chef der Moskauer Raumfahrtagentur Roskosmos, Anatoli Perminow, in einem am Samstag veröffentlichten Interview. Er werde aber keine Tragflächen haben - «das ist klar», fügte er hinzu. Vom inzwischen eingestellten geflügelten «Clipper»-Projekt übernehme man jedoch einige Elemente, etwa die Steuerung.
Wichtig sei, dass es eine «Flugmöglichkeit zur Internationalen Raumstation» und dann später «nach der ISS» zu einem geplanten eigenen «Komplex» im Orbit gebe, betonte Perminow. Das Raumschiff werde auch zum Mond fliegen und mehrfach verwendbar sein. Mehr wolle er aber nicht verraten, um «Energija»-Generaldirektor und -Chefkonstrukteur Anatoli Lopota «nicht zu verärgern».
Dieser hatte sich am Donnerstag auf einer Pressekonferenz nach der Landung der ISS-Langzeitbesatzung mit Juri Lontschakow (Russland) und Michael Fincke sowie dem Weltraumtouristen Charles Simonyi (beide USA) wesentlich zurückhaltender geäußert. Sein Unternehmen müsse ein Raumschiff entwickeln, das auf dem Weltmarkt «konkurrenzfähig» sei, sagte er. «Deshalb werden wir darüber nichts Näheres mitteilen.»
Lopota ließ aber durchblicken, das Raumschiff werde unter dem Arbeitsnamen «Rus» firmieren und der im Bau befindlichen US-amerikanischen «Orion»-Kapsel «erstaunlich ähnlich» sehen. Es werde sich aber von ihr «unterscheiden» und bei der Landetechnik «die Beschaffenheit des russischen Territoriums» berücksichtigen. Zum Einsatz kämen «die besten nationalen Technologien der verschiedenen Raumfahrt-Firmen» und «alle perspektivischen Entwicklungen der russischen Industrie». Die sparsame Informationspolitik der Russen hat den US-Weltraumexperten James Oberg bereits zu der Bemerkung veranlasst, beide Länder befänden sich offenbar in einem neuen «kosmischen Wettlauf».
Bestätigt ist dagegen, dass für das sogenannte Skizzenprojekt des neuen Raumschiffs, das im Juni kommenden Jahres vorliegen soll, umgerechnet 18 Millionen
Euro zur Verfügung stehen. Dieser Betrag liege aber um etwa 30 Prozent unter dem wirklichen Finanzbedarf, kritisierte der stellvertretende «Energija»-Chefkonstrukteur Waleri Rjumin in einer Zeitung.
Einige andere Details sind aber auch schon durchgesickert. So gilt es als sicher, dass die neue Kapsel sechs statt bisher drei Astronauten zur ISS transportieren und zudem auf dem Rückweg noch 500 Kilogramm Nutzlast mitnehmen kann. Die Mond-Variante, die erst für später geplant ist, sieht offenbar vier Besatzungsmitglieder und 100 Kilogramm Rücklast vor.
Welche Landetechnik, von der Lopota so kryptisch sprach, den Vorzug erhält, ist dagegen noch die große Frage. Der «Energija»-Chef hält nicht viel von Fallschirmen, wie sie bisher verwendet werden. Ihm schwebt ein Raumschiff vor, das «jederzeit, überall und unter allen Bedingungen» sicher zur Erde zurückgeholt werden kann. Das allerdings setze, wie er im Vorfeld der Ausschreibung erläuterte, eine gewisse Steuerbarkeit etwa durch «einklappbare Tragflächen» voraus. Damit könnte man im Havariefall die Besatzung retten, die künftig in der Aufstiegsphase vom neuen fernöstlichen Kosmodrom «Wostotschny» rund 12 000 Kilometer über fremdes Territorium fliege. Diese Option scheint nun durch Perminows Aussagen auszuscheiden.
Doch am liebsten wäre ihm eine ballistische Landung mit Retroraketen, wie sie die Amerikaner auf dem Mond angewendet haben, betonte Lopota. Man darf also gespannt sein, wie Russlands bemanntes Transportsystem der Zukunft letztendlich aussehen wird, zu dem auch eine neue Trägerrakete aus dem «Progress»-Konstruktionsbüro in Samara an der Wolga gehört.
Der erste Spatenstich für den neuen Weltraumbahnhof im Amur-Gebiet erfolgt 2010. Mit ihm will sich Moskau von Kasachstan unabhängig machen, auf dessen Territorium das Kosmodrom Baikonur seit dem Zerfall der UdSSR liegt und wo seit 1967 die «Sojus»-Raumschiffe aufsteigen. Schon 2015 und damit etwa zeitgleich mit «Orion» soll von hier der Nachfolger unbemannt getestet werden. Drei Jahre später beginnt dann nach den bisherigen Vorstellungen der bemannte Flugbetrieb.
http://www.ad-hoc-news.de/fluegelloser-sojus-nachfolger--/de/Politik/20178666
Geheimprojekt: Neue Details zu Russlands neuem Raumschiff
17:58 12/04/2009
MOSKAU, 12. April (RIA Novosti). Das unter strenger Geheimhaltung
geplante Raumschiff des russischen Raketenbauer Energija wird bis zu zehn Mal und ohne Fallschirm senkrecht landen können. Wie RIA Novosti aus Kreisen des Projekts erfuhr, wird das Raumschiff sechs Besatzungsmitglieder aufnehmen können und sowohl zur ISS als auch zur künftigen neuen Weltraumstation fliegen können.
"Das derzeit in Entwicklung stehende Erzeugnis unterscheidet sich grundsätzlich vom früheren Clipper-Projekt - das neue Raumschiff wird keine Flügel besitzen, es wird vom Typ her eine Kapsel sein und die Möglichkeit der aerodynamischen Steuerung haben. Einen Namen hat es noch nicht, nur eine Bezeichnung in den Arbeitspapieren als "Bemanntes Transportraumschiff der neuen Generation", heißt es.
Laut Auftrag des Raumfahrtbehörde Roskosmos solle das Raumschiff neben der Besatzung bis zu 500 Kilogramm Last an Bord tragen können. Es soll auch eine wiederverwendbare Kapsel haben. "Wir planen, dass sie bis zu zehn Mal eingesetzt werden wird", teilte ein Experte mit.
Bei der Rückkehr zur Erde wird das neue Raumschiff ohne Fallschirm auskommen, wie es bei dem Sojus-Raumschiff der Fall ist, was mit Hilfe von speziellen Landungstriebwerken geschehen soll.
Wie in Sience-Fiction-Filmen werde es senkrecht mit Hilfe von Triebwerken landen, wobei ein umweltfreundlicher Treibstoff genutzt wird.
Zwar seien die Flüge zum Mars und Mond nicht geplant, dafür aber zur ISS und der neuen Raumstation, auf der neben der Forschungsaufgaben auch die Montage von Raumschiffen für die Flüge zum Mond und anderen Planeten vorgesehen sind.
Die Fristen für das Raumschiff-Projekt sind äußerst knapp - vom März 2009 bis zum Juni 2010. Der Staat bewilligt 800 Millionen Rubel, Raketenbauer Energija will auch eigene Mittel in die Entwicklung stecken. Der erste Start ist 2015 geplant. Von 2018 an werden die Raumschiffe bemannt fliegen.
Geheimprojekt: Neue Details zu Russlands neuem Raumschiff | Wissenschaft | RIA Novosti