VTB-Chef: Russland sollte Handel in Rubel abwickeln
Der Vorstandsvorsitzende der russischen VTB Bank, Andrej Kostin, hat vorgeschlagen, Geschäfte mit ausländischen Handelspartnern in Rubel abzurechnen, schreibt die Zeitung "Nesawissimaja Gaseta" am Donnerstag.
Wie der VTB-Chef gestern bei einem Treffen des russischen Bankenverbandes sagte, bezieht sich sein Vorschlag nicht nur auf die Mitgliedsländer der Zollunion und die GUS-Länder, sondern auch auf Westeuropa und China. Nach seiner Auffassung könnte dies „unsere Abhängigkeit von den Launen der US-und EU-Behörden verringern“, die Russland mit Sanktionen drohen.
Die Befürchtungen des VTB-Chefs sind nicht unbegründet: Die US-Bank JPMorgan Chase hatte jüngst eine Dollar-Überweisung der russischen Botschaft in Astana (Kasachstan) an eine Versicherungsgesellschaft mit dem Verweis auf „antirussische Sanktionen“ blockiert.
Zur Rubel-Abrechnung sollten in erster Linie die russischen Exporteure übergehen. Kostin führte an, dass die Hälfte des Exports und weniger als die Hälfte des Imports auf die Eurozone entfallen. Auf die Dollarzone (unter anderem unmittelbar auf die USA) entfallen aber nur zwei Prozent des Imports und fünf Prozent des Exports. „Die Exportlieferungen von Gazprom, Rosneft und Rosoboronexport (staatliches Waffenexportunternehmen) betragen fast 230 Milliarden Dollar jährlich und damit 44 Prozent des gesamten Warenexports“, so Kostin.
Es stellt sich jedoch die Frage, warum auf die Idee zum Übergang zu Rubel-Abrechnungen nicht die Exporteure, sondern der Banker Kostin gekommen ist. Laut den Experten würden von den Rubel-Geschäften mit dem Ausland vor allem die Banken und nicht die Exporteure profitieren.
„Ausländische Käufer müssten Rubel für künftige Geschäfte kaufen“, sagte die Analystin von Lionstone Investment Services Ltd., Jana Trubnikwa. „Die europäischen Käufer müssen Rubel haben, wenn sie etwas kaufen wollen“, stimmte der Experte der Firma Nalogowik, Sergej Litwinenko, zu. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die russischen Behörden den Rubel jedoch als stabiles Zahlungsmittel etablieren, „damit jeder Käufer, der Rubel akzeptiert, von der Zahlungsfähigkeit und dem Wert dieses Geldes überzeugt ist.“
Theoretisch könnte der gesamte russische Finanzsektor vom Übergang zur Rubel-Abrechnung profitieren. Negative Folgen sind jedoch nicht ausgeschlossen. „Für die Käufer der russischen Exportwaren wäre der Übergang zum Rubel sehr unbequem. Einige Deals könnten sogar daran scheitern, was die russischen Exporteure treffen würde“, warnt Expertin Trubnikowa. „Man sollte begreifen, dass der Rubel keine internationale Währung und sehr volatil ist. (…) Deshalb können die Exporteure ihren Geldstrom nicht richtig prognostizieren.“
Russische Exporteure könnten einen Teil ihres Devisenprofits verlieren, stimmte Wladislaw Metnew (Concern General Invest) zu. „Das bedeutet, dass sie keine Kredite bei westlichen Banken nehmen und ihre Schuldverschreibungen nicht auf westlichen Märkten unterbringen können.“ Zugleich verwies er darauf, dass viele russische Unternehmen Tochterfirmen haben, die in Europa registriert sind „Es ist unklar, was mit ihnen passiert“, so der Experte. „Die westlichen Partner der russischen Unternehmen müssten ihrerseits entweder Rubelreserven kumulieren, was eher unwahrscheinlich ist, oder Rubel für Euro und Dollar auf dem Spotmarkt bei Geschäftsbanken oder bei der russischen Notenbank kaufen. Da die Geschäftsbanken jedoch die meisten Devisenkonten der Staatsunternehmen verlieren würden, würde die russische Zentralbank der einzige starke Akteur auf dem Devisenmarkt bleiben.“ Im Grunde bedeute dies die völlige Verstaatlichung des russischen Exports und auch des Imports, „weil man für die Bezahlung des Imports wiederum ausländische Währungen bei der Zentralbank kaufen müsste“, so Metnew.
Das würde Russlands Finanzmarkt dem von Venezuela gleichsetzen, schlussfolgerte der Experte. Rubel-Abrechnungen wären erst dann nicht mehr utopisch, wenn der Rubel eine internationale Reservewährung geworden sei.
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