Der stillste Aufschrei: Reverend William Barber und das Gebet, das zu viel war
Wir leben in Zeiten, in denen ein stilles Gebet in den Hallen der Macht als Gefahr begriffen wird. Zeiten, in denen selbst die Worte des Glaubens, getragen von einem müden, aufrechten Mann, von Uniformierten umstellt werden, als wären sie ein Aufstand, nicht ein Flehen.
Am Nachmittag des 28. April 2025, während das Licht schwer auf den Säulen der U.S. Capitol Rotunda lag, kniete Reverend William Barber nieder. Zusammen mit dem Reverend Jonathan Wilson-Hartgrove und Steve Swayne, dem Direktor des St. Francis Springs Prayer Center, begann er zu beten. Minuten später stand ein Ring aus Dutzenden von Polizisten um sie, Plastikfesseln bereit.
Sie beteten im Wechsel, ihre Stimmen erhoben sich wie ein schwacher Wind gegen eine Mauer aus Misstrauen:
„Gegen die Verschwörung der Grausamkeit flehen wir um die Macht deiner Barmherzigkeit.“
Und als die Polizei näher rückte, sprach Barber:
„Wenn wir uns nicht auf die Gerichte und die gesetzgeberische Macht der Menschen verlassen können, dann können wir uns immer noch auf die Macht deiner Liebe, deiner Barmherzigkeit und deiner Wahrheit verlassen.“
Es dauerte nur fünfzehn Minuten, bis sie verhaftet wurden. Drei Männer, drei Gebete – und eine Macht, die so fragil geworden war, dass sie das Flüstern der Gerechtigkeit nicht ertragen konnte.
Normalerweise ist es keine Seltenheit, dass Demonstranten im Kapitol festgenommen werden. Doch diesmal war die Reaktion ungewöhnlich dramatisch: Nach mündlichen Aufforderungen räumte die Polizei die gesamte Rotunde, schloss die Türen, vertrieb selbst akkreditierte Pressevertreter und versperrte jeden Blick auf das Geschehen. Reporter und Besucher wurden gezwungen, das Stockwerk zu verlassen.
Barber, der an einer chronischen Erkrankung leidet, die seine Gehfähigkeit beeinträchtigt, beschrieb seine Begegnung mit der Polizei später als „höflich“, wenngleich die Belastung körperlich schmerzhaft gewesen sei. Er war nur kurz inhaftiert – doch die Bedeutung seiner Verhaftung hallte weit über die Mauern des Kapitols hinaus.